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Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Titel: Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Hölle?«
    »Sie wurde entführt.«
    Wer entführte schon ein Wesen, das jeden in Brand setzt, der es anfasst? Aber Merle wollte nicht mit ihm streiten.
    Stattdessen stand sie auf, kletterte am Steinwulst der Riesenlippe hinauf und blickte darüber hinweg. Eigentlich hatte sie nur verhindern wollen, dass er sie wieder anstarrte, mit seinen dunklen, bodenlosen Augen.
    Ihr Atem stockte.
    »Winter?«
    Sie hörte es rascheln, als er sich mühsam aufrichtete und neben ihr auf der Brüstung erschien.
    »Ist es das?«, fragte sie tonlos.
    Aus dem Augenwinkel sah sie, dass er nickte.
    »Axis Mundi«, sagte er.
    Viele Kilometer vor ihnen wuchs eine Felswand in die Höhe, die vom Boden bis zur Decke der Hölle reichte. Es hätte das Ende dieser unterirdischen Welt sein können, wäre da nicht ein breiter Spalt gewesen. Was dahinter lag, war nicht zu erkennen.
    Dafür sah sie deutlich die beiden gigantischen Steinfiguren, die den Spalt flankierten. Abbilder von Menschen. Jede der Figuren musste mindestens fünfhundert Meter hoch sein, vermutlich sehr viel mehr. Sie standen ganz vorn, am Rand des Spalts, die Gesichter einander zugewandt. Beide hielten sich merkwürdig krumm, hatten die Oberkörper vorgebeugt. Ihre Arme waren ineinander verschlungen, als würden sie miteinander ringen.
    »Die Ewigen Kämpfer«, sagte Winter leise.
    »Nennt man sie so?«
    Er nickte. »Man erzählt überall von ihnen. Lord Licht hat sie errichten lassen. Siehst du, wie sie dastehen? Es heißt, auf Befehl Lord Lichts würden sie zum Leben erwachen, um ihren Kampf fortzusetzen. Und dabei alles zermalmen, das sich im Spalt aufhält.«
    Jetzt erst wurde Merle klar, dass die beiden Figuren ein Tor bildeten. Die Stadt musste sich gleich dahinter befinden, auf der anderen Seite der Felswand.
    »Ist das der einzige Zugang?«
    »Der einzige, von dem man weiß.«
    »Dann gibt es vielleicht noch andere?«
    »Keinen, den man kennt.«
    Merle verdrehte die Augen, sagte aber nichts. Stattdessen blickte sie hinab auf das Ödland am Fuß der Kämpfer. Dunkle, wimmelnde Linien zogen sich durch die Felsenwüste wie Ameisenstraßen. Tausende und abertausende von Lilim!
    Zwischen den Füßen der Kämpfer herrschte reges Kommen und Gehen, während endlose Karawanen den Weg nach Axis Mundi nahmen oder von dort zurückkehrten.
    »Sie müssen alle zwischen den Beinen der Figuren hindurch«, sagte sie schaudernd.
    »Das ist der Sinn. Es flößt ihnen Respekt ein.«
    »Es wird mir Respekt einflößen, wenn wir da durchfliegen.«
    Winter verzog einen Mundwinkel, vielleicht ein dünnes Lächeln. »Solange sie nicht zum Leben erwachen, kann uns nichts passieren.«
    »Sind sie das jemals? Lebendig geworden?«
    Er hob die Schultern. »Schon oft, wenn man den Legenden in den äußeren Regionen glaubt. Aber je näher man der Stadt kommt, desto weniger dieser Geschichten gibt es. Anscheinend hat es noch niemand mit eigenen Augen gesehen.«
    »Ein gutes Zeichen, schätze ich.«
    »Es könnte auch bedeuten«, sagte die Königin, »dass alle tot sind, die es gesehen haben.«
    Stumm rasten die Schädel dem Zentrum der Hölle entgegen. Je näher sie den beiden Steinriesen kamen, desto atemberaubender wurden sie, wahre Berge in Form zweier Menschen.
    Aber warum Menschen? Weshalb hatte Lord Licht sie nicht nach dem Vorbild der Lilim erschaffen?
    Oder gab es Lilim, die wie Menschen aussahen?
    Abermals rückte sie ein wenig von Winter ab, unauffällig, hoffte sie. Er bemerkte es trotzdem. In seinen Augen konnte sie lesen, dass er wusste, was sie dachte. Er kannte ihre Ängste. Aber er verteidigte sich nicht. Sagte kein Wort, wandte den Kopf und blickte wieder den Kämpfern entgegen.
    Als er seine Position änderte, war es, als würden er und sein Schatten sich in unterschiedliche Richtungen bewegen. Nur einen Moment lang. Vielleicht eine Täuschung. Merle sah wieder zum Tor der Höllenstadt.

Achse der Welt

    Sie waren nicht die Einzigen, die sich dem Felsspalt aus der Luft näherten. Merle konnte jetzt Kreaturen erkennen, die wie Stechmücken um die mächtigen Steinkolosse schwirrten, eine Vielzahl dunkler Punkte. Sie waren zu weit entfernt, um Einzelheiten zu erkennen.
    Merle und Winter gingen hinter dem Steinwulst in Deckung. Merle hoffte, dass auch Vermithrax sich tiefer in die Ohrmuschel zurückzog. Sie machte sich Sorgen um ihn. Er war allein und hatte niemanden, der ihm erklärte, was dort draußen vor sich ging. »Es geht ihm gut«, sagte die Königin beruhigend. Der erste Schädel,

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