Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
hielt er auf einer Überlandstraße an, auf der ständig ein reger Autoverkehr herrschte. Dort konnte er sicher sein, dass weder Fuß- noch Reifenspuren erkenntlich blieben. Als Erstes machte er das Nummernschild mit Straßenschmutz unleserlich. Dann wartete er, bis von keiner Seite ein Auto sichtbar war, öffnete den Koffer, hob die Leiche Giuseppes heraus und legte sie am Straßenrand nieder, und zwar an der Innenseite einer Kurve, sodass die Scheinwerfer vorbeifahrender Wagen sie nicht so leicht streifen würden.
    Er stieg wieder in seinen Wagen und fuhr weiter. Die ganze Sache hatte höchstens anderthalb Minuten gedauert.
    Er machte einen weiten Umweg und kehrte von einer anderen Seite her nach London zurück. Wieder hielt er den Wagen an, suchte sich einen riesigen Baum aus und kletterte behände bis in die höchsten Äste hinauf. Selbst für Anthony bedeutete das eine Anstrengung. An einem der obersten Äste band er ein kleines Päckchen fest und barg es in einer Höhlung des Stammes.
    «Eine gute Arbeit, sich einer lästigen Pistole zu entledigen», murmelte er zufrieden. «Immer suchen sie auf dem Boden herum oder baggern Teiche aus. Aber kaum jemand würde auf diesen Baum klettern.»
    Weiter fuhr er, Richtung London. Am Bahnhof Paddington deponierte er den Koffer, diesmal am Schalter für ankommende Züge. Dann ließ er in seinen Wagen genügend Benzin einfüllen und machte sich wieder auf den Weg – diesmal nordwärts.
    Kurz nach halb elf hielt er auf der Straße, die den Park von Chimneys begrenzt. Mit Leichtigkeit überwand er die Mauer und schritt auf das Haus zu. Der Weg war weiter, als er gedacht hatte, und plötzlich begann er zu rennen. Von weither hörte er eine Glocke dreimal schlagen.
    23 Uhr 45 – die Zeit, die auf dem Papierfetzen angegeben war. Anthony befand sich nun dicht beim Haus und blickte an den Fenstern empor. Alles schien dunkel und still.
    «Die Herren Politiker gehen früh zu Bett», murmelte er. Plötzlich hörte er ein Geräusch – es klang wie ein Schuss. Anthony drehte sich hastig um. Er war überzeugt, dass der Ton aus dem Haus kam. Er wartete, doch alles blieb totenstill. Er eilte von einer Balkontür zur andern, doch keine ließ sich öffnen. Obwohl er die ganze Zeit angespannt lauschte, konnte er keinen Laut mehr vernehmen.
    Schließlich redete er sich ein, dass er sich geirrt oder nur einen Wilderer im nahen Wald gehört habe. Er wandte sich um und ging wieder durch den Park zurück; doch ein peinigendes Gefühl von Unheil konnte er nicht loswerden.
    Er schaute sich noch einmal nach dem Haus um, und in diesem Moment blinkte ein Licht an einem Fenster des ersten Stockwerks auf. Im nächsten Augenblick war es wieder verschwunden, und das Haus lag still und dunkel da wie zuvor.

10
     
    Z eit: 8 Uhr 30 vormittags.
    Inspektor Badgworthy befand sich in seinem Büro, ein großer, behäbiger Mann mit militärisch-schwerem Gang. Assistiert durch Constable Johnson, erst seit Kurzem bei der Polizeitruppe, noch grün hinter den Ohren.
    Das Telefon läutete schrill, und der Inspektor hob den Hörer mit beruflicher Wichtigkeit ab.
    «Hier Polizeistation Market Basing. Inspektor Badgworthy am Apparat. Wie?»
    Eine starke Veränderung im Gehaben des Inspektors. Ist er auch bedeutender als Constable Johnson, so sind andere immerhin bedeutender als Inspektor Badgworthy.
    «Persönlich, Mylord. Bitte um Verzeihung – ich habe nicht ganz verstanden, Mylord?»
    Lange Pause, während der Inspektor zuhörte und sein sonst so ausdrucksloses Gesicht eine ganze Skala von Empfindungen ausdrückte. Endlich legte er den Hörer auf nach einem knappen:
    «Sofort, Mylord!»
    Geschwellt von Wichtigkeit wandte er sich zu Johnson um.
    «Anruf von Seiner Lordschaft – Mord auf Chimneys!»
    «Mord!», echote Johnson zutiefst beeindruckt.
    «Seine Lordschaft ist ganz aufgelöst», fuhr der Inspektor fort. «Wir müssen zu Dr. Cartwright und sofort mit ihm zum Herrenhaus fahren.»
    Sie hielten vor der Tür des Arztes an, und Dr. Cartwright, ein verhältnismäßig junger Mann, zeigte sich sehr interessiert.
    «Du meine Güte!», rief er aus. «Wir haben hier seit ewigen Zeiten keinen Mord gehabt!»
    Alle drei kletterten in den kleinen Wagen des Arztes und machten sich auf den Weg nach Chimneys. Als sie am einzigen Gasthaus des Ortes, dem «Jolly Cricketer», vorbeifuhren, bemerkte Dr. Cartwright einen Mann im Torbogen.
    «Fremder», meinte er. «Bin neugierig, seit wann er hier ist und was er im

Weitere Kostenlose Bücher