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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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in höchster Not und in der berechtigten Angst um das Leben eines Menschen gehandelt. Ihr war keine Wahl geblieben. Ob Elisabeth das verstehen würde? Sie bezweifelte es.
    «Wie lange wollt Ihr den Schultheiß hier festhalten?», erkundigte sie sich, während sie mit Barthels Hilfe Lutz’ Wunden verband. «Wenn Ihr dem Kurfürsten berichtet, welchen Aufruhr die Bauern heute früh angezettelt haben, wird er ein schreckliches Strafgericht abhalten.»
    «Du meinst, ich sollte die Sache auf sich beruhen lassen?», fragte Barthel. Es klang skeptisch. «Ausgerechnet du wagst es, mir einen solchen Vorschlag zu unterbreiten?»
    «Sie waren meinetwegen hier, nur mich wollten sie bestrafen.»
    «Rede keinen Unsinn, Mädchen. Ihre Absicht war, mich einzuschüchtern. Ich sollte es mit der Angst zu tun bekommen, damit ich meine Sachen packe und bei Nacht und Nebel verschwinde.»
    «Mich halten die Leute für die Wurzel allen Übels», beharrte Henrika. «Das tun sie, seit meine Mutter …» Sein Blick ließ sie jäh verstummen. Aber im Augenblick war nicht die Zeit, über diese Dinge zu reden. Sie musste Elisabeth verständigen, damit Lutz abgeholt wurde. Barthel war jedoch dagegen, dass sie in die Schänke ging. «Wir dürfen nicht riskieren, dass dich jemand auf dem Weg dorthin abpasst und dir seine Forke in den Leib rammt.»
    Henrika musste ihm zustimmen, auch wenn es ihr nicht behagte. «Aber ich muss meiner Tante erklären, warum ich auf den armen Lutz geschossen habe», sagte sie. «Sie darf es nicht von einem Fremden erfahren.»
    «Deine Beweggründe dürften sie momentan kaum interessieren. Aber glaube mir, eines Tages wird sie dir dankbar sein.»
    «Ach ja? Wofür?»
    «Vielleicht dafür, dass du nicht besser zielen konntest. Vielleicht aber auch für … das andere.» Er dachte kurz nach, dann nahm er seine Muskete vom Boden und sagte: «Ich weiß, wie wir es machen. Komm mit.»
    Sie folgte ihm die Treppe hinab, die zu den Kellerräumen führte. Hinter einer der Türen waren aufgebrachte Stimmen zu hören. Barthel entriegelte die Tür und spähte in das Gewölbe, das mit Fässern und Kisten vollgestopft war. Ein scharfer Geruch von Branntweinessig schlug ihm entgegen. Nur durch eine winzige, vergitterte Luke drang ein wenig Licht in den kalten Raum. Zwei Männer hockten auf einer länglichen Kiste. Ihre Mienen zeugten von ihrem Zorn darüber, dass der Festungsbaumeister sie hier unten eingesperrt hatte. Als sie Barthel erkannten, sprangen sie auf und gingen ihm entgegen, aber der Baumeister zwang sie mit seiner Waffe dazu, Abstand zu halten.
    «Nun, Schultheiß?», richtete er das Wort an den Mann. «Habt Ihr über meinen Vorschlag nachgedacht?»
    «Was hat das Mädchen hier zu suchen?» Der Bürgermeister hatte Henrika an seiner Seite entdeckt. Er warf ihr einen feindseligen Blick zu. «Ich verhandle nicht mit Euch im Beisein einer Hure. Sie ist eine Verräterin an den Menschen, die sie aufnahmen.»
    «Ich denke, Ihr wollt meine Gastfreundschaft nicht überstrapazieren, oder?»
    Litters Knecht hustete. Offensichtlich hatte er die Zeit genutzt, um sich an den in Salzlake eingelegten Heringen gütlich zu tun, denn zu seinen Füßen lagen abgenagte Fischskelette.
    Der Schultheiß verzog das Gesicht, verzichtete aber auf eine Antwort. «Ich wusste nichts von dem Aufruhr», beteuerte er.
    «Nein, Ihr wart nur sogleich zur Stelle, um nach dem Rechten zu sehen. Der Angriff auf einen Beamten des Kurfürsten ist ein schweres Vergehen. In wenigen Stunden werden Soldaten das Dorf umzingeln. Entweder Ihr empfangt sie an meiner Seite und bei bester Laune, oder Ihr zeigt ihnen vom Galgen aus strampelnd Eure Zunge. Ganz wie es Euch beliebt. Aber fällt Eure Entscheidung rasch, ich habe noch zu tun.»
    Henrika blickte Barthel erleichtert an. Offensichtlich zeigte er sich versöhnlich und hatte nicht vor, das Dorf bluten zu lassen. Das beruhigte sie, denn auch wenn man ihr das Leben hier nicht selten zur Hölle gemacht hatte, zitterte sie doch bei dem Gedanken, Familien könnten aus ihren Häusern vertrieben, Äcker verwüstet und Vieh beschlagnahmt werden.
    «Nun gut, Ihr habt gewonnen», sagte Litter. «Ich nehme Eure Bedingungen an und werde lachen, auch wenn mir zum Heulen zumute ist.»
    Barthel lächelte milde. «Wir bekommen nicht immer, was wir uns wünschen.»
    «Aber wir bekommen, was wir verdienen! Fragt Eure Dienerin.»
    Barthel ignorierte die Bemerkung. In wenigen Worten erklärte er den Männern, was er von ihnen sowie

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