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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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verkündete schließlich der Ratsschreiber Hermann Seidenberg mit tiefer Stimme. Ohne jede Begeisterung blickte er in die Runde, doch da er bei den Herren auf keinen Widerspruch stieß, fuhr er fort: «Der Druckermeister und Buchbinder Johannes Carolus aus der Kruggasse ist mit der Bitte an den Straßburger Rat herangetreten, Zeitungskrämer in seine Dienste nehmen und diese außerhalb der Stadtmauern seine Erzeugnisse verkaufen lassen zu dürfen. Im Protokoll, das ich für ihn aufnahm, gibt er eine Anzahl kleinerer Städte an, auf deren Märkten er seine neue Gazette anbieten möchte, sofern deren Vertreter es ihm erlauben, und er bittet den Rat um Beistand. Ferner ersucht er um die Erlaubnis, Kurierreiter nach eigenem Gutdünken auszusuchen und in fünf ausgewählte Städte entsenden zu dürfen.»
    Aller Augen richteten sich auf Carolus, der sich umständlich von der harten Bank erhob, ohne dass ihn jemand dazu aufgefordert hatte. Auch David stand auf. Nervös zupfte er am zerknitterten Kragen seines Kittels und wünschte sich plötzlich, er hätte sich noch einmal umgezogen, bevor er seinen Meister in die Ratsstube begleitete.
    Ratsherr Waldemar Zorn schüttelte mit gerunzelter Stirn den Kopf. Sein wallender Bart rauschte über seine schmale Brust.
    «Wenn ich mich richtig entsinne, haben wir Euch unlängst das Privileg erteilt, Eure Gazette in Straßburg zu drucken und in der ganzen Stadt anzupreisen.»
    «Das habt Ihr, Ratsherr», antwortete Carolus mit einer höflichen Verbeugung. «Und ich bin Euch dankbar für das Vertrauen, das Ihr in mein Werk setzt.» Der Drucker sprach leise und vermied es, dem streitbaren Waldemar Zorn ins Gesicht zu blicken. Die Haltung seines Meisters ließ David erahnen, wie aufgeregt dieser war. Er konnte es ihm nicht verdenken. Auch er sprach nur ungern mit den Vertretern der Stadt. Nicht, weil er sich vor ihnen fürchtete, schließlich entstammten er und sein Bruder einer achtbaren Familie von Straßburger Weinhändlern. Nein, er vermied es, sich mit den Patriziern einzulassen, weil er ihre Redegewandtheit und Spitzfindigkeit kannte, selbst jedoch nur schwer die richtigen Worte fand, um andere mit der Begeisterung für seine Arbeit anzustecken. Oftmals verfing er sich in langen Erklärungen, denen seine Zuhörer kaum folgen konnten. Aus diesem Grund hasste er selbst Botengänge und ließ sich lieber von Laurenz begleiten, wenn es galt, wichtige Angelegenheiten zu besprechen. Laurenz war redselig und schaffte es mit seinem entwaffnenden Lächeln immer wieder, die Leute um den Finger zu wickeln. Eine Fähigkeit, um die ihn David beneidete. Dass der Ältere es mit der Wahrheit nicht immer so genau nahm, konnte David zwar nicht billigen, aber er verzieh es ihm. So wie er ihm jede Dummheit verzieh, die Laurenz sich oder der Druckerei einbrockte. Warum Meister Carolus ausgerechnet heute nicht seinen wortgewandten Bruder, sondern ihn gebeten hatte, mit ins Rathaus zu kommen, war dem jungen Mann schleierhaft.
    «Lieber Carolus, mit Vertrauen in Euer Werk hat das nichts zu tun», winkte Waldemar Zorn ab. «Wenn ich vertrauensselig genug wäre, diese Ratsstube ohne einen Dolch im Gürtel zu betreten, würde ich vermutlich längst nicht mehr unter den Lebenden weilen.» Er warf seinem jungen Verwandten einen so feindseligen Blick zu, dass dieser erst erbleichte, dann erbost von seinem Stuhl schnellte.
    «Seidenberg», rief er dem Schreiber zu, «sagt diesem Herrn, dass ein krummer Rücken und eine Reihe fauler Zähne im Maul keine Entschuldigung für schlechtes Benehmen sind. Wenn der alte Zorn schon so umnachtet ist, dass er selbst hier um sein armseliges Leben zittert, wäre es besser, er hockte sich mit einer Schale warmer Milch hinter den Ofen seiner Kammer und überließe das Regieren jüngeren Männern.»
    Waldemar Zorn rang empört nach Luft. Hastig griff er nach dem Amulett aus Bernstein, das an einer breiten Kette um seinen Hals hing, als müsste er sich mit seiner Hilfe eines bösen Geistes erwehren.
    «Seidenberg, wenn dieser unverschämte Grünschnabel glaubt …»
    Eine scharfe Handbewegung des Stettmeisters ließ den alten Mann mitten im Satz verstummen. Waldemar Zorn setzte sich wieder, doch ihm war anzusehen, dass er die Beleidigung nicht vergessen würde. Das bekam auch Meister Carolus zu spüren, auf den sich der Unmut des Alten, der so brüsk zum Schweigen gebracht worden war, nun richtete.
    «Wir sind Eurer ständigen Eingaben und Bittgesuche allmählich müde», sagte

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