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Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Titel: Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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satt, die ganze Zeit auf deinem Rücken rumzusitzen« - sie lächelte flüchtig -, »ich meine, nichts gegen deinen Rücken, aber ich kann einfach nicht so… so untätig sein. Darin war ich noch nie besonders gut.«
    Der Löwe verzog seine Lefzen, was Merle erst nach einem Augenblick als Grinsen erkannte. »Du bist ein ziemlich tapferes Mädchen. Und ein völlig verrücktes.«
    Sie strahlte ihn an. »Dann machen wir’s?«
    Vermithrax leckte sich mit der Zungenspitze über seine fingerlangen Fangzähne. »Ja«, sagte er nach einem weiteren Blick über den Abgrund, »ich denke, wir versuchen’s einfach.«
    »,Einfach’«, sagte die Königin stöhnend, »da war’s schon wieder.«

Junipas Schicksal

    »Was soll das heißen?«, brüllte Dario, »Du willst noch mal eben fort?«
    Serafin hielt seinem Blick mühelos stand. Es hatte ihn nie sonderlich beeindruckt, wenn man ihn anschrie. Meist war Lautstärke nur ein Zeichen von Schwäche. »Es bedeutet genau das, was ich gesagt habe. Dass ich vor dem Angriff noch einmal wegmuss. Und mach dir keine Sorgen, General Dario: Ich habe nicht vor, aus deiner Armee von Helden zu desertieren.«
    Dario kochte vor Wut, und er sah jetzt aus, als täte es ihm Leid, dass er nicht mehr als zwei Fäuste hatte, die er ballen konnte. »So läuft das hier nicht«, sagte er scharf, leiser zwar, aber nicht weniger zornig. »Du kannst dich nicht einfach für ein paar Stunden verabschieden, während wir uns darauf vorbereiten, den Dogenpalast -«
    Serafin unterbrach ihn. »Vielleicht musst du dich vorbereiten. Ich muss es nicht. Ihr habt mich gebeten« - er betonte das Wort besonders genüsslich -, »euch zu helfen, weil ihr wisst, dass ich der Einzige bin, der überhaupt nur den Hauch einer Chance hat, in den Palast hineinzukommen. Weißt du, Dario, die Regeln sind ganz einfach: Ich versuche, in den Palast einzudringen, und wer mir folgen will, tut exakt das, was ich sage.
    Wenn nicht, bleibt er entweder hier oder ist wahrscheinlich innerhalb der ersten paar Minuten ein toter Mann.« Er wählte mit Absicht so dramatische Worte, weil er das Gefühl hatte, Dario auf diese Weise am besten packen zu können. Außerdem hatte er diese Diskussion schon satt, bevor sie wirklich begonnen hatte.
    »Deine Instinkte in allen Ehren«, sagte Dario mühsam beherrscht, »aber -«
    »Mit Verlaub: Meine Instinkte sind alles, was ihr habt.« Serafin deutete auf die kleine Schar Rebellen, die sich im Speisesaal der Enklave versammelt hatte: ein Dutzend Jungen in seinem Alter, manche noch jünger, die meisten von der Straße. Sie hatten Übung darin, sich durchzuschlagen, zu stehlen und den Stadtgardisten ein Schnippchen zu schlagen. Einige trugen noch die zerlumpte Kleidung, in der sie aufgewachsen waren, und jene, die sich aus den Beständen im Haus der Sphinx neu eingekleidet hatten, wirkten geckenhaft, beinahe lächerlich in ihren bunten Hemden und Hosen. Die meisten dieser Stücke sahen aus, als hätte man sie für einen Maskenball zusammengetragen; erst nach einer Weile war Serafin klar geworden, dass die Kleider tatsächlich aus den unterschiedlichsten Jahrhunderten stammen mussten und in den Kisten und Truhen der Sphinx die Zeit überdauert hatten. Wieder einmal fragte er sich, wie lange Lalapeja schon hier in Venedig lebte. Sie selbst hatte ihm darauf keine Antwort gegeben.
    Dario hatte so viel Verstand gezeigt, seine neue Hose und das Hemd in samtigem Violett auszuwählen, dunkel genug, um mit der Nacht zu verschmelzen. Die anderen, die bei der Wahl ihrer Kleidung weniger sorgsam gewesen waren, würden hier bleiben. Sie wussten es noch nicht, aber Serafin würde dafür sorgen. Er konnte es sich nicht leisten, mit Begleitern aufzubrechen, die nicht mit jedem Gedanken bei der Sache waren.
    »Du bist nicht bei der Sache«, sagte Dario, als hätte er Serafins Gedanken gelesen, um nun sein eigenes Argument gegen ihn selbst zu verwenden. »Wir können uns nicht auf dich verlassen, wenn du die ganze Zeit etwas anderes im Kopf hast.«
    »Und genau aus dem Grund will ich noch mal fort.« Serafin achtete nicht auf die stummen Gesichter, die aufmerksam jedem Wort lauschten, das zwischen ihm und Dario gewechselt wurde. »Um meinen Kopf freizubekommen für das, was wir vorhaben, muss ich eine bestimmte Sache regeln. Ich darf nicht zulassen, dass sie mich ablenkt.«
    »Und was für eine Sache von weltbewegender Wichtigkeit soll das sein?«
    Serafin zögerte. War es das, worauf Dario hinauswollte? Nicht, wie er

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