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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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benutzten, blieben nur ein, höchstens zwei Jahre aktuell. Wie viele brillante Innovationen hatte Daniel Pell der Welt durch den Mord an Croyton wohl vorenthalten?
    Dance schlug in ihrem Notizbuch die Nummer von Samantha McCoys Arbeitgeber nach, rief dort an und bat darum, zu ihr durchgestellt zu werden. Falls die Frau sich meldete, wollte sie wortlos die Verbindung unterbrechen. Aber die Empfangsdame sagte, sie arbeite heute von zu Hause aus. Dance bedankte sich, rief TJ an und ließ sich per SMS eine Wegbeschreibung zum Haus der Frau zuschicken.
    Einige Minuten später klingelte ihr Telefon im selben Moment, in dem sie den CD-Spieler startete. Sie warf einen Blick auf das Display.
    Es war reiner Zufall, aber die Fairfield Four setzten ihren Gospelgesang ausgerechnet zu dem Zeitpunkt fort, als Dance den Anruf von Linda Whitfield entgegennahm, die sich aus ihrem Kirchenbüro meldete.
    »Amazing grace, how sweet the sound...«
    »Agent Dance...«
    »Bitte nennen Sie mich Kathryn.«
    »... that saved a wretch like me...«
    »Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass ich morgen früh bereitstehe, Ihnen zu helfen, falls Sie noch möchten.«
    »Ja, das wäre sehr gut. Jemand aus meinem Büro wird Sie anrufen, um die Einzelheiten zu regeln. Haben Sie vielen Dank.«
    »... I once was lost, but now am found...«
    Ein Zögern. »Gern geschehen«, sagte sie dann.
    Zwei von drei. Dance fragte sich, ob aus dem Familientreffen nun doch etwas werden würde.

... Dreiundzwanzig

    Im Sea View Motel saß Daniel Pell am offenen Zimmerfenster und tippte unbeholfen auf der Computertastatur.
    Es war ihm zwar gelungen, sich in San Quentin und Capitola Zugang zu Computern zu verschaffen, aber er hatte nicht die Zeit gehabt, sich eingehend damit zu beschäftigen. Nun saß er schon den ganzen Vormittag vor Jennies Laptop und surfte im Internet. Werbung, Nachrichten, Pornographie... einfach erstaunlich.
    Die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung waren sogar noch verführerischer als der Sex. Daher hatte Pell all die Schweinereien ignoriert und sich eifrig bemüht, mehr über gewisse Leute herauszufinden. Zuerst hatte er alles gelesen, was Jennie auf dem Computer gespeichert hatte – Rezepte, E-Mails und die Favoriten in ihrem Internetbrowser -, um sicherzustellen, dass sie im Wesentlichen die war, die sie zu sein behauptete (sie war es). Dann suchte er nach einigen wichtigen Namen aus seiner Vergangenheit, hatte aber nur wenig Glück. Er versuchte es beim Finanzamt, diversen Ordnungsämtern und dem Personenstandsregister, musste jedoch feststellen, dass fast alle Auskünfte gebührenpflichtig waren und man zum Bezahlen stets eine Kreditkarte benötigte. Und mit Kreditkarten war es wie mit Mobiltelefonen – sie hinterließen deutliche Spuren.
    Dann hatte er einen Geistesblitz und suchte in den Archiven der örtlichen Zeitungen und Fernsehsender. Das erwies sich als weitaus hilfreicher. Er machte sich jede Menge Notizen.
    Zu den Namen auf seiner Liste zählte »Kathryn Dance«.
    Er malte sogar fröhlich einen Rahmen um die beiden Worte.
    Die Suche verschaffte ihm zwar nicht alle gewünschten Informationen, aber sie war ein Anfang.
    Da er seine Umgebung stets im Auge behielt, fiel ihm ein schwarzer Toyota Camry auf, der auf den Parkplatz einbog und vor dem Fenster stehen blieb. Pell griff nach der Pistole. Dann verfolgte er lächelnd, wie der Wagen in exakt sieben Lücken Entfernung einparkte.
    Sie stieg aus.
    Braves Mädchen.
    Sie bleibt standhaft ...
    Sie kam ins Zimmer.
    »Du hast es geschafft, Liebling.« Pell schaute zu dem Camry. »Sieht gut aus.«
    Sie küsste ihn hastig. Ihre Hände zitterten. Und sie bekam ihre Aufregung nicht in den Griff. »Es lief großartig! Wirklich, Schatz. Zuerst war er irgendwie skeptisch, und ich dachte, er würde nicht mitmachen. Die Sache mit den Nummernschildern hat ihm nicht gefallen. Aber ich habe alles getan, was du mir gesagt hast, und er war einverstanden.«
    »Gut für dich, Liebling.«
    Jennie hatte neuntausendzweihundert Dollar abgehoben, um den Ausbruch zu bezahlen und sie beide vorläufig über Wasser zu halten. Mit einem Teil dieses Geldes war sie nun nach Marina gefahren und hatte dort aus privater Hand ein Auto gekauft. Es wäre zu riskant gewesen, den Wagen auf ihren Namen anzumelden, also hatte sie den Verkäufer überredet, seine Nummernschilder dranzulassen. Sie hatte ihm erzählt, ihr Auto sei in Modesto liegen geblieben, und sie würde die Kennzeichen in ein oder zwei Tagen bekommen.

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