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Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Titel: Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ein einziges Mal von den anderen unterbrochen. Selbst als Unke erzählte, welches Ziel sie der Hexe genannt hatte, widersprach niemand.
    Ägypten also, dachte Serafin. Und es fühlte sich auf absurde, albtraumhafte Weise richtig an.
    Eine oder zwei Stunden später begann das Wasser zu brodeln, und etwas Gewaltiges tauchte aus den Fluten empor.

Das Herz des Imperiums
    Die Sonnenbarke flog niedrig und folgte dem Verlauf des gefrorenen Nils. Winterwinde schüttelten sie, aber es fiel kein neuer Schnee, der sie hätte nach unten drücken können.
    Merle blickte durch einen der Sichtschlitze nach draußen. Das Land lag in strahlendem Weiß unter ihnen. Die einstmals grünen Ufer des Nils hoben sich kaum mehr von der Wüste ab, alles war unter der dicken Schneeschicht begraben. Nur hier und da stachen erfrorene Palmenhaine aus dem Eis, und einige Male sahen sie die Ruinen von Hütten, die Dächer zermalmt vom Gewicht der Schneemassen.
    Wo sind all die Menschen?, dachte sie.
    „Viel eicht erfroren", sagte die Königin in ihren Gedanken.
    Nur vielleicht?
    „Falls der Pharao sie nicht schon früher seiner Mumienarmee einverleibt hat."
    Du glaubst, er hat sein eigenes Volk ausgelöscht, um seine Armee zu bestücken?
    „Du darfst vom Pharao nicht als einem Ägypter denken. Er war schon zu seinen Lebzeiten vor über viertausend Jahren ein Teufel, aber seit die Horuspriester ihn wiedererweckt haben, ist er kein Mensch mehr. Ob das Volk, das hier am Nil gelebt hat, irgendwann einmal sein eigenes war, spielt für ihn keine Rolle mehr. Wahrscheinlich hat er zwischen den Menschen hier und denen in all den anderen Ländern, die er erobert hat, keinen Unterschied gemacht."
    Ein Land ohne Menschen? Aber für wen führt er dann diesen Krieg?
    „Nicht für das ägyptische Volk, das steht fest. Vermutlich nicht einmal für sich selbst. Du darfst den Einfluss der Horuspriester auf ihn nicht vergessen."
    Junipa lehnte neben Merle an der Barkenwand, hatte die Beine angezogen und die Arme um die Knie geschlungen. Merle spürte, dass Junipa sie beobachtete, mal offen, mal verstohlen, so als wartete sie auf ein Zeichen der Fließenden Königin. Merle hatte ihr berichtet, was ihr in Venedig widerfahren war, sehr knapp und im leisesten Flüsterton, den sie zu Stande brachte. Seth war gleich nach dem Start der Barke in eine Art Trance gefallen, die wohl nötig war, um das Gefährt zu steuern. Merle hatte ihn eine Weile lang beobachtet, dann hatte sie beschlossen, die Chance zu nutzen und Junipa alles zu erzählen. Das Mädchen mit den Spiegelaugen hatte zugehört, erst reglos, dann zunehmend aufgeregter. Aber es hatte nichts gesagt, keine Fragen gestellt, und nun saß Junipa da, und Merle konnte regelrecht spüren, wie es hinter der Stirn ihrer Freundin arbeitete.
    Merles Blick wanderte zu Seth hinüber, der im vorderen Teil der Barke auf einem Podest saß, das Gesicht dem Innenraum zugewandt. Eine Ader zeichnete sich auf seiner Stirn ab und verschwand unter dem goldenen Gitternetz. Seine Augen waren geschlossen. Und trotzdem glaubte Merle zu spüren, wie er mit unsichtbaren Fühlern nach ihr tastete. Schon einmal, bei ihrer ersten Begegnung, hatte sie das Gefühl gehabt, dass er geradewegs in ihr Inneres blickte - und dass er sah, wer sich dort verbarg.
    Sie fragte sich, ob die Königin ihre Empfindungen teilte, doch diesmal bekam sie keine Antwort. Der Gedanke, dass sogar die Fließende Königin den Obersten der Horuspriester fürchten könnte, machte ihr Angst.
    Seth steuerte die Barke durch die Kraft seiner Gedanken. Das goldene Gefährt schwebte dreißig Meter über dem Packeis des Nils, nicht allzu schnell, denn noch immer war die Decke aus Schneewolken über ihnen ungebrochen und kein Sonnenstrahl drang hindurch. Das diffuse Tageslicht reichte aus, die Barke in der Luft zu halten, aber es war nicht stark genug, um sie zu beschleunigen.
    Merle hatte angenommen, dass es im Inneren der Barke fremdartige Apparaturen und eine Art Konsole geben würde wie in den Dampfbooten, die in der venezianischen Lagune kreuzten. Doch da war nichts dergleichen. Der Innenraum war leer, die Metallwände schmucklos. Nicht einmal Sitzbänke hatte man eingebaut - die untoten Mumientrupps, die für gewöhnlich in den Barken transportiert wurden, legten keinen Wert auf Bequemlichkeit. Das Luftschiff hatte den Charme einer Gefängniszelle.

    Vermithrax stand angespannt vor Seth und ließ den Priester nicht aus den Augen. Die Schwingen hatte er angelegt, doch

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