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Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Titel: Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ursprünglich angenommen hatte, ihn vor allen Anwesenden zu blamieren. Auch nicht, seine Führungsqualitäten in Abrede zu stellen (und Serafin wäre der Erste gewesen, der ihm darin zugestimmt hätte: Er war nie ein guter Anführer gewesen, immer nur ein Einzelgänger). Nein, Dario war neugierig. Vielleicht ahnte er sogar, was Serafin vorhatte. Und schämte sich.
    Lalapeja, dachte Serafin. Sie hat es ihm erzählt. Und jetzt versucht er, mich vor den anderen schlecht zu machen, weil er sich selbst schlecht fühlt. In Wahrheit beschimpft er nicht mich, sondern sich selbst.
    »Ich will zum Kanal der Ausgestoßenen«, sagte er und beobachtete jede Regung in Darios Gesicht, jeden Hauch einer Emotion, die über Zorn hinausging. Mit einem Mal waren Darios Züge ein einziges Schuldbekenntnis.
    »Was könntest du da wollen?«, fragte Dario leise. Sein Tonfall war ein anderer als noch vor wenigen Atemzügen. Ein Raunen ging durch die Reihen der Rebellen.
    »Ich will in Arcimboldos Zauberspiegelwerkstatt«, sagte Serafin. »Ich muss nach ihm sehen, und nach Unke. Und, vor allem, nach Junipa.« Er senkte seine Stimme so weit, dass nur noch Dario ihn verstehen konnte. »Ich muss sie dort wegholen. Irgendwohin, wo sie sicher ist. Ansonsten wird sie die nächsten Tage nicht überleben. Und Arcimboldo vermutlich ebenfalls nicht.«
    Dario starrte ihn aus verengten Augen an, als könnte er durch ihn hindurch in sein Innerstes blicken. »Jemand will Arcimboldo töten?«
    Serafin nickte. »Ich fürchte, dass es darauf hinausläuft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er ihnen Junipa tatsächlich ausliefert. Und wenn er sich weigert, werden sie ihn töten.«
    »Ausliefert? An wen? An die Ägypter?«
    Serafin packte Dario am Oberarm und führte ihn von den anderen fort, durch eine Tür in ein Nebenzimmer, wo sie ungestört reden konnten. »Nicht die Ägypter«, sagte er.
    »Wer sonst?«
    Serafin sah nachdenklich aus dem Fenster. Draußen war es dunkel geworden. Noch in dieser Nacht wollten sie in den Palast eindringen. Laut den Berichten ihrer Späher hatte der Pharao erst vor wenigen Stunden dort Einzug gehalten. Bis es so weit war, musste Serafin sich um Junipa, Arcimboldo und Unke gekümmert haben. Alles andere, auch der Kampf gegen die Ägypter, verblasste dagegen zur Bedeutungslosigkeit.
    Serafin gab sich einen Ruck und blickte Dario ins Gesicht. Eines wusste er mit Gewissheit: Ihm blieb keine Zeit mehr, Dario die Zusammenhänge zu erklären.
    »Komm einfach mit.«
    »Ist das dein Ernst?«
    Serafin nickte. »Du kannst gut mit dem Säbel umgehen. Viel besser als ich selbst.«
    In Darios Augen blitzte immer noch Widerwille auf, sich mit seinem alten Erzfeind zu verbünden. Doch da war auch noch etwas anderes: eine Spur von Erleichterung und, ja, Dankbarkeit. Denn Serafin machte es ihm leicht, ermöglichte ihm mitzugehen, ohne darum bitten zu müssen. Das war es, was Serafin am allermeisten überraschte. Dario wollte ihn begleiten, schon von Anfang an. Er hatte es nur nicht über die Lippen gebracht, nicht gegenüber Serafin.
    »Und die anderen?«, fragte Dario.
    »Werden warten müssen.«
    »Lalapeja?«
    »Sie auch.«
    Dario nickte. »Dann lass uns gleich aufbrechen.«
    Zurück im Speisesaal, gab Dario dem überraschten Tiziano den Befehl, das Kommando zu führen, bis sie zurück waren. Tiziano und Boro wechselten einen irritierten Blick, grinsten dann, und Tiziano nickte stolz.
    Die übrigen Jungen wollten wissen, was Dario und Serafin vorhatten, doch als Boro allen eine zweite Portion vom Abendessen versprach, erlahmte ihr Interesse, und sie wandten sich den dampfenden Schüsseln zu. Serafin lächelte, als er es sah. Im Herzen würden sie ihr Leben lang Straßenkinder bleiben, die jeder Mahlzeit entgegenfieberten.
    Serafin und Dario verließen die Enklave durch den Haupteingang, nachdem sie sichernde Blicke hinaus auf die Gasse geworfen hatten. Der Palazzo der Sphinx stand im Castello-Viertel, mitten in Venedig, aber heute Nacht wagte sich selbst hier keiner der Einwohner auf die Straße.
    Die willkürlichen Attacken der Mumienkrieger waren während des vergangenen Tages zu organisierten Patrouillen geworden - Venedig war dem Feind ohne Schlacht in die Hände gefallen, ohne jedes Eingreifen der Stadtgarde. Die verräterischen Ratsherren hatten früh genug dafür gesorgt, dass die Stadt kapitulierte, sobald die Königin fort und das feindliche Heer näher gerückt war. Die Angriffe der Mumientrupps auf Zivilisten in der vergangenen

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