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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Blick auf die Tür, die zu den Gemächern der Hausherrin führte. Dass der König unter diesem Dach weilte, versetzte alle in gehobene Stimmung. Niemand zweifelte daran, dass es Frau Donata gelingen würde, ihn dauerhaft oder wenigstens für länger an sich zu fesseln.
    So sahen auch alle anderen guten Zeiten entgegen. Als Geliebte des Königs würde sie in Pinetum bleiben und ihre in letzter Zeit oft wiederholte Drohung nicht wahr machen, die langweilige Zurückgezogenheit auf dem fränkischen Gut aufzugeben und nach Italien oder Griechenland zurückzukehren. Auch die Gefahr, die von der Königin und Remigius ausging, wäre damit stark verringert, so zum Beispiel die Umsiedlung der kleinen Gemeinschaft in eine entferntere Gegend.
    »Das wäre aber auch zu schade«, seufzte Tonia. »Wenn wir irgendwo in Wäldern und Sümpfen hausen … wer sollte uns dann noch so schöne Geschenke bringen?«
    »Eure Truhen müssen schon ziemlich voll sein«, vermutete Bobo. »Hier halten ja alle reichen Männer weit und breit ihre Andacht.«
    »Sogar bei uns in Le Mans wird der Name Donata schon geflüstert!«, bemerkte Jullus.
    »Und darin besteht die wirkliche Gefahr«, sagte Ursio und zog sein ältliches Kindergesicht in Sorgenfalten. »Zu viele wissen schon Bescheid. Es könnte jemand auf sie aufmerksam werden, der sie schon lange sucht und der auch den König nicht fürchtet.«
    »Du scheinst wieder mal mehr zu wissen als wir«, sagte Bobo säuerlich. »Sie hat demnach einen Feind.«
    »Ist es Baddo?«, fragte Jullus rundheraus.
    »Wie kommst du darauf?«, entgegnete Ursio.
    »Ich sah sie ja gestern zum ersten Mal«, sagte der junge Romane. »Sie hat große Ähnlichkeit mit einer Frau, die am Hof des Syagrius eine Rolle spielte. Und das erinnert mich auch an eine Geschichte …«
    »Die behalte lieber für dich!«, empfahl ihm der Krüppel rasch, mit einem Seitenblick auf die Frauen. »Die Ähnlichkeit täuscht natürlich. Jaja, sie täuscht! Und was Baddo betrifft … den hat Chlodwig da unten bei den Burgundern auf einen Posten gestellt, wo er bestimmt noch viel zu tun bekommt. Möglich, dass wir ihn nicht wiedersehen. Wahrscheinlich sogar. Aber das macht nichts, habe ich recht? Er gehörte ja niemals richtig zu uns.«

Kapitel 7
    In den nächsten Tagen schon begann es zu schneien. Es wurde ein langer, schneereicher, frostklirrender Winter. Straßen und Wege wurden unpassierbar, nicht einmal der Lauf der zugefrorenen Flüsse war unter den Schneemassen zu erkennen. Auch über kurze Entfernungen war die Verbindung monatelang unterbrochen.
    Chlodwig kam nicht nach Berny, und er kehrte nicht nach Soissons zurück. Den ganzen Winter über blieb er auf dem Gut Pinetum. Die fromme Gemeinschaft hatte sich auf die schlechte Jahreszeit gut vorbereitet, hatte Vorräte angelegt und sich auch auf Gäste eingerichtet, die länger blieben.
    Infolge der aufmerksamen Pflege durch die Hausherrin erholte der König sich bald. Zum ersten Mal seit langem hatte er viel Zeit. Er fand Gefallen am Müßiggang und an der gemächlichen Abfolge kurzer Tage und langer Nächte.
    Seine erfindungsreiche Geliebte sorgte dafür, dass er sich nicht langweilte. Sie lehrte ihn Brettspiele, die er früher verachtet hatte und denen er sich jetzt mit Eifer widmete, weit geschickter und erfolgreicher als sein einstiger Vorgänger in der Gunst seiner Lehrerin.
    Oft wurde auch vorgelesen, und Chlodwig konnte stundenlang den Abenteuern beim »Hinaufmarsch« der zehntausend griechischen Söldner lauschen, in einer lateinischen Übersetzung des Buches von Xenophon. Bis tief in die Nacht erörterte er dann noch beim Becher, meist nur allein das Wort führend, die tausend Jahre zurückliegenden Geschehnisse und verglich sie mit eigenen Erfahrungen bei Rückzügen und Gewaltmärschen.
    Bier und Wein genoss er jetzt schon manchmal im Übermaß. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass berauschende Getränke schmerzlindernd wirkten, und irgendeine seiner zahlreichen Blessuren schmerzte noch immer.
    Betrunken sank er dann ins Bett. Doch wenn er am Morgen mit schwerem Kopf und steifen Gliedern erwachte, ging er hinaus und machte sich rasch wieder munter, indem er sich von oben bis unten mit Schnee abrieb.
    Oder er nahm eine Axt und zerkleinerte Holz für die hypokaustische Heizung und für das Dampfbad.
    Zum ersten Mal lernte er auch die Freuden einer römischen Badeorgie schätzen, die sich tage- und nächtelang hinziehen konnte.
    Die Frauen – vorwiegend Töchter und Witwen

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