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Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Titel: Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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nicht wahr?«
    Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Merle fiel ein, dass sie selbst vor ein paar Tagen daran gedacht hatte: wie lange es keinen echten Sommer und Winter mehr gab, dass Frühjahr und Herbst immer unmerklicher ineinander übergingen.
    Kein Wunder, dachte sie zynisch, wenn sich die beiden hier unten herumtreiben.
    »Und jetzt suchst du sie? Ist sie fortgegangen?«
    »Verschwunden. Von einem Tag auf den anderen.«
    »Du bist in sie verliebt.« Eine Feststellung, keine Frage. Jetzt, da sie sich einmal auf seine merkwürdige Geschichte eingelassen hatte, fiel es ihr immer leichter, ernsthaft mit ihm darüber zu sprechen. Es war wie ein absurdes Theaterspiel, in dem sie die Bühne mit ein wenig Verspätung betreten hatte.
    »Verliebt… Pah!« Er ließ das Wort zwischen ihnen treiben wie einen Eiskristall. »Niemals zuvor hat es eine stärkere Liebe gegeben. Nie einen herrlicheren Tag als den, an dem Winter zum ersten Mal seine Arme um Sommer legte.«
    »Er ist ein Mensch«, sagte die Königin.
    »Das klingt ziemlich… romantisch.«
    Winter blickte durch den offenen Steinschlund wehmütig zum Höllenhimmel empor. »Dort oben, in der Oberwelt, kann ich nichts berühren, ohne dass es zu Eis wird.« Seine Hand zuckte vor wie eine Schlange und bekam Merle am Bein zu fassen. Sie schrak zusammen. »Wenn ich dich so berühren würde, bliebe dir nicht mal die Zeit zu erschrecken. Du würdest auf der Stelle zu Eis erstarren.«
    Kühl streifte sie seine Hand ab. »Ach ja?«
    »Das ist mein Fluch. Mein ewiges Elend.«
    Er spielt Theater, dachte Merle, doch er hat keine Erfahrung mit Publikum. »Und hier unten?«, fragte sie höflich.
    »Nichts.« Er schüttelte den Kopf, als könne er es selbst nicht begreifen. »Kein Eis, nicht mal ein Hauch von Kälte. Hier bin ich ein Nichts, fast wie ein Mensch.«
    »Danke.«
    »So habe ich das nicht gemeint.«
    »Natürlich nicht.«
    Winter stieß einen Seufzer aus und zwirbelte eine weiße Haarsträhne zwischen seinen dürren Fingern. »Ich spreche nicht oft mit Menschen. Ich bemerke erst zu spät, wenn ich einen von euch verletze.«
    »Und Sommer?«
    Seine Augen bekamen wieder diesen verträumten Glanz, der sie erheiterte und zugleich ein wenig traurig machte. »Sommer ist wie ich. Und doch ganz anders.«
    »So was hört man oft von Liebespaaren«, sagte sie altklug.
    »Du denkst gerade an Serafin«, meldete sich die Königin zu Wort.
    »Tu ich nicht!«
    »Und ob!«
    Winters Augen verengten sich. »Das sind deine Selbstgespräche? «
    Merle schüttelte heftig den Kopf, in der leisen Hoffnung, dass der Königin in ihrem Kopf davon übel wurde - aber sie wusste, dass das Unfug war. »Schon gut.«
    »Da ist noch jemand.« Winter ließ sie nicht aus den Augen. »In dir. Ich kann ihn spüren.«
    Merle erschrak. Fühlte er wirklich die Präsenz der Fließenden Königin in ihren Gedanken? Sein Blick war so ernst, als hätte er sie gerade eines schweren Verrats bezichtigt.
    »Er weiß es«, flüsterte die Königin.
    Instinktiv rückte Merle ein Stück von ihm ab. Er machte keine Anstalten, ihr zu folgen. Vielleicht war er noch immer zu schwach. Nur seine Augen blieben fest auf sie gerichtet, klammerten sich an ihren Blick wie Kneifzangen.
    »Da ist niemand«, sagte sie ohne Überzeugungskraft. »Erzähl mir mehr von Sommer.«
    Er glaubte ihr nicht. Schließlich aber löste er seinen Blick von ihr. Es fühlte sich an, als hätte man zwei Eissplitter von ihrer Stirn gepflückt.
    »Sommer kann keine Menschen berühren, genau wie ich.«
    »Was würde passieren?« Sie kannte die Antwort schon, bevor er sie aussprach, und zufrieden dachte sie, dass sie ihn vielleicht doch ein wenig durchschaute. Sein Wahnsinn folgte festen Regeln.
    »Alles, was von Sommer berührt wird, muss verbrennen«, sagte er.
    Merle nickte. Sie konnte sich den Rest der Geschichte ausmalen. »Und deshalb ist es nur euch beiden möglich, euch zu berühren, ohne dass der andere zu Eis erstarrt oder in Flammen aufgeht. Stimmt’s? Die Wirkung hebt sich gegenseitig auf.«
    Winter legte den Kopf schräg. »Woher weißt du das?«
    »Ich habe« - beinahe hätte sie Phantasie gesagt - »geraten.«
    Er seufzte schon wieder. Allmählich übertrieb er es mit seiner Leidensmiene. »Sie war das erste Wesen, das ich je berühren konnte, ohne Angst zu haben. Umgekehrt war es genauso. Wir sind füreinander geschaffen.«
    »Ja«, sagte die Königin mürrisch, »das behaupten sie alle.«
    »Und du glaubst, sie ist hier? In der

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