Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
Vom Netzwerk:
gern aus, und ich durfte sie dabei als Wache begleiten. Ihren Reden und verschiedenen deutlichen Zeichen entnahm ich, dass sie sich mit ihrem alten Ehemann langweilte und nicht abgeneigt wäre … Ja, so passierte es dann sehr schnell. Sie wurde meine Geliebte. Ich liebte sie wirklich, und in meiner Einfalt dachte ich, dass sie mich ebenfalls liebte.
    Ich schlug ihr vor, mit ihr auf und davon zu gehen. Wohin? Vielleicht zu den Goten oder Burgundern … oder nach Italien, zu Odoaker. Überall braucht man ja tüchtige Leute. Aber das wollte sie nicht, auf keinen Fall. Sie beharrte darauf, in Soissons zu bleiben, obwohl uns Ogulnius nun sehr im Wege war. Noch ahnte ich nicht, warum sie so sehr an dieser lausigen Residenz hing. Ich sollte bald aufgeklärt werden! Eines Tages, schon kurze Zeit nach unserer Bekanntschaft, kam sie zu mir und sagte aufgeregt: ›Sieh dich vor, mein Mann weiß alles von uns! Er ist so wütend, dass er dir nach dem Leben trachtet!‹ ›Aber was soll ich denn tun?‹, fragte ich. ›Wenn du meinem Rat folgen willst‹, sagte sie, ›dann komm ihm zuvor!‹ Und so geschah es. Ohne der Sache groß auf den Grund zu gehen, lauerte ich dem Ogulnius auf und spießte ihn an die Stallwand. Für diese Frau war ich eben zu allem fähig. Und so weit hatte sie mich schon nach wenigen Tagen!«
    »Und weiter? Die Sache kam raus?«
    »Ja. Und zwar durch sie selbst! Ich war sicher, dass niemand die Tat beobachtet hatte, und freute mich schon, nun meine Geliebte für mich allein zu haben … aber ich sollte mich schrecklich täuschen! Noch am selben Tag wurde ich festgenommen und in den Kerker geworfen. Trotz Folter verweigerte ich ein Geständnis, aber dann wurde ich doch überführt. Diese griechische Schlange behauptete, ich hätte ihr nachgestellt – und zwar erfolglos – und den Ogulnius offen mit dem Tode bedroht. Und es fanden sich sogar mehrere Zeugen, die die Tat angeblich beobachtet hatten. Syagrius selber saß zu Gericht, und ohne mich auch nur anzuhören, verurteilte er mich zu fünfzig Peitschenhieben und zum Verkauf in die Sklaverei. Und der Henker machte mir diesen Schnitt ins Ohr, der mich nun mein Leben lang zeichnet.«
    »Es ist besser, sich mit Weibern nicht einzulassen«, bemerkte Chlodwig und trank einen Schluck. »Sie zehren dich aus und bringen Unglück. Hatte sie von dir genug? Wollte sie dich auf diese Art loswerden? Ihren Alten gleich mit?«
    »Es war von Anfang an ein großer Betrug!«, sagte Baddo gepresst. »Sie hatte niemals die Absicht, mit mir zusammenzubleiben. Und das hätte mir Dummkopf eigentlich klar sein müssen. Warum sollte sie, eine von aller Welt bewunderte Schönheit, auch einen Einäugigen lieben? Einen hässlichen Kerl, einen einfachen Reiterführer! Ein Leidensgenosse, der mit mir auf den Sklaventreck ging, klärte mich auf. Der Mann war Aufseher im Palast gewesen und beschuldigt, goldenes Tischgeschirr gestohlen zu haben. Wahrscheinlich hatte er aber zu viel gesehen und wusste zu viel. Er wusste auch dies: dass Scylla längst die Geliebte des Syagrius war! Als sie sich mit mir einließ, war sie schon seine Bettgefährtin. Die beiden wollten Ogulnius rasch in den Orkus befördern und brauchten dazu einen Mörder. Die Wahl fiel auf mich. Sie umgarnte mich, und ich tat, was sie wollte. Die Gerichtsverhandlung mit den gedungenen Zeugen war nur eine Posse. Indem sie mich mit dem Sklaventreck nach Spanien schickten, sogar als besonders gefährlich gezeichnet, glaubten sie, mich für alle Zeit loszuwerden.
    Wer konnte auch annehmen, dass ich entkommen würde! Zwei Männer aus meiner Reiterabteilung, ein Grieche und ein Dalmatiner, furchtlose Burschen, folgten dem Treck. Als Reisende nahmen sie Quartier in der Herberge, wo wir in einer Scheune kampierten. Nachts legten sie Feuer, und in der allgemeinen Panik entwischten wir, sieben Mann, aneinandergekettet. Ein Schmied, den wir noch in derselben Nacht überfielen, trennte uns. Dann ging jeder seines Weges.«
    Baddo schwieg einen Augenblick und trank. Er wollte mit der Schilderung seiner Flucht fortfahren. Aber Chlodwig, der zum Schluss kaum noch zugehört hatte und seinen eigenen Gedanken gefolgt war, sagte unvermittelt schroff:
    »Ich konnte Syagrius nie ausstehen! Schon als mein Vater mich zum ersten Mal mitnahm nach Soissons und mich ihm vorstellte … gleich war mir der Kerl zuwider. Ich erinnere mich noch an sein hochtrabendes Geschwätz und seine lächerlichen Ratschläge. Er spielt den Herrscher, die letzte

Weitere Kostenlose Bücher