Die Menschenleserin
und uns behilflich sind.«
» Was ?«, flüsterte sie.
»Daniel Pell ist uns ein Rätsel. Wir sind uns ziemlich sicher, dass er hier auf der Halbinsel bleibt. Aber wir können uns den Grund dafür nicht erklären. Niemand kennt ihn besser als Sie, Samantha und Rebecca. Wir hoffen, dass Sie uns helfen können, aus ihm schlau zu werden.«
»Kommen die anderen auch?«
»Sie sind die Erste, die ich angerufen habe.«
Eine Pause. »Was kann ich denn schon ausrichten?«
»Ich möchte mich mit Ihnen über Pell unterhalten und herausfinden, ob Ihnen etwas einfällt, das auf seine eventuellen Pläne oder sein Ziel hindeutet.«
»Aber ich habe seit sieben oder acht Jahren nichts mehr von ihm gehört.«
»Er könnte damals etwas gesagt oder getan haben, das uns einen Anhaltspunkt liefert. Indem er hierbleibt, geht er ein großes Risiko ein. Ich bin sicher, er hat einen guten Grund dafür.«
»Tja...«
Dance wusste, wie der innere Verteidigungsmechanismus eines Menschen funktioniert. Sie konnte sich vorstellen, wie die Frau nun hektisch nach Argumenten suchte – und sie verwarf oder sich merkte -, mit denen sie Kathryns Bitte ablehnen konnte. Daher überraschte es sie nicht, zu hören: »Das Problem ist, ich helfe meinem Bruder und meiner Schwägerin mit ihren Pflegekindern. Ich kann nicht einfach von hier weg.«
Dance fiel ein, dass die Frau bei dem Paar wohnte. Sie fragte, ob die beiden denn nicht für ein oder zwei Tage allein mit den Kindern zurechtkämen. »Länger wird es sowieso nicht dauern.«
»Nein, ich glaube, das geht nicht.«
Das Verb »glauben« ist für Verhörspezialisten von großer Bedeutung, denn es zählt zu den charakteristischen Formulierungen für eine Verleugnung – wie »ich kann mich nicht erinnern« oder »vermutlich nicht«. Seine Bedeutung: Ich winde mich, sage aber nicht einfach nein. Dance schloss daraus, dass das Paar die Kinder problemlos im Griff hatte.
»Ich weiß, es ist viel verlangt. Aber wir brauchen Ihre Hilfe.«
Nach einer Pause wartete die Frau mit Ausrede Nummer zwei auf: »Selbst wenn ich weg könnte, habe ich kein Geld für die Reise.«
»Wir fliegen Sie in einem Privatjet ein.«
»Einem Privatjet?«
»Einer Maschine des FBI.«
»Ach, herrje.«
Um Vorwand Nummer drei kümmerte Dance sich, bevor er zur Sprache kam: »Natürlich übernehmen wir auch Ihren Schutz. Niemand wird wissen, dass Sie hier sind, und Sie werden rund um die Uhr bewacht. Bitte. Werden Sie uns helfen?«
Wieder Schweigen.
»Ich muss erst fragen.«
»Ihren Bruder oder Ihren Vorgesetzten bei der Arbeit? Ich kann anrufen und...«
»Nein, nein, nicht die. Ich meine Jesus.«
Oh... »Nun ja, also gut.« Dance hielt kurz inne. »Könnten Sie Ihn ziemlich bald konsultieren?«
»Ich rufe Sie zurück, Agent Dance.«
Sie legten auf. Dance rief Winston Kellogg an und ließ ihn wissen, dass sie auf eine himmlische Intervention warteten. Er wirkte amüsiert. »Das nenne ich ein echtes Ferngespräch.« Kathryn beschloss, auf keinen Fall Charles Overby wissen zu lassen, wessen Erlaubnis benötigt wurde.
War diese ganze Sache wirklich so eine gute Idee?
Als Nächstes wählte sie die Nummer von Women’s Initiatives in San Diego und ließ sich zu Rebecca Sheffield durchstellen. »Hallo, hier ist noch mal Kathryn Dance aus Monterey. Ich wollte...«
»Ich verfolge seit vierundzwanzig Stunden die Nachrichten«, fiel Rebecca ihr ins Wort. »Was ist passiert? Sie hatten ihn fast, und er konnte entwischen?«
»Leider ja.«
Rebecca seufzte barsch auf. »Na, kapieren Sie es jetzt?«
»Kapieren?«
»Das Feuer beim Gerichtsgebäude. Das Feuer bei dem Kraftwerk. Zweimal Brandstiftung. Sehen Sie das Muster? Er hat etwas gefunden, das funktioniert. Und er hat es noch mal getan.«
Genau das war Dance auch schon aufgefallen, aber sie verteidigte sich nicht, sondern erwiderte bloß: »Er ist anders als alle Ausbrecher, die wir bislang kennengelernt haben.«
»Das glaube ich gern.«
»Miss Sheffield, es gibt etwas...«
»Moment. Erst möchte ich etwas sagen.«
»Bitte sehr«, sagte Dance zögernd.
»Verzeihen Sie, aber Sie haben nicht die geringste Ahnung, wen Sie mit Pell vor sich haben. Sie müssen tun, was ich den Leuten in meinen Seminaren beibringe. Es geht darin um das Vorankommen im Beruf. Viele Frauen glauben, sie können sich mit Freundinnen auf einen Drink treffen und über ihre idiotischen Bosse herziehen oder über ihre Exmänner oder ihre prügelnden Freunde und – zack – sind sie geheilt. Tja,
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