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Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Titel: Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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der anderen Seite hast, bleibt der Spiegel durchlässig. Im Notfall brauchen wir nur nach hinten zu springen."
    Merle stimmte zu, auch wenn sie kaum hörte, was Junipa sagte. Sie war viel zu aufgeregt, in ihrem Kopf drehte sich alles.
    Hand in Hand traten sie durch den Spiegel.
    Blendende Helligkeit empfing sie. Ein Schneefeld, das von den Wänden und der Decke ins Unendliche gedehnt wurde. Eine Woge aus Lärm und Wut schlug ihnen entgegen, schlimmer als alles, was Merle erwartet hatte. Vermithrax stieß ein erschütterndes Brüllen aus, während er es mit zwei Sphinxen gleichzeitig aufnahm. Andrej und Seth kämpften Rücken an Rücken. Der rothaarige Spion lag leblos am Boden; der Hieb eines Sichelschwertes hatte ihn gefällt. Mehrere Mumienkrieger befanden sich in der Halle. Außerdem zählte Merle drei Sphinxe. Ein weiterer lag reglos am Eingang.

    „Merle!" Vermithrax hatte sie bemerkt, blockte den Schlag eines Schwertes mit der bloßen Pranke ab und zog dem Sphinx mit der anderen seine Krallen über die Brust. Blut floss in den Schnee und wurde gleich darauf vom Körper des zusammengebrochenen Sphinx verdeckt. Der zweite Sphinx zauderte, ehe er sich zu einem erneuten Angriff entschloss. Als er sah, dass sein Schwerthieb vom glühenden Obsidianleib des Löwen abprallte wie von einer Mauer, zog er sich zurück. Vermithrax setzte ein paar Sprünge hinterher, ließ seinen Gegner dann aber laufen.
    Andrej und Seth kämpften gemeinsam gegen den dritten Sphinx und drei Mumienkrieger. Die Untoten waren ihrem Anführer keine große Hilfe, immer wieder standen sie im Weg oder stolperten in die Attacken des Sphinx. Schließlich stieß auch dieser einen zornigen Schrei aus und stürmte davon, quer durch die Halle und durch das hohe Tor, hinter dem sich noch mehr Schnee erstreckte.
    Junipa stand nach wie vor in der Spiegelwand, halb in dieser, halb in der Spiegelwelt. Auch Merle hatte sich ihren Rat zu Herzen genommen und sich bislang bemüht, den Kontakt zum Spiegel nicht aufzugeben. Als sie nun aber sah, dass die Sphinxe in die Flucht geschlagen waren, wollte sie Junipas Hand loslassen und zu Vermithrax hinüberlaufen.
    Jemand packte sie plötzlich, riss sie von Junipa fort und schleuderte sie zur Seite. Mit einem Aufschrei prallte sie gegen einen Spiegel und fiel auf die Knie. Sofort saugte sich ihr Kleid voll mit eiskalter Feuchtigkeit.
    Als Merle aufschaute, sah sie Seth. Er hatte Junipas Hand gegriffen, stieß sich ab und riss sie mit sich durch die Spiegelwand. Kein Glas splitterte, und Merle kannte den Grund dafür: Das Tor war geöffnet, solange Junipa sich nicht vom Spiegel löste. Das Gläserne Wort blieb für sie und jeden, der sie berührte, wirksam. Auch für Seth.
    „Nein!" Merle sprang auf und rannte durch den Schnee auf den Spiegel zu. Aber sie wusste schon, dass sie zu spät kommen würde.
    Seth und Junipa waren fort. Merle wollte ihnen folgen, gegen besseres Wissen, und schlug mit der Schulter gegen das Glas. Die Spiegelwand knirschte, hielt aber stand.
    „Nein!", brüllte sie wieder, trat mit dem Fuß vor das Glas und hämmerte mit den Fäusten dagegen.
    Mit verwässertem Blick starrte sie in den Spiegel, doch statt ihrer Freundin und dem Hohepriester sah sie nur sich selbst, mit wildem, strähnigem Haar, roten Augen und glänzenden Wangen. Ihr Kleid war nass vom Schnee, aber sie spürte die Kälte kaum.
    „Merle", sagte Vermithrax ruhig, der plötzlich neben ihr stand.
    Sie hörte nicht auf ihn, trommelte weiter gegen den Spiegel, wirbelte herum und sank mit dem Rücken gegen das eisige Glas. Verzweifelt rieb sie sich die Augen, aber die Helligkeit um sie herum blendete sie jetzt noch stärker. Lichtreflexe bildeten gleißende Sterne und Kreise, alle klaren Formen verschwammen.
    Eine davon war Vermithrax. Eine andere Andrej, den der Steinlöwe mit sich geschleppt und zwischen ihnen in den Schnee gebettet hatte. Irgendwo im Hintergrund lagen die Mumienkrieger inmitten grauer Staubfontänen.
    „Sie ist fort", sagte der Löwe.
    „Das sehe ich, verdammt!"
    „Andrej stirbt, Merle."
    „Ich -" Sie brach ab, starrte Vermithrax an, dann den Zaristen, der ihr vom Boden eine Hand entgegenstreckte. Er flüsterte etwas in seiner Muttersprache, und es war offensichtlich, dass er jemand anderen in Merle sah als sie selbst.
    Vermithrax nickte ihr zu. „Nimm seine Hand", flüsterte er.
    Merle ließ sich auf die Knie sinken und umschloss Andrejs kalte Finger mit beiden Händen. Ihre Gedanken waren immer noch bei

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