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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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ungestüm dahingaloppierte.
    Aber was zählte sein Leben in diesem Augenblick? Die Kleine hatte den Braten gerochen, nur daran konnte er denken, und daran, dass es seiner Ungeschicklichkeit zu verdanken war, wenn sie begann, sich Gedanken zu machen und Fragen zu stellen. Wie hatte er nur so dumm sein und sich nach ihrer Mutter erkundigen können? Es war zum Verzweifeln.
    Henrika Gutmeister nannte sie sich. Ein hübscher, unauffälliger Name. Er fand, dass er zu ihr passte. Ein trockenes Lachen quoll aus seiner Kehle. Es schwoll an und tönte durch die Nacht wie das Geheul eines hungrigen Wolfs, der auf Beute aus war.
    Nun galt es, schleunigst etwas zu unternehmen. Versäumte er es, seine Pflicht zu tun, würde seine Seele für alle Ewigkeit im Höllenfeuer braten. Daran gemahnte ihn jedes Schlagloch, über das sein Pferd stolperte.
    Das Bauernhaus, in dem er einige Tage zuvor Quartier bezogen hatte, lag außerhalb des Dorfes, etwa eine halbe Meile vom Rhein entfernt. In der Wohnstube brannte noch Licht. Der Sergeant der kurfürstlichen Schlosswache, den man ihm als Begleitung zur Verfügung gestellt hatte, hockte auf einem Schemel und wichste mit gerümpfter Nase seine Stiefel. Als er den Festungsbaumeister abgekämpft und erhitzt durch die Tür treten sah, sprang er auf und neigte ergeben den Kopf.
    «Ist Euch nicht wohl, Herr?» Die Miene des jungen Mannes verriet Besorgnis.
    «Schon gut. Ich brauche …»
    «Ich werde sogleich eine Kanne Bier holen und Euer Lager vorbereiten», versprach der Sergeant dienstbeflissen. «Dem Bauernvolk habe ich befohlen, diese Nacht in der Scheune zu schlafen. Niemand wird Euch hier stören.»
    Barthel Janson atmete tief durch. Das Bauernvolk, dachte er grimmig. Will mir der Kerl etwa weismachen, dass seine eigene Wiege nicht ebenfalls unweit der Jauchegrube stand? Aber er sagte nichts. Eigentlich war er froh darüber, das Haus für sich allein zu haben, auch wenn dessen Bewohner die spontane Einquartierung verfluchen mochten. Vermutlich wünschten sie ihm die Pest an den Hals, doch damit musste jeder leben, der in kurfürstlichen Diensten stand.
    Er löste den Riemen seines Brustharnischs und ließ diesen achtlos zu Boden fallen. Dann nahm er die Tabakspfeife ab und legte sie mitsamt der Lederschnur auf den Tisch. Er putzte sie, bis der Sergeant mit Brot und Bier zurückkehrte.
    «Ihr müsst etwas essen», meinte der Bursche zaghaft, aber Barthel schüttelte nur den Kopf. Er wollte jetzt nichts zu sich nehmen, schon gar kein Bier, denn er brauchte einen kühlen Kopf. An Schlaf war ebenfalls nicht zu denken.
    Er hatte das Mädchen davongejagt wie eine Dirne. Es tat ihm leid, denn sie hatte das nicht verdient. Aber ihm war keine andere Wahl geblieben. Sie fragte zu viel, und ihre Fragen waren klug. Vielleicht veranlasste sie sein barsches Benehmen, ihm vorerst aus dem Weg zu gehen. Er brauchte Zeit zum Nachdenken. Depeschen mussten geschrieben, Vorkehrungen getroffen werden. Aber so einfach wie früher ließen sich die Dinge heutzutage nicht mehr regeln. Der Kurfürst verlangte Rechenschaft über jede seiner Unternehmungen. Andererseits galt es, bald zu handeln, sonst kam ihm womöglich noch ein Schwachkopf aus dem Dorf zuvor, der Henrika nachstellte.
    Barthel befahl dem Sergeanten, den Bierkrug wegzustellen und ihm stattdessen Schreibfeder und Papier aus seinem Kasten zu bringen. Dann setzte er sich an den Tisch und überlegte, womit er seinen Bericht an den Kurfürsten beginnen konnte.
    Es dämmerte bereits, als er den Brief beendet hatte. Er versiegelte ihn mit seinem Ring und weckte dann den jungen Sergeanten, der in einer Ecke neben der Feuerstelle eingeschlafen war. Auf dem Hof krähte ein Hahn. Die Morgenröte färbte den Himmel über den Wäldern, als hätten Engel ihn bemalt.
    «Du wirst diese Depesche nach Heidelberg bringen», befahl Barthel mit gedämpfter Stimme. «Am besten brichst du gleich nach dem Frühstück auf. Aber pass auf, dass du den Brief nicht verlierst. Es könnte dich den Kopf kosten.»

3. Kapitel
    «Was könnte Kurfürst Friedrich dazu bewogen haben, einen Festungsbaumeister in unser Dorf zu schicken?», fragte Henrika, als sie am nächsten Morgen Valentin Hahn in der Hutmacherei half.
    Sie sah bleich aus, weil sie kaum geschlafen hatte. Ihre Arme und der Rücken taten weh, dennoch zwang sie sich, munter zu klingen, um den Hahns keinen Anlass zum Argwohn zu geben.
    Hahn hob überrascht den Kopf und bedachte seine Frau, die in einem Winkel der Werkstatt

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