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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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ihres Meisters stattdessen mitgespielt worden. Nun befand sie sich auf dem Weg in die spanischen Niederlande, ein Gebiet, von dem sie nur undeutliche Vorstellungen hatte. Ein Land, das David als wunderschön und reich beschrieben hatte, obwohl dort nach wie vor Krieg herrschte und die Inquisition Scheiterhaufen lodern ließ. Noch mehr als die spanische Besatzungsmacht fürchtete sie sich jedoch vor dem, was sie gegebenenfalls von dem Flamen zu hören bekommen würde. Falls es ihr überhaupt gelang, ihn aufzustöbern. Noch hatte sie keine Ahnung, wie sie es anstellen sollte, ihn oder Laurenz zu finden. Davon abgesehen galt es, vor Anna auf der Hut zu sein. Möglicherweise hatte Barthels Nichte ihre Spione überall, selbst in Flandern, und wusste über jeden ihrer Schritte Bescheid.
    «Du hättest mich nicht begleiten müssen», sagte sie, als David ihr zum wiederholten Mal ein Stück Käse aus seinem Proviantbeutel anbot. «Ohne dich schafft Meister Carolus die Arbeit in der Werkstatt nicht.»
    «Kannst du die Gazette nicht einmal für fünf Minuten vergessen?», brauste David auf. «Meister Carolus ist geschickter, als du glaubst. Er wird schon zurechtkommen.» Er schwieg eine Weile und begnügte sich damit, aufs Wasser zu starren. Seine schulterlangen gewellten Haare wurden vom Wind zerzaust. Dann stand er unvermittelt auf. «Außerdem muss ich wissen, warum Laurenz so versessen darauf war, den verschollenen Antwerpener Kurier zu ersetzen. Carolus blieb nichts anderes übrig, als ihn gehen zu lassen, so energisch hat er darauf bestanden. Und dann verschwand er. Einfach so, ohne sich von mir zu verabschieden. Er hat nicht einmal nach dir gefragt, obwohl er doch schon überall herumerzählte, dass er dich bald heiraten will.»
    Henrika nickte. Davids Worte beunruhigten sie, bestätigten aber auch den Verdacht, der sich seit langem in ihr regte. Laurenz musste eine andere Möglichkeit aufgetan haben, um an Geld zu kommen. Carolus’ Werkstatt interessierte ihn nicht mehr.
    «Du glaubst auch, dass Laurenz etwas Furchtbares getan hat, nicht wahr?» David stieß scharf die Luft aus. «In Frankfurt ahnte ich es bereits, wollte es aber nicht glauben. Wie die Dinge nun liegen, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Wahrheit endlich zu akzeptieren.» Er wartete einen Moment lang, bevor er hinzufügte: «Weißt du noch, wie wir Barbara in der Schifferkapelle auffanden?»
    «Nein, das habe ich vergessen.» Henrika schnitt eine Grimasse. «Natürlich erinnere ich mich, aber ich verstehe nicht …»
    «Es war die Art, wie das Mädchen auf dem Rücken lag, die mich stutzig machte», unterbrach er sie. «Beide Beine leicht angewinkelt und die Hände über dem Gesicht gefaltet. Unsere Eltern, die von Straßenräubern erschlagen wurden, fand man damals in derselben Haltung.»
    Henrika fühlte, wie ihr schwindlig wurde. «Also hat Laurenz Barbara das angetan?», keuchte sie. «Der Knecht war unschuldig?»
    David zuckte die Achseln. «Das habe ich nicht gesagt. Ich bin mir nur ziemlich sicher, dass Laurenz sie wieder aus dem Wasser geholt und in die Kapelle gebracht hat. Vermutlich glaubte er, sie sei schon tot.»
    «Barbara ist ein aufgewecktes Kind, das seine Augen und Ohren überall hat. Vielleicht hat sie während ihres Streifzugs durch Frankfurt etwas aufgeschnappt, was sie nicht hören durfte. Aber wenn Laurenz sie aus dem Weg schaffen wollte, hätte er es dann nicht noch einmal versucht, nachdem klar war, dass sie überleben würde?»
    David zuckte die Achseln. «Das Mädchen wird zurzeit schärfer bewacht als die Insignien des Kaisers. Außerdem hat sie das Gedächtnis verloren. Nein, Barbara kann dem Vorhaben dieser Anna zurzeit nicht gefährlich werden. Dafür musste ein anderer sterben.»
    «Der Bote aus Antwerpen ist tot, nicht wahr?»
    «Wer sonst sollte draußen vor der Stadt verbrannt und verscharrt worden sein? Der Antwerpener wird Straßburg niemals erreichen.» David schlug mit der Faust gegen die Bootswand. Rasch wandte er sich ab, damit Henrika nicht sah, dass er mit den Tränen kämpfte.
    «Wir müssen herausfinden, was Laurenz und diese Anna in Flandern vorhaben», sagte er schließlich in entschlossenem Ton. «Jemand muss meinen Bruder aufhalten, bevor er seine Seele dem Teufel opfert.»
    Vermutlich hat er das bereits getan, dachte Henrika bei sich. Sie war traurig, denn sie war überzeugt, dass sich Laurenz in Frankfurt mit Anna eingelassen hatte. Und, dass die beiden bereit waren, über Leichen zu gehen.

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