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Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu

Titel: Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hideo Okuda
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für Ihr Stethoskop vergessen, hätte ich wohl kaum einen Nachteil davon. Und eine Begrüßung ist wie eine Vorspeise zum Hauptgericht. Mit dem eigentlichen Anliegen hat sie nichts zu tun.«
    »Hmm«, nickte Irabu mit verschränkten Armen. »Mit anderen Worten: In Ihrem Gehirn ist die Rationalisierung der Dinge schon weit fortgeschritten.«
    »Sie sagen es. Weg mit allem Überflüssigen. Ach ja, damit Sie es gleich wissen: Kommen Sie mir bitte nicht mit irgendwelchen angestaubten Weisheiten über die Freuden des Lebens oder ›der wahre Reichtum liegt im Überflüssigen‹.«
    Irabu schwieg.
    »Mir ist jeder Tag vergnüglich und anregend zugleich, und auch wenn ich das vielleicht nicht an die große Glocke hängen sollte: Ich verdiene mehr als genug.«
    Irabu schmollte und blickte nach unten.
    »Ich denke, dass ich unter diesen Umständen wohl kaum noch hierherkommen muss.«
    Irabu schaute auf.
    »Wie wär’s mit einer Spritze?«
    »Die brauche ich auch nicht.«
    Irabu strich mit den Fingern über die Armlehne seines Sessels. »Sehr ärgerlich«, sagte er niedergeschlagen.

    Ah, das tat gut, einen Dummkopf einzutüten, lachte sich Takaaki ins Fäustchen. Eigentlich sollte er sich ein Krankenhaus kaufen, um auch in der Welt der Medizin die Rationalisierung des Denkens und Handelns voranzutreiben.
    In dem Moment öffnete sich der Vorhang, und wie schon beim letzten Mal erschien wieder diese Krankenschwester. Mayumi hieß die, wenn er sich recht erinnerte. In ihrer linken Hand hielt sie eine Spritze, in der rechten einen kleinen Wascheimer aus Blech. Mit dieser merwürdigen Kombination kam sie näher. Ohne Vorwarnung schlug sie den Wascheimer scheppernd auf seinen Kopf.
    »Herr Doktor, wie können Sie zulassen, dass dieser freche Patient sich hier so arrogant verhält?«, sagte sie in ihrer schläfrigen Stimme. »Dem verpassen wir eine Spritze, ohne groß zu fragen.« Sie nahm die Spritze in die rechte Hand.
    »Stimmt, wo du Recht hast, hast du Recht.«
    Von Mayumi angetrieben erhob sich Irabu. Er bog seinen Hals kurz nach links und nach rechts, machte die Augen weit auf, grinste und packte Takaakis Arm.
    »Tja, so sieht’s aus.«
    »Mo … Moment mal …«
    »Na na, nur nicht aufregen.«
    »Warum soll ich mich nicht aufregen? Wenn Sie gewalttätig werden, verklage ich Sie! Und Sie können sich darauf verlassen, dass ich das in meinem Blog veröffentliche. Wenn das im Internet bekannt wird, dann sind Sie und Ihre Klinik erledigt.«
    »Es mag Ihnen vielleicht etwas brutal erscheinen, doch so sind die Methoden in der Psychiatrie.«
    »Nie im Leben!«
    »Doch, doch«, beharrte Irabu mit rötlichem Gesicht.
    Mayumi zog die Mundwinkel nach oben und brachte die Spritze näher.

    »Tut mir leid, doch hier bekomme ich für Spritzen eine Zulage. Ich habe seit kurzem mit einer eigenen Rockband angefangen und hatte einige Ausgaben.«
    Sie desinfizierte eine Stelle auf seinem Arm und stach zu.
    »Au!« Takaaki verzog das Gesicht, ohne aber seine Augen von Mayumis Ausschnitt zu lassen.
    »Das war’s auch schon.« Sie streichelte ihn an der Stelle, auf der eben der Eimer gelandet war. Mit ihren wohlgeformten Hüften wackelte sie wieder hinter den Vorhang. Takaaki wusste nicht, wie er sich jetzt verhalten sollte.
    »Das nennt man übrigens Zwangstherapie. Ist in der modernen Medizin zur Zeit ziemlich populär«, erklärte Irabu mit bemüht unschuldigem Gesicht.
    »Erzählen Sie mir doch nicht so etwas! Davon habe ich noch nie gehört«, protestierte Takaaki mit rotem Gesicht.
    »Das macht man doch auch bei Bewerbungsgesprächen. Die Bewerber unter Druck setzen, um zu sehen, wie sie reagieren. Das hier ist genau dasselbe.«
    »Aha, mit Blecheimer und Spritze!«
    »Na ja, das geschah mit der Absicht, Sie in eine absurde Situation zu versetzen. Hat doch gut geklappt, oder nicht?«, meinte Irabu selbstzufrieden mit stolzgeschwellter Brust.
    Takaaki wollte etwas erwidern, doch fiel ihm nichts ein. Was ging hier eigentlich vor sich, und warum musste er sich mit diesem bekloppten Arzt abgeben?
    »Aber wissen Sie, was ich denke, Herr Anpo? Sie haben in Ihrem Leben noch nie unter jemandem gearbeitet und haben deswegen eine übertriebene Art entwickelt, alles nur noch unter rationalen Gesichtspunkten zu sehen.«
    »Was meinen Sie?«
    »Wer bei einer Firma als ganz normaler Firmenangestellter arbeitet, hat in der Regel immer irgendwo einen dämlichen
Vorgesetzten. Dem würde er gerne widersprechen, doch das kann er nicht, weil er eben der

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