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DIE MEROWINGER: Familiengruft

DIE MEROWINGER: Familiengruft

Titel: DIE MEROWINGER: Familiengruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Hochzeit zurückhalten und ein Zusammensein mit ihrem künftigen Ehemann, dem König, möglichst vermeiden. Hier aber war dringend Hilfe vonnöten, und wenn diese jemand leisten konnte, war sie es.
    Inzwischen wusste sie schon sehr viel über Chlodwig. Während der Reise hatte sie gern mit dem netten Ansoald geplaudert und manches aus ihm herausgefragt. So zum Beispiel, dass Chlodwig in seinem Wesen dem Wetter glich, dass er dennoch erteilte Befehle nie widerrief, dass er auf Widerspruch meist mit Zorn reagierte und zu unerwarteten Gewalttaten neigte. Doch im Vertrauen darauf, dass der Eindruck anhielt, den sie sichtlich bei der kurzen und bisher einzigen Begegnung auf den König gemacht hatte, wagte sie es, zu ihm zu gehen.
    ***
    Chlodwig befand sich in dem kleinen Empfangssaal in der Gesellschaft seines Referendars, des Jullus Sabaudus, als Chlotilde und Albofleda durch die weit offene Tür, vorbei an der verdutzten Wache, eintraten. Die dicke Schwester des Königs hatte sich auf Weisung ihrer Mutter der Braut ihres Bruders angeschlossen, damit der Anstand gewahrt blieb.
    Sabaudus trug Chlodwig gerade einen Beschwerdebrief vor. Er unterbrach sich überrascht.
    Der König sprang von seinem Armstuhl auf und trat den beiden entgegen. Mit begeisterten Blicken verschlang er die Braut, die diesmal eine hoch gegürtete weiße Tunika mit breiten Purpurborten trug. Ihr schwarzes Haar, kaum gebändigt von einem schmalen silbernen Stirnreif, fiel offen auf die Schultern.
    »Freut mich!«, rief er aufgeregt. »Freut mich sehr! Ich dachte schon, du machst dich unsichtbar bis zur Hochzeit! Hier bitte … nimm Platz. Auch du, Albo … habt ihr euch angefreundet? Das ist gut, so ist es richtig! Das ist Jullus Sabaudus, ein kluger Mann, mein Referendar … Schade, das Wetter … Aber der Regen wird aufhören. Dann könnten wir ausreiten … oder wie wäre es mit einer Bootsfahrt … Wir könnten auch …«
    »Verzeih«, unterbrach ihn Chlotilde würdevoll, nachdem sie und Albo sich auf einer Sitzbank niedergelassen hatten. »Verzeih, aber ich bin nur gekommen, um dir ein Anliegen vorzutragen. Vergnügungen sollten wir noch verschieben bis nach unserer Hochzeit. Um was ich dich bitten will, ist etwas Ernstes und liegt mir am Herzen.«
    »Es ist schon gewährt!«, rief Chlodwig. »Jeder Wunsch, den dir ein König erfüllen kann!«
    »Versprich nicht zu viel. Dies ist meine erste Bitte an dich. Es würde enttäuschend für mich sein, wenn du sie zu erfüllen versprichst, dann aber dein Versprechen nicht hältst. Deshalb höre mich lieber erst an.«
    »Rede! Und nichts von Enttäuschung! Was immer du willst … nur zu!«
    »Ich bin Christin, das weißt du ja«, sagte Chlotilde, indem sie auf ihre im Schoß verschränkten Hände blickte. »Und ich bin hergekommen, weil deine Gesandten garantiert hatten, dass mich hier niemand hindern werde, meinem Gott zu dienen und mit meinen Glaubensbrüdern die heilige Messe zu feiern. Nur unter dieser Bedingung nahm meine fromme Mutter Caratene deinen Antrag entgegen. Und nur unter dieser Bedingung fanden sich meine Onkel Gundobad und Godegisel, die ebenfalls Christen sind, wenn auch Arianer, schließlich bereit, mich gehen zu lassen. In der Annahme, dass ihnen in deinem Land nichts Schlimmes widerfahren werde, haben sich viele meiner Glaubensbrüder dem Brautzug angeschlossen. Sie wollten damit zum Ausdruck bringen, dass der dreifaltige Gott der Christen mit mir ist und dass er unsere Heirat billigt. Deshalb loben sie den Herrn und preisen unablässig seine Güte und Gnade. Schon auf dem Wege hierher sangen sie Psalmen, und auch nachdem wir hier eingetroffen sind, werden sie nicht müde, durch Gebet und Gesang ihre Freude zu bekunden. Sie wollen damit auch unsere Hochzeit verschönern. Aber was höre ich jetzt? Ich kann nicht glauben, was mir berichtet wird. Sind die Zeiten zurück, da Christen ihrer Überzeugung wegen vertrieben und gedemütigt wurden? Sind wir in ein Land gekommen, wo Kreuze umgeworfen werden und wo man Betende mit Waffen bedroht und verjagt? Werde ich als deine Frau, König, meinem innig geliebten Heiland nur heimlich dienen dürfen? Werde ich hier im Palast keinen Ort finden, wo ich Zwiesprache mit meinem Gott halten kann? Solltest du nicht aufrichtig gewesen sein mit der Zusage, die deine Gesandten in deinem Namen abgaben?«
    Nun erst hob Chlotilde wieder den Kopf, und der fragende, vorwurfsvolle Blick ihrer großen dunklen Augen traf den König. Er stand mit gebeugtem

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