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Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Titel: Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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lief er um das vordere Feuer, setzte über das zweite hinweg und hob ein Sichelschwert vom Boden auf. Eine der Mumien hatte es verloren, bevor sie gänzlich verbrannt war. Der Griff war warm, fast heiß, aber nicht so schlimm, dass er ihn nicht hätte halten können. Die Waffe kam ihm klobig vor, die Gewichtung der Klinge eigenwillig. Aber er würde nicht zulassen, dass andere für ihn kämpften und er tatenlos dabeistand. Er packte die Waffe mit beiden Händen und stürzte sich in den Kampf.
    Der Anführer der drei sprang geschickt vor und zurück, wich Schwerthieben aus und fügte einem Mumienkrieger zahlreiche Wunden zu. Dann drang der Säbel in einem Feuerwerk aus Hieben und Stichen durch die Verteidigung des Kriegers und enthauptete ihn. Wieder wölkte Staub in alle Richtungen, aber es floss kein Blut. Der Torso brach zusammen. Serafin begriff rasch, dass dies der beste Weg war, um eine Mumie zu besiegen: Die Magie der Ägypter wirkte sich auf das tote Gehirn aus, ohne Schädel wurden sie wieder zu gewöhnlichen Leichen.
    Und dann traute er seinen Augen nicht, als er endgültig erkannte, wer ihn gerettet hatte. Jeden hätte er erwartet, aber nicht ihn.
    Die beiden anderen Kämpfer hatten alle Hände voll zu tun, sich die letzte Mumie vom Hals zu halten. Serafin unterstützte sie mit dem schweren Sichelschwert, so gut es nur ging, während der Anführer vorpreschte, einem Revolverschuss des Gesandten auswich, ihn bis zur Brücke verfolgte und dort oben mit überkreuzten Säbelhieben niederstreckte.
    Schließlich fiel auch die letzte Mumie. Serafin blickte mit rasselndem Atem über die Piazza. Im flackernden Schein der Feuer war deutlich die Spur aus toten Katzen zu sehen. Er schwor sich, nie wieder, unter gar keinen Umständen, das Katzenvolk um Hilfe zu bitten. Er hatte eigennützig gehandelt, unüberlegt, und sein Leben mit dem dieser armen Geschöpfe dort vorn erkauft.
    Einer seiner Mitstreiter legte ihm eine Hand auf den Unterarm. »Wenn es stimmt, was ich über die Freundschaft der Diebe mit den Katzen gehört habe, dann haben sie ihre Entscheidung selbst getroffen.«
    Serafin wandte sich zu ihm um und blickte Tiziano ins Gesicht. Der ehemalige Lehrjunge des Arcimboldo lächelte schief, dann bückte er sich und wischte den Staub auf seiner Säbelklinge am Rüstzeug eines Mumientorsos ab. Boro, der zweite Kämpfer, trat neben ihn und tat es ihm gleich.
    »Danke.« Serafin fand selbst, dass es ein wenig herzlicher hätte klingen können, aber er war noch immer zu erstaunt, dass gerade sie ihm zu Hilfe gekommen waren. Wobei Tiziano und Boro im Grunde ihres Herzens vielleicht nie schlechte Kerle gewesen waren - zumindest hatte Merle das behauptet; ihr Problem war vielmehr, dass sie zu eng mit Dario befreundet waren. Dario, der älteste Lehrjunge Arcimboldos und Serafins Erzfeind aus jener Zeit, als er sich von der Meisterdieberei zurückgezogen hatte, waren einander spinnefeind. Am Kanal der Ausgestoßenen, in Arcimboldos Werkstatt, hatte Dario Serafin einmal sogar mit dem Messer angegriffen.
    Und ausgerechnet Dario, der ihm verhasster war als kaum ein anderer, den er für hinterhältig, verlogen und feige gehalten hatte, ebendieser Dario kam jetzt quer über die Piazza auf ihn zu und schob achtlos seinen Säbel zurück in die Scheide, mit dem er eben noch Serafins Leben gerettet hatte.
    Dario baute sich vor Serafin auf, musterte ihn, dann grinste er. Aber es wirkte nicht freundlich, nur überheblich und schlichtweg unausstehlich. Ganz der alte Dario.
    »Sieht so aus, als wären wir gerade noch rechtzeitig gekommen.«
    Tiziano und Boro wechselten einen Blick, der peinlich berührt wirkte, aber keiner von beiden ergriff das Wort.
    »Besten Dank«, sagte Serafin, dem noch immer nichts Besseres einfiel. Abzustreiten, dass er die Hilfe der drei bitter nötig gehabt hatte, wäre dumm und durchschaubar gewesen - und außerdem genau die Art von Antwort, die Dario selbst in seiner Lage gegeben hätte. Stattdessen, und um sich noch stärker von seinem einstigen Widersacher abzugrenzen, setzte er mit seinem herzlichsten Lächeln noch ein Kompliment hinzu: »Du kannst gut mit dem Säbel umgehen. Hätte ich dir nicht zugetraut.«
    »Manchmal täuscht man sich in anderen, hm?«
    »Gut möglich.«
    Boro und Tiziano sammelten ihre Fackeln auf und rieben sie an den Fassaden, bis die Glut erlosch. Erst jetzt bemerkte Serafin die bauchigen Flaschen, die sie an ihren Gürteln trugen. Darin musste sich die Flüssigkeit befinden,

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