Die Menschenleserin
mussten von den Gästen selbst bezahlt werden, Hühnchen und Fisch, offener Wein, fünfzehn Minuten für den erneuten Austausch des Jaworts, Tanz zur Musik eines DJ. Und nun plauderten sie noch ein wenig bei einer Tasse Kaffee, bevor Susan in ihr Büro zurückkehren und einen Kostenvoranschlag erstellen würde.
»Man sollte meinen, die würden ihn inzwischen wieder eingefangen haben.« Dann sah Gutierrez nach draußen und runzelte die Stirn.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Susan.
»Ich weiß, es klingt komisch. Aber als ich hergekommen bin, ist mir ein Wagen aufgefallen. Und ausgestiegen ist ein Mann, der ein wenig wie der da ausgesehen hat.« Er nickte in Richtung des Fernsehers.
»Wer? Der Killer?«
Er nickte. »Und am Steuer saß eine Frau.«
Der Nachrichtensprecher hatte gerade erst wiederholt, dass Pell in Begleitung einer jungen Frau unterwegs war.
»Wohin ist er gegangen?«
»Ich habe nicht darauf geachtet. Ich glaube, zu dem Parkhaus neben der Bank.«
Sie schaute dorthin.
Dann lächelte der Geschäftsmann. »Aber das ist verrückt. Er ist bestimmt nicht hier.« Er wies nach draußen. »Was ist das dahinten für ein Plakat? Das hab ich schon mal gesehen.«
»Oh, für das Konzert am Freitag. Als Teil einer John-Steinbeck-Feier. Haben Sie was von ihm gelesen?«
»Na klar«, sagte Gutierrez. » Jenseits von Eden . Das rote Pony. Sind Sie mal in King City gewesen? Das gefällt mir sehr. Steinbecks Großvater hatte dort eine Ranch.«
Sie legte sich ehrfurchtsvoll eine Hand auf die Brust. » Früchte des Zorns ist das beste Buch, das je geschrieben wurde.«
»Und Sie sagen, es gibt am Freitag ein Konzert? Was für Musik?«
»Jazz. Sie wissen schon, wegen des Monterey Jazz Festivals. Das ist meine Lieblingsmusik.«
»Ich mag sie auch gern«, sagte Gutierrez. »Ich gehe zum Festival, wann immer ich kann.«
»Wirklich?« Susan widerstand dem Impuls, seinen Arm zu berühren.
»Womöglich laufen wir uns ja beim nächsten Mal über den Weg.«
»Wissen Sie«, sagte Susan, »ich wünschte, es würden mehr Leute solche Musik hören. Echte Musik. Kinder interessieren sich leider nicht dafür.«
»Das können Sie laut sagen.« Gutierrez prostete ihr mit seiner Tasse zu. »Meine Ex lässt zu, dass unser Sohn Rap hört. Haben Sie mal auf manche der Texte geachtet? Widerlich. Und er ist erst zwölf Jahre alt.«
»Das ist keine Musik«, verkündete Susan und dachte: So. Er hat eine Ex. Gut. Sie hatte sich geschworen, mit keinem Mann über vierzig auszugehen, der nicht verheiratet gewesen war.
Er zögerte. »Gehen Sie denn auch hin?«, fragte er dann. »Zu dem Konzert am Freitag?«
»Ja, das habe ich vor.«
»Nun, ich weiß nicht, ob es Ihnen gelegen kommt, aber wenn Sie sowieso hingehen wollten, könnten wir uns doch dort treffen.«
»Oh, César, das wird ein lustiger Abend.«
Sich treffen ...
Heutzutage war das so gut wie eine förmliche Einladung.
Gutierrez streckte sich und sagte, er müsse nun aufbrechen. Dann fügte er hinzu, es habe ihn gefreut, sie kennenzulernen, und gab ihr ohne zu zögern die heilige Dreieinigkeit der Telefonnummern: Arbeit, zu Hause und mobil. Er nahm seine Aktentasche, und sie gingen gemeinsam zur Tür. Susan fiel jedoch auf, dass er innehielt und seine Augen hinter der Brille mit dem schwarzen Gestell durch die Lobby schweiften. Er runzelte erneut die Stirn.
»Stimmt etwas nicht?«
»Ich glaube, das ist der Kerl«, flüsterte er. »Der mir vorhin aufgefallen ist. Da, haben Sie ihn gesehen? Er war hier im Hotel und hat in unsere Richtung geschaut.«
Das Foyer stand voller tropischer Pflanzen. Susan glaubte, am Rande jemanden wahrgenommen zu haben, der sich umgedreht hatte und hinausgegangen war.
»Daniel Pell ?«
»Das kann nicht sein. Es ist töricht... Einfach nur, Sie wissen schon, die Macht der Einbildung oder so.«
Sie gingen zur Tür und blieben stehen. Gutierrez sah hinaus.
»Er ist weg.«
»Sollten wir vielleicht jemandem an der Rezeption Bescheid geben?«
»Ich rufe die Polizei an. Vermutlich liege ich falsch, aber was kann es schon schaden?« Er nahm sein Mobiltelefon aus der Tasche und wählte den Notruf. Dann sprach er einige Minuten und unterbrach schließlich die Verbindung. »Die haben gesagt, sie würden jemanden schicken, der nachsieht. Aber begeistert haben sie nicht geklungen. Kein Wunder. Wahrscheinlich kriegen die pro Stunde hundert solcher Anrufe. Falls Sie möchten, begleite ich Sie zu Ihrem Wagen.«
»Von mir aus gern.« Sie machte sich
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