Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu
wollte, folgte er bereitwillig. Dafür ließ er es sich auch nicht nehmen, ausgiebig Mayumis Ausschnitt zu genießen.
»Mayumi-chan, wollen Sie nicht meine Sekretärin werden?«, neckte er sie, und wieder schepperte der Blecheimer auf seinen Kopf. So grob hatte man ihn schon lange nicht mehr behandelt.
»Herr Anpo, was halten Sie davon, wenn wir dem Kindergarten hinter dem Gebäude einen kleinen Besuch abstatten?«, fragte Irabu.
»Zu einem Kindergarten? Wozu das denn?«
»Zum Hiragana lernen.«
»Sie nehmen mich auf den Arm, ja? Warum soll ich gerade jetzt Hiragana lernen?«
»Kommen Sie, seien Sie kein Spielverderber. Der Kindergarten gehört zu uns, und ich habe den Kindergärtnerinnen versprochen, dass ich Anponmann mitbringe. Sie sind doch zur Zeit so populär.«
Irabu zupfte Takaaki schelmisch am Ärmel.
»Nein danke. Zunächst einmal bin ich viel zu beschäftigt.«
»Nur ein bisschen, bitte, bitte!«
Irabu zog ihn hoch und hinter sich her aus der Praxis. Wieso ließ er sich darauf nur ein?, fragte sich Takaaki.
»Das ist doch gar nicht Anpanmann!«
Das war das Erste, was die um sie herumtobenden Kinder schrien, als sie zum Kindergarten gingen, der sich »Irabu-Privatkindergarten« nannte.
»Sch-sch, der hier heißt ja auch Anp o nmann. Kinderchen, spielt mal schön da drüben«, scheuchte Irabu sie weg und zog Takaaki in den Unterrichtsraum. Die dort versammelten jungen Kindergärtnerinnen schrien entzückt auf, kaum dass sie den illustren Gast erkannten, und wurden rot, als wäre ein Filmstar zu Besuch gekommen.
»Hallo, zusammen«, begrüßte Takaaki sie jovial. Er war an derartige Reaktionen zwar gewöhnt, doch empfand er in Augenblicken wie diesen eine große Freude, berühmt geworden zu sein. Seit einiger Zeit häuften sich auch die Kennenlernpartys mit Fernsehprominenten und Ansagerinnen. Was die übrigen jungen Frauen anbetraf, so war er sicher, dass er jede bekommen könnte, die er haben wollte.
»Sehen Sie! Ich hab’s doch gesagt. Jetzt darf ich aber auch wie
abgesprochen die Spritzen zur Vorbeugung im Frühling geben, ja?«
Irabu warf sich selbstzufrieden in die Brust. Takaaki fühlte sich auf einmal sehr matt. Er wurde anscheinend hier für eine Wette missbraucht. Inzwischen sammelten sich die Kinder im Unterrichtsraum. Sie waren überraschend niedlich. Mit seinen zweiunddreißig Jahren hätte auch er schon Vater sein können. Jetzt, wo er schon einmal da war, wollte er sich auch den Unterricht anschauen. Sie waren gerade beim Hiraganalernen.
»Also, wer von euch kann mikan - Mandarine schreiben?«
»Ich!«, schrien mehrere Kinder gleichzeitig und streckten die Arme nach oben. Ein Junge wurde aufgerufen und kam nach vorne an die Tafel. Er schrieb die drei Silben des Wortes in einer krakeligen Schrift, die Ähnlichkeit mit einem sich windenden Wurm hatte. Noch dazu war die letzte Silbe seitenverkehrt.
»Mit wie viel Jahren fangen die Kinder mit Lesen und Schreiben an?«, fragte er Irabu.
»Ich denke, mit durchschnittlich fünf Jahren.«
So war das also. Der Mensch war ein Lebewesen, das bis zum fünften Lebensjahr nicht schreiben konnte.
»Und wer kann gohan - Reis schreiben?«
»Hier!«, rief neben ihm Irabu und reckte die Hand. »Lassen Sie ihn mal schreiben«, zeigte er auf Takaaki. »Er befindet sich gerade in einer Therapie gegen Hiragana-Alzheimer.«
»Wer hat hier Alzheimer!«, empörte sich Takaaki.
»Na gut, dann schreiben Sie doch mal.«
Auch die Kinder feuerten ihn an: »Schreiben! Schreiben!«
Auf einmal wurde ihm heiß. Wie war das nur möglich, wo er doch sonst so beherrscht war? Da er keinen Rückzieher machen konnte, ging er vor die Tafel und nahm die Kreide in die Hand. Hmm, wie sah ha noch mal aus? Bei runden Hiragana schien er unsicher zu werden. Gütiger Himmel!
An der Tafel stand nun gosun .
»Das stimmt nicht, das stimmt nicht!«, schrien die Kinder wild durcheinander. »Wieso weiß das ein Erwachsener nicht?«, rief eines dazwischen.
Takaaki schwitzte am ganzen Körper. Die Kindergärtnerin spannte die Backen und ermahnte die Kinder.
Nun gaben die Kinder jede Zurückhaltung auf und betrachteten Takaaki als einen der ihren. Einige riefen sogar »Doofkopp, Doofkopp!«.
Das durfte doch nicht wahr sein! Er, der als Absolvent der Universität von Tokio zur Elite seiner Generation gehörte, ein Dummkopf?
Als Nächstes spielten sie das Spiel Anpanman-Karuta . Auf dem Boden des Zimmers wurden Karten ausgebreitet und die Kindergärtnerin las einen
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