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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Barthel hasste jegliche Form von Kontrolle, selbst wenn sie seinem Schutz diente. Er hatte die Männer mit harten Silbergulden bestechen müssen, damit sie ihn allein hinunter zum Fluss hatten gehen lassen. Nun saßen sie in der Schänke beieinander, tranken Bier, und er hatte seine Ruhe. Er war lieber allein mit seinen Gedanken, insbesondere wenn er über bedeutungsschwere Dinge nachsann.
    Eine halbe Stunde später war die Entscheidung gefallen. Er würde dem Kurfürsten vorschlagen, die Zitadelle in diesem Dorf zu errichten und ihm von seinem Traum erzählen, hier eine befestigte Stadt zu gründen. Der Kurfürst war neuen Ideen gegenüber nicht abgeneigt, außerdem konnte Barthel mit der Unterstützung seiner Gemahlin rechnen, wenn er ihr versprach, die neue Siedlung im Baustil ihrer niederländischen Heimat zu entwerfen.
    Einer der Soldaten kam auf Barthel zu. Sein Gesicht war vor Kälte gerötet. «Braucht Ihr uns noch, Herr?», fragte der Mann. «Ansonsten würden wir gerne ins Wirtshaus gehen.»
    Barthel seufzte. Einen Moment lang überlegte er, sie dorthin zu begleiten, doch dann entschied er sich anders. Vorerst war es besser, so wenig wie möglich mit den Dorfbewohnern zu tun zu haben. Konnte er den Auftrag Seiner Durchlaucht des Kurfürsten ausführen, so würde er vermutlich ohnehin bald einer der am meisten gehassten Männer zwischen Rhein und Neckar sein. Die Dorfbewohner kamen ihm hier besonders widerborstig und argwöhnisch vor. Sie verfolgten seine Anwesenheit im Ort mit einer ähnlichen Begeisterung wie für wilde Eber, die nachts aus den Wäldern brachen und Äcker verwüsteten. Widerwillig musste er über den Vergleich schmunzeln. Nicht anders würden es die Leute hier empfinden, sobald er erst einmal ganze Arbeiterscharen mit Hacken und Spaten anrücken ließ, um Gräben auszuheben, Fundamente zu legen und Schanzen zu errichten. Dabei ging es nicht um den Bau einer Bauernscheune oder eines Stalls. Um eine Festung mit Verteidigungsanlagen zu errichten, war es unumgänglich, Häuser abzureißen, Wälder zu roden und Felder einzustampfen. Nicht einmal fruchtbares Ackerland durfte verschont werden. Für die Bauern würde dies natürlich einen herben Verlust bedeuten, das musste er unumwunden einräumen. Aber auch die Dorfbewohner würden eines Tages einsehen, dass ihnen das Bürgerrecht einer befestigten Handelsstadt bessere Möglichkeiten bot als ein paar Wiesen rund um einen unbedeutenden Ort.
    Barthel schickte den Wachsoldaten mit einer zustimmenden Handbewegung zu seinen fröstelnden Kameraden zurück. Noch brauchte er den Schutz der Männer nicht. Noch konnte er sich frei im Ort bewegen, ohne Angst vor Steinwürfen oder schlimmeren Gewalttaten haben zu müssen.
    Das weitaus größere Problem bestand für ihn darin, dass er nun, da er sich dafür entschieden hatte, hier eine Festung zu erheben, kaum noch eine Möglichkeit finden würde, Henrika Gutmeister aus dem Weg zu gehen.
    Als er an das Mädchen mit dem rotbraunen Haar, der schlanken, grazilen Gestalt und dem kleinen Grübchen am Kinn dachte, krampfte sich sein Magen zusammen. Einen kurzen Moment lang sah er ihre Mutter so deutlich vor sich, dass es wehtat. Doch er verdrängte das Bild sogleich. Gewiss hatte der Mann, der Henrika damals aufgenommen hatte, inzwischen erfahren, dass der Geldstrom versiegt war. Barthel fragte sich, wie er darauf reagieren würde.

    «Was soll das heißen, der Kerl war nicht an der verabredeten Stelle? Hast du die Verabredung etwa verschlafen? Hat dich das gottlose Weib des Küfers mit seinem dummen Geschwätz abgelenkt?»
    Agatha Hahn stand an der Herdstelle, unter der ein munteres Feuer brannte, und kratzte mit einem Schaber zu dunkel gewordene Zwiebelringe aus einer Bratpfanne. Dichte Qualmwolken brachten sie zum Husten, dennoch unterbrach sie ihre Arbeit nicht.
    Die Sonne war bereits untergegangen, doch das Essen stand noch nicht auf dem Tisch. Mit mürrischer Miene versetzte Agatha Lutz, der auf einer Bank nahe dem Spülstein hockte und lächelnd an einem Holzstück herumschnitzte, einen Stoß. Der junge Mann blickte überrascht auf.
    «Dein Onkel und ich haben etwas miteinander zu besprechen», fuhr sie den Sohn ihrer Schwester barsch an. «Mach, dass du verschwindest, geh nach Hause!»
    Hahn blickte mitleidig zu dem jungen Mann, der sich traurig erhob und zur Tür trottete. Doch er war viel zu müde, um sich mit Agatha anzulegen.
    «Richtet Henrika aus, dass ich zwei Stunden auf sie gewartet habe», bat

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