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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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selbstverständlich», begann Battle, «dass alles, was ich hier berichte, streng vertraulich bleiben muss. Es darf kein Leck geben. Übrigens war mir von Anfang an klar, dass das Ganze früher oder später herauskommen musste. Männer wie George Lomax, die aus allem ein Geheimnis machen wollen, riskieren mehr, als sie ahnen. – Der Anfang dieser Geschehnisse liegt sieben Jahre zurück. Vieles spielte sich hier in England ab, und da war es besonders der alte Graf Stylptitch, der die Fäden zog. In allen Balkanstaaten herrschte damals Aufruhr, und viele königliche Hoheiten befanden sich zu dieser Zeit in England. Ich will mich nicht in Einzelheiten verlieren, aber etwas verschwand damals – verschwand auf eine so eigentümliche Art, dass man gezwungen war, zwei Annahmen vorauszusetzen: Erstens musste der Dieb zu den ganz hochgestellten Persönlichkeiten zählen, und zweitens musste er gleichzeitig ein Meisterdieb sein. Monsieur Lemoine kann Ihnen das näher erklären.»
    Der Franzose verneigte sich leicht und fuhr mit der Erzählung fort:
    «Vielleicht haben Sie in England noch nichts gehört von unserem berühmten, fantastischen König Victor. Seinen wirklichen Namen kennt niemand, aber er ist ein Mann von außergewöhnlichem Mut und Unternehmungsgeist, ein Mann, der fünf Sprachen spricht und ein Meister der Verkleidung ist. Man weiß, dass sein Vater entweder Engländer oder Ire war, er selbst aber arbeitete hauptsächlich in Paris. Dort hat er auch vor etwa acht Jahren eine Serie von verwegenen Einbrüchen ausgeführt, und zwar unter dem Namen eines Captain O’Neill.»
    Ein leiser Ausruf entschlüpfte Virginia. M. Lemoine warf ihr einen raschen Blick zu.
    «Ich glaube zu verstehen, was Madame erregt. Sie werden gleich sehen. – Wir von der Sûreté hatten wohl den Verdacht, dass dieser O’Neill niemand anders als König Victor selbst war. Aber uns fehlte jeglicher Beweis dafür. Zur gleichen Zeit lebte in Paris eine kluge junge Schauspielerin, Angele Mory von den Folies Bergères. Wir vermuteten, dass sie mit den Verbrechen von König Victor in Verbindung stand – aber auch hierfür fand sich kein Beweis.
    Zu jener Zeit bereitete sich Paris auf den Besuch des jungen Königs Nikolaus von Herzoslowakien vor. Die Sûreté ergriff spezielle Sicherheitsmaßnahmen, um den König zu schützen. Man warnte uns besonders vor einer Gruppe von Revolutionären, die sich selbst ‹Bruderschaft von der Roten Hand› nannten. Es ist nun ziemlich sicher, dass diese Brüder sich Angele Mory näherten und ihr eine riesige Summe versprachen, wenn sie ihre Pläne fördern helfe. Sie sollte den König in ihre Netze locken und ihn dann zu einem vorher vereinbarten Platz führen. Angele Mory ging auf das Angebot ein und versprach, das Ihrige zu tun.
    Aber die junge Dame war klüger und ehrgeiziger, als ihre Verbündeten geglaubt hatten. Es gelang ihr leicht, den König zu umgarnen, denn dieser verliebte sich Hals über Kopf in sie und überschüttete sie mit Geschenken. Da fasste sie den Plan, nicht nur königliche Mätresse zu werden, sondern – Königin! Jeder weiß, dass ihr dieser Plan gelang. Königin Varaga – keine schlechte Karriere für eine kleine Pariser Schauspielerin! Doch ihr Triumph dauerte nicht lange. Die Brüder von der Roten Hand waren über ihren Verrat wütend und versuchten zweimal einen Anschlag auf ihr Leben. Schließlich wiegelten sie das Volk so lange auf, bis eine Revolution ausbrach, in der sowohl der König wie auch die Königin umkamen. Ihre grausam zerstückelten und kaum identifizierbaren Körper wurden gefunden – ein Zeugnis der Volkswut gegen die fremdländische, nicht standesgemäße Königin.
    Nun dürfen wir als sicher annehmen, dass Königin Varaga ihre Verbindung mit König Victor nie aufgegeben hatte. Möglicherweise stammte der kühne Plan sogar von ihm selbst. Jedenfalls wissen wir, dass sie noch von Herzoslowakien aus mit ihm korrespondierte und dass diese Briefe in einem bestimmten Code abgefasst waren. Sicherheitshalber wurden sie in englischer Sprache geschrieben und mit dem Namen einer englischen Dame unterzeichnet, die sich zu jener Zeit in der dortigen Gesandtschaft aufhielt. Falls man jemals Erkundigungen eingezogen und die Dame ihre Unterschrift bestritten hätte, wäre ihr wahrscheinlich nicht geglaubt worden, denn die Briefe lasen sich wie heiße Liebesergüsse einer ungetreuen Frau an ihren Liebhaber. – Es war Ihr Name, der dazu missbraucht wurde, Mrs Revel.»
    «Ich

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