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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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wenig von den religiösen und politischen Wirren, die das Reich seit einem halben Jahrhundert in Aufruhr versetzten. Die Fronten zwischen den katholischen Anhängern des Kaisers und den protestantischen Untertanen des Landesfürsten schienen ansatzweise geklärt. Man hatte sich daran gewöhnt, dem anderen mit Misstrauen zu begegnen. Dennoch spürte sie, dass schon ein Funke genügen würde, um das Pulver des Zorns zu entzünden. War es daher wirklich weise, auf Reichsboden, unter den Augen des Kaisers, eine Festung zu errichten? Henrika hätte gerne gewusst, was der Baumeister wohl dazu sagen würde, doch sie wagte nicht, ihn in Agathas Gegenwart noch einmal zu erwähnen. Stattdessen sah sie zu, wie ihre Pflegemutter einen der Hüte aufhob und ihn in die Kiste neben der Werkstatttür legte. Er war besonders gelungen.
    «Beeil dich mit den Kappen, anstatt deinem Vater mit deinen Fragen zuzusetzen», verlangte Agatha. «Was geht es dich an, ob hier ein Baumeister des Kurfürsten seine Zeit vergeudet. Bei uns im Dorf wird er auf harte Rinde beißen. Keiner unserer Nachbarn wird auch nur auf einen Acker verzichten, damit die hohen Herren eine neue Festung anlegen können.»
    Henrika widersprach nicht, auch wenn sie Agathas Meinung nicht teilte. Die Hutmacherin fürchtete sich einfach nur vor Veränderungen, aber weder sie noch die Gemeindeältesten würden die Pläne des Fürsten aufhalten. Sie machte sich wieder an die Arbeit und half Hahn, dessen Hände während der Wintermonate immer zittriger geworden waren, beim Aufspannen gezupften Biberhaars auf zwei große Bögen. Diese wurden einmal am Tag zum Schwingen gebracht, um eine flaumige Schicht zu erzeugen, die dann alsbald in eine Form gebracht und durch Filzen und Zufuhr von Wärme und Feuchtigkeit weiter verarbeitet werden konnte.
    Als die Kirchturmuhr die Mittagsstunde einläutete, erschien Roland. Er gehörte zu den Knechten, die im Nebenraum der Werkstatt mit dem Walken und Rollen der Filzmasse beschäftigt waren. Als er verkündete, dass der Karren auf dem Hof zum Aufladen bereitstehe, half ihm Henrika, die Kiste mit Hüten und Filzkappen hinauszutragen.
    «Ich wünschte wirklich, du würdest mir erlauben, dich heute zu begleiten», sagte sie zu Hahn, nachdem sich das Gesinde vor der Werkstatt eingefunden hatte, um sich vom Hausherrn zu verabschieden.
    Hahn zögerte. Einen Moment lang sah es so aus, als wollte er Henrika über das Haar streicheln, doch dann bemerkte er Agatha in der Werkstatttür und zog rasch die Hand zurück. Mit ernster Miene schüttelte er den Kopf. «Ich brauche keine Hilfe, mein Kind. Außerdem ist das Getöse in der Stadt nichts für ein Mädchen wie dich. Ich verstehe nicht, warum du das Dorf verlassen willst.»
    Henrika senkte den Kopf. Nun, ein, zwei Gründe fielen ihr bestimmt ein. Aber sie hatte beschlossen, den heimtückischen Angriff des Flickschusters ebenso für sich zu behalten wie ihr Gespräch mit Barthel Janson und den Verdacht, er könnte ihre Mutter gekannt haben. Beim Waschen und Brotbacken hatte sie dafür gesorgt, dass Agatha die blauen Flecke auf ihren Armen und Schultern nicht bemerkte. Wem half es schon, wenn ihre Pflegeeltern sich unnötig aufregten oder den Flickschuster anklagten? Der Festungsbaumeister hatte ihm eine Lektion erteilt, und Bunter würde sich hüten, über seine Niederlage auch nur ein Wort zu verlieren.
    «Du bleibst hier», sagte Hahn leise. «Deine Mutter braucht jetzt jede helfende Hand. Außerdem weißt du, dass in Heidelberg vor einiger Zeit die Pest gewütet hat.»
    Henrika rang sich ein Lächeln ab, denn solange sie denken konnte, benutzte ihr Pflegevater dieselbe Ausrede. Dabei hatte die Seuche, von der er sprach, seit Jahren schon keine Opfer mehr gefunden. Nein, ihr Pflegevater wollte nicht, dass sie in die Stadt reiste. Er würde es ihr nie erlauben. Und das musste sie wohl oder übel akzeptieren.
    «Übermorgen bin ich zurück», sagte Hahn an seine Frau gewandt. Agatha war auf der Treppe stehen geblieben und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. Sie erwiderte seinen Gruß mit einem knappen Nicken und sah zu, wie er seinen Karren durch das Tor auf die Gasse schob.
    «Ich habe Angst, dass ihn seine Kräfte im Stich lassen», sagte Henrika, als das Geräusch der Wagenräder verklungen war. «Warum überlässt er es nicht Roland, die Hüte in der Stadt abzuliefern? Er könnte doch zu Hause bleiben. Das Zittern in seinen Händen wird von Tag zu Tag schlimmer. Und was ist, wenn es

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