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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Gebäuden erstreckten sich Gärten, und ein Wald umgab das Gelände. Wenn die Patienten hier nach einer Operation erwachten, konnte es sein, dass sie vor ihren Fenstern Kolibris schweben sahen oder ein Reh sie von draußen neugierig anschaute.
    Der Teil der Intensivstation, in dem man sich gegenwärtig um Juan Millar kümmerte, bot jedoch keine idyllische Aussicht. Und es gab hier auch keine hübsche Raumausstattung, sondern nur jede Menge funktionelle medizinische Geräte sowie schmucklose Poster mit Telefonnummern und Handlungsanweisungen, die für den Laien unverständlich blieben. Juan lag in einem kleinen Raum mit gläsernen Wänden. Um das Risiko einer Infektion so gering wie möglich zu halten, war der allgemeine Zutritt untersagt.
    Dance gesellte sich nun zu Michael O’Neil, der vor dem Zimmer stand. Ihre Schulter streifte seine. Am liebsten hätte sie seinen Arm genommen. Aber sie tat es nicht.
    Sie betrachtete den verletzten Detective und erinnerte sich daran, wie er in Sandy Sandovals Büro verlegen gelächelt hatte.
    Nimm einem dieser Jungs die Kamera weg, und er ist nackt ... Das hab ich irgendwo gehört.
    »Hat er etwas gesagt, seit du hier bist?«, fragte sie.
    »Nein. Er war die ganze Zeit bewusstlos.«
    Dance musterte die Verletzungen, die Verbände. Bewusstlos war besser. Viel besser.
    Sie kehrten in den Wartebereich der Intensivstation zurück, wo einige von Millars Angehörigen saßen – seine Eltern, eine Tante und zwei Onkel, falls Kathryn die Begrüßung richtig im Kopf behalten hatte. Sie drückte der traurig dreinblickenden Familie ihr tief empfundenes Mitgefühl aus.
    »Katie.«
    Dance drehte sich zu der stämmigen Frau mit dem kurzen grauen Haar und der großen Brille um. Sie trug einen farbenfrohen Kasack, an dem zwei Schilder hingen; das eine wies sie als »E. Dance, Krankenschwester« aus, das andere besagte, dass sie auf der Herzstation arbeitete.
    »Hallo, Mom.«
    O’Neil und Edie Dance lächelten einander zu.
    »Keine Veränderung?«, fragte Kathryn.
    »Nicht wirklich.«
    »Hat er etwas gesagt?«
    »Nichts Verständliches. Hast du schon mit Dr. Olson gesprochen, unserem Verbrennungsspezialisten?«
    »Nein«, erwiderte ihre Tochter. »Ich bin gerade erst angekommen. Wie steht es um Juan?«
    »Er ist noch ein paar Mal zu sich gekommen und hat sich ein wenig bewegt, was uns überrascht hat. Aber er hängt an einem Morphiumtropf und ist so benebelt, dass er nicht zusammenhängend antworten konnte, als die Schwester ihm einige Fragen gestellt hat.« Ihr Blick wanderte zu dem Patienten in dem gläsernen Zimmer. »Ich kenne die offizielle Prognose nicht, aber es sieht böse aus. Unter den Verbänden ist kaum noch Haut. Ich habe noch nie ein solches Verbrennungsopfer gesehen.«
    »So schlimm?«
    »Ich fürchte, ja. Was ist mit Pell?«
    »Es gibt kaum Spuren. Er ist irgendwo in der Gegend. Den Grund dafür kennen wir nicht.«
    »Möchtest du trotzdem heute Abend Dads Party veranstalten?«, fragte Edie.
    »Aber sicher. Die Kinder freuen sich schon darauf. Vielleicht kann ich nur kurz vorbeischauen, je nachdem. Aber die Party soll bei uns stattfinden.«
    »Kommen Sie auch, Michael?«
    »Ich habe es zumindest vor. Kommt darauf an.«
    »Ich verstehe. Hoffentlich klappt’s.«
    Edie Dances Pager piepte. Sie warf einen Blick darauf. »Ich muss auf die Herzstation. Falls ich Dr. Olson sehe, bitte ich ihn, vorbeizukommen und euch auf den neuesten Stand zu bringen.«
    Ihre Mutter ging. Dance sah O’Neil an. Er nickte. Dann zeigte er der Krankenschwester der Intensivstation seinen Dienstausweis und sprach kurz mit ihr. Sie half ihm und Dance in Kittel und Maske. Die beiden Beamten betraten das Krankenzimmer. O’Neil blieb stehen. Dance nahm einen Stuhl und setzte sich neben das Bett. »Juan, ich bin’s, Kathryn. Können Sie mich hören? Michael ist auch hier.«
    »Hallo, Partner.«
    »Juan?«
    Obwohl das rechte, nicht abgedeckte Auge sich nicht öffnete, hatte Dance den Eindruck, es würde leicht zittern.
    »Können Sie mich hören?«
    Wieder ein Zittern.
    »Juan, ich weiß, dass du schreckliche Schmerzen hast«, sagte O’Neil leise und tröstend. »Wir werden dafür sorgen, dass du die bestmögliche Behandlung bekommst.«
    »Wir wollen diesen Kerl«, sagte Dance. »Wir wollen ihn unbedingt. Er ist nicht weit weg. Er ist noch irgendwo hier in der Gegend.«
    Der Kopf des Mannes bewegte sich.
    »Wir müssen wissen, ob Sie etwas gesehen oder gehört haben, das uns weiterhelfen könnte. Wir wissen

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