Die Memoiren des Grafen
aus vollem Herzen zu.
«Wo soll ich Sie absetzen?»
«Oh, irgendwo – am besten Hyde Park Corner.»
«Auf Wiedersehen», lächelte Bundle, als sie dort einbog. «Wie steht es mit der Rückfahrt?»
«Ich finde schon eine Möglichkeit zur Rückkehr, vielen Dank.»
«Ich habe Ihnen Angst gemacht», murmelte Bundle.
«Nun, ich würde eine Autofahrt mit Ihnen nicht gerade als Erholungskur für alte Damen bezeichnen, aber mir hat sie Vergnügen bereitet.»
Bundle nickte ihm zu und fuhr an. Anthony winkte einem vorbeifahrenden Taxi. «Victoria Station», sagte er zum Fahrer.
Dort angekommen, erkundigte er sich sofort nach dem nächsten Zug nach Dover. Leider hatte er einen gerade um ein paar Minuten verfehlt und musste nun eine Stunde warten.
Die Fahrt nach Dover verlief ohne besondere Ereignisse. Er ersuchte einen Dienstmann, ihm den Weg nach Hurstmere, Langly Road, zu zeigen. Die betreffende Straße war lang und führte direkt aus der Stadt hinaus. Der Dienstmann erklärte ihm, dass Hurstmere das letzte Haus vor der Stadtgrenze sei. Anthony schritt gleichmäßig aus. Das letzte Haus stand etwas zurückversetzt in einem verwahrlosten, wuchernden Garten. Es schien lange Zeit unbewohnt gewesen zu sein. Ein großes Eisentor schwang rostig in seinen Angeln, und der Name am Seitenpfeiler war fast unleserlich.
«Ein einsamer Ort», murmelte Anthony. «Gut gewählt.»
Er zögerte einen Moment, blickte die menschenleere Straße auf und ab und schlüpfte dann rasch durch das knirschende Tor. Einige Schritte folgte er der Auffahrt, dann blieb er lauschend stehen. Nichts war zu hören. Bei einer Biegung des Weges schlüpfte er hinter die Büsche und bewegte sich lautlos weiter – vom Haus aus konnte er nicht gesehen werden. Plötzlich stand er still und spähte durch die Blätter. Aus einiger Entfernung hörte man Hundegebell, aber es war ein anderes, näheres Geräusch, das ihn aufhorchen ließ.
Seine Ohren hatten ihn nicht getäuscht. Ein Mann kam um die Hausecke, ein vierschrötiger kleiner Kerl von fremdartigem Aussehen. Er hielt nicht an, sondern ging ruhig weiter um die nächste Hausecke.
Anthony nickte vor sich hin.
«Die Wache», sagte er zu sich selbst. «Sie sind auf der Hut.»
Sobald der Wächter außer Sicht war, bewegte sich auch Anthony wieder vorwärts, wobei er sich in den Fußstapfen des anderen hielt.
Die Hausmauer befand sich rechter Hand, und plötzlich zeigte sich ein heller Lichtstreifen auf dem Kiesweg. Er konnte hören, dass mehrere Männer miteinander sprachen.
«Mein Gott», murmelte Anthony, «was sind das für Idioten! Ein kleiner Schreck kann ihnen nur guttun.»
Er stahl sich vorsichtig bis zu einem Fenster. Sehr behutsam hob er den Kopf und blickte in das Zimmer.
Ein halbes Dutzend Männer saß um einen Tisch herum. Vier davon waren breite Gestalten mit hohen Backenknochen und schräggestellten Slawenaugen. Die anderen beiden sahen daneben aus wie kleine geschäftige Ratten. Sie redeten französisch, aber die vier kräftigen Burschen sprachen es unsicher und mit hartem, gutturalem Klang.
«Der Chef?» brummte einer von Ihnen. «Wann wird er hier sein?»
Einer der Kleinen zuckte die Achseln.
«Kann jeden Moment eintreffen.»
«Höchste Zeit», knurrte der Erste wieder. «Habe ihn nie gesehen, euren Chef, und was hätten wir nicht für große Dinge tun können in der Zeit, die wir hier nutzlos vertrödeln.»
«Du Narr», gab der Kleine beißend zurück. «Euch von der Polente erwischen lassen, das wäre das einzige große Ding gewesen, das dir und deiner ganzen Bande gelungen wäre. Eine Horde von tölpelhaften Gorillas, das seid ihr alle zusammen.»
«Was?» schrie einer der anderen. «Du wagst es, die Brüder zu beleidigen? Du sollst gleich das Zeichen der Roten Hand fühlen!» Er erhob sich halb und glotzte den Franzosen wütend an, aber einer seiner Kumpane zog ihn wieder zurück.
«Kein Streit», brummte er. «Wir müssen zusammenstehen. Soviel ich gehört habe, lässt sich dieser König Victor nicht auf Dummheiten ein.»
Aus der Dunkelheit ertönten wieder die regelmäßigen Schritte des Wächters, und Anthony zog sich hinter einen Busch zurück.
«Wer ist das?», fragte einer der Männer im Zimmer.
«Carlo geht seine Runde.»
«Was ist los mit dem Gefangenen?»
«Alles in Ordnung, es geht ihm schon viel besser. Erholt sich von dem Schlag, den wir ihm versetzten.»
Anthony machte sich leise davon.
Irgendwo aus dem Haus erklang ein ersticktes Stöhnen.
Anthony
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