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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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weiß», seufzte Virginia. Die Farbe kam und ging auf ihren Wangen. «Das also ist die Wahrheit über diese Briefe! Ich habe mir immer und immer wieder den Kopf zerbrochen.»
    «Was für ein heimtückischer Trick!», rief Bill empört.
    «Die Briefe waren an Captain O’Neill in Paris gerichtet, und ihr eigentlicher Zweck kam erst spät ans Licht. Nach der Ermordung des Königspaares fielen eine Menge Kronjuwelen in die Hände des Pöbels und fanden später ihren Weg nach Paris. Dabei entdeckte man, dass in neun von zehn Fällen die echten Steine herausgebrochen und durch Imitationen ersetzt waren. Und Sie dürfen mir glauben, dass sich sehr berühmte Steine unter den Kronjuwelen von Herzoslowakien befanden! – So musste also angenommen werden, dass Angele Mory selbst als Königin ihre frühere Tätigkeit nicht aufgegeben hatte.
    Sie sehen nun, zu welchen Schlüssen wir gelangten. Nikolaus IV. und Königin Varaga hatten seinerzeit England besucht und waren auch bei dem damaligen Marquis von Caterham eingeladen, Sekretär im Auswärtigen Amt. Herzoslowakien ist ein kleines Land, aber man durfte es nicht übergehen. Hier haben wir also die hochgestellte Persönlichkeit – die Königin –, die gleichzeitig ein geschickter Dieb war! Es besteht ferner kein Zweifel daran, dass die Ersatzsteine, die so ausgezeichnete Imitationen waren, dass höchstens ein Experte die Fälschung erkannt hätte, einzig und allein von König Victor stammen konnten. Und tatsächlich wies der ganze Plan in seiner Kühnheit und Verwegenheit auf ihn als Urheber hin.»
    «Was geschah weiter?», erkundigte sich Virginia.
    «Es wurde vertuscht», gestand Battle. «Bis zum heutigen Tag ist keine Silbe darüber laut geworden. Wir unternahmen natürlich alles, was sich im Geheimen tun ließ – und das bedeutet viel mehr, als Sie jemals vermuten könnten. Wir haben da unsere eigenen Methoden. Eines wissen wir jedenfalls bestimmt: Das besondere – Juwel, um das es sich hier handelt, verließ England nicht mit der Königin Varaga, das kann ich beschwören. Nein, Ihre Majestät versteckte den Stein. Aber wo, das haben wir niemals entdecken können. Ich würde mich jedoch nicht wundern», Inspektor Battle ließ seine Augen umherschweifen, «wenn er sich in diesem Raum befände!»
    Anthony sprang auf.
    «Was? Nach all den Jahren?», rief er ungläubig aus. «Ausgeschlossen!»
    «Sie kennen die Begleitumstände nicht, Monsieur», entgegnete der Franzose rasch. «Vierzehn Tage später brach die Revolution in Herzoslowakien aus, und das Königspaar wurde ermordet. Gleichzeitig verhafteten wir Captain O’Neill in Paris wegen eines kleineren Vergehens. Wir hofften, das Päckchen mit den Geheimbriefen in seinem Hause zu finden, aber anscheinend wurde dieses inzwischen von irgendeinem herzoslowakischen Zwischenträger gestohlen. Der Mann tauchte kurz vor der Revolution in Herzoslowakien auf und verschwand dann endgültig.»
    «Wahrscheinlich ist er ausgewandert», meinte Anthony nachdenklich. «So gut wie sicher nach Afrika. Und ich wette, dass er sich sein ganzes Leben lang an dieses Päckchen klammerte – es war für ihn so gut wie eine Goldmine. Man nannte ihn dort wohl Hollandpeter oder so ähnlich.»
    Er bemerkte, wie Inspektor Battle ihn mit seinem ausdruckslosesten Gesicht anschaute, und lächelte.
    «Keine Wahrsagerei, Battle, obschon es den Anschein hat. Ich erzähle Ihnen das später einmal.»
    «Eine Frage haben Sie noch nicht beantwortet», warf Virginia ein. «Was hat all das mit den Memoiren des Grafen Stylptitch zu tun? Es muss doch eine Verbindung bestehen.»
    «Madame begreift sehr rasch», erwiderte Lemoine bewundernd. «Ja, es gibt eine solche Verbindung. Graf Stylptitch hielt sich zu der gleichen Zeit ebenfalls auf Chimneys auf.»
    «Sodass er also davon wissen konnte?»
    «Parfaitement.»
    «Und wenn er in seinen kostbaren Memoiren mit der ganzen Sache herausgeplatzt ist», knurrte Battle, «dann ist der Teufel los! – Besonders, nachdem man so geheimnisvoll damit getan hat.»
    Anthony zündete sich eine Zigarette an.
    «Besteht keine Möglichkeit», fragte er, «dass er in seinen Memoiren einen Hinweis darauf gab, wo der Stein versteckt ist?»
    «Kaum», erklärte Battle bestimmt. «Er verstand sich nie mit der Königin – wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die Heirat. Sie hat ihn bestimmt nicht ins Vertrauen gezogen.»
    «Daran dachte ich auch nicht», gab Anthony zurück. «Aber allem Anschein nach war er ein schlauer Kerl. Er

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