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DIE MEROWINGER: Familiengruft

DIE MEROWINGER: Familiengruft

Titel: DIE MEROWINGER: Familiengruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Rücken vor ihr, doch obwohl er mehrmals den Mund aufgetan hatte, um zu antworten und sich zu rechtfertigen, hatte der gleichförmige Redestrom der Burgunderin ihn nicht zu Worte kommen lassen. Jetzt aber war er plötzlich um eine Antwort verlegen. Er wandte sich ab und machte mit beiden Armen eine Bewegung, so als wüsste er nicht, was er darauf sagen sollte.
    »Prinzessin«, sagte er schließlich, nachdem er sich mehrmals geräuspert hatte. »Wir dienen hier unseren eigenen Göttern, an die unsere Väter schon glaubten. Unser Heil hängt von ihnen ab, wir dürfen sie nicht erzürnen. Deshalb kann ich leider nicht dulden …«
    »Ich bitte dich, antworte mir!«, wiederholte sie leise, aber in strengem Tonfall, indem sie ihn weiter unverwandt ansah. »War deine Zusage, mir meinen Gott nicht nehmen zu wollen, nicht aufrichtig? Gabst du sie nur, um mich herzulocken? Wirst du vielleicht von mir verlangen, dass ich nach unserer Heirat meinem Glauben abschwöre? Hast du mich etwa kommen lassen, um eine Märtyrerin aus mir zu machen?«
    »Mutter glaubt auch, dass du sie belogen hast, Bruder!«, ließ sich nun auch Albofleda vernehmen. »Sonst würdest du ihre Leute nicht so übel behandeln.«
    »Halt’s Maul!«, sagte Chlodwig und bereute die Grobheit gleich, die aber nur seinem üblichen Umgang mit dieser Schwester entsprach, die er für einfältig hielt. »Ich will sagen, es ist besser, du schweigst dazu, denn du verstehst nichts davon. Auch unsere Mutter versteht nichts davon. Prinzessin«, wandte er sich wieder an Chlotilde, »ich versichere dir, alles, was dir zugesagt wurde, wird eingehalten. Dass du zu meinen Göttern betest, werde ich nicht von dir verlangen. Was nützte das auch, denn du glaubst nicht an sie! Mit mir ist das etwas ganz anderes. Ich stamme selber aus einem Göttergeschlecht. Meine Ahnen fuhren zur See, und sie alle hatten einen gemeinsamen Stammvater: einen Meeresgott in Gestalt eines Stiers. Später gingen sie an Land, wurden sesshaft und nannten sich Franken. Vorher hießen sie Chauken und Brukterer und Amsivarier. Die Götter wollten, dass wir über den Rhein gingen, dieses Land eroberten und hier als Herrenvolk leben. Das ist ihr Wille, und sie sorgen dafür, dass wir ihn erfüllen. Keine einzige Schlacht habe ich gewonnen, ohne dass die Götter uns beistanden. Wir dürfen uns also nicht gegen sie wenden, und kein Franke, der zu meiner Gefolgschaft gehört, darf sie verlassen. Und deshalb habe ich euern Bischof gewarnt: Lasst mir meine Franken in Ruhe! Verführt sie nicht zu einem fremden Glauben! Verstehst du nun, dass ich wachsam sein muss?«
    »Es gibt nur einen Gott, den Allmächtigen, in der Dreieinigkeit mit Jesus Christus, seinem Sohn, und dem Heiligen Geist«, sagte Chlotilde. »Und deine Götter, wenn es sie gibt, sind ihm untertan. Ich kann nichts Verwerfliches daran finden, dass sich auch Menschen aus deinem Volk zu dem höheren Gott bekennen, dem höchsten. Es zeigt nur, dass sie die bessere Einsicht haben. Eines Tages wirst du das selber gutheißen … ja, ich bin sicher, der Tag wird kommen! Und dann wirst du bereuen, wie du jetzt handelst. Siehst du«, fügte sie mit einem traurigen Lächeln hinzu, »ich wusste, dass du mir eine Enttäuschung bereitest. Dass du dein Versprechen nicht halten kannst.«
    »Aber du hast ja noch gar keine Bitte geäußert!«, rief Chlodwig.
    »Ich bitte dich nur um den Beweis dafür, dass alles, was du mir zugesagt hast, aufrichtig gemeint war.«
    »Den Beweis? Und welchen?«
    »Gib mir ein Haus in der Nähe, wo ich meinem Gott dienen kann. Und wo auch die frommen Männer, die mit mir herkamen, wohnen und Gott dienen können, solange sie hier in deiner Stadt sind. Wo sie niemanden stören und selber in Ruhe gelassen werden. Das wäre der Beweis für deine Aufrichtigkeit, und das ist meine Bitte.«
    »Ein Haus in der Nähe, wo sie niemanden stören …«, wiederholte der König murmelnd. Die Arme auf dem Rücken verschränkt, dachte er nach und ging dabei langsam ein paar Schritte zum Fenster. Als er sich umdrehte und zurückkam, stieß er fast auf den Referendar, der noch immer mit dem Brief in Händen neben dem Armstuhl stand.
    Da hatte er einen Einfall und starrte den jungen Mann so durchdringend an, dass der verlegen wurde und den Blick senkte.
    »Ja«, sagte Chlodwig wie zu sich selbst. »Ja, so machen wir es. Das Haus ist gefunden. Jullus!«, fuhr er nun mit erhobener Stimme fort. »Du hast mir deine Villa versprochen, du weißt schon,

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