Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
Vom Netzwerk:
schlecht, was die Alten getan haben.«
    Baddo sagte dazu nichts.
    Chlodwig seufzte und stand schwerfällig auf. »Ich gehe schlafen, es ist Zeit.«
    Er nahm die Franziska auf, die er neben sich auf die Bank gelegt hatte, und betrachtete sie missmutig. An der Schneide war noch das Blut des Mannes, den er an die Wand geheftet hatte. Er ging zum Portal und hielt die Axt in den Regen. Dann steckte er sie zurück hinter den Gürtel und ging auf die Treppe zu, die nach oben führte.
    »Chlodwig?«
    »Ja?«
    Er blieb auf der Treppe stehen.
    »Hast du eigentlich eine Frau?«, fragte Baddo.
    »Hab ich.«
    »Du bist richtig verheiratet?«
    »Bin ich.«
    »Und Kinder? Hast du schon Kinder?«
    »Auch. Einen Sohn. Er heißt Theuderich.«
    Baddo sah dem König nach, der langsam die Treppe hinaufstieg.

Kapitel 10
    Der Patricius Syagrius saß vor dem Brettspiel und starrte angestrengt auf die roten und blauen Steine.
    Schweißtropfen standen auf seiner hohen, gefurchten Stirn, die Hängebacken waren gerötet, das schwere Doppelkinn hing herab. Er knetete seine feuchten Hände. Seine kurzsichtigen Augen wölbten sich kugelig über den dicken Tränensäcken. Er beugte sich noch etwas tiefer über das Brett, sah aber trotzdem dasselbe wie vorher. Seine Stellung war schwierig. Sehr, sehr schwierig.
    Die schöne Dame, die ihm gegenübersaß, verzehrte eine dulcia, ein gepfeffertes Milchbrötchen mit Honig, und beobachtete ihn mit verhaltenem Spott.
    Gleich würde er aufschreien und sie beschuldigen, wieder gemogelt zu haben. Und dann würde er vielleicht zornig den Tisch mit dem Brett und den Steinen umwerfen. Vorsichtshalber stand sie schon einmal auf und trat an ein Fenster.
    »Herrliches Wetter«, sagte sie in einem weichen, griechisch gefärbten Latein. »Ich würde gern eine Bootsfahrt auf der Aisne machen. Hoffentlich hast du nachher noch Lust dazu.«
    »Weiter, weiter!«, sagte der Patricius unwirsch. »Die Lage im Kaiserreich!« Die Aufforderung galt zwei älteren Herren, deren bewundernde Blicke der Dame zum Fenster gefolgt waren.
    Der dünne Seidenstoff ihrer langen Tunika, unter der ein koisches Unterkleid neckisch hervorsah, ließ von dem vollkommenen Körper nur noch wenig zu ahnen übrig. Die Sonnenstrahlen, die zum Fenster hereinfielen, durchleuchteten alles höchst indiskret.
    Der comes palatii Leunardus, ein würdiger Weißbart, musste sich von diesem Anblick erst losreißen. Er räusperte sich, ordnete seine Wachstafeln und fuhr fort mit dem Vortrag des monatlichen Lageberichts.
    Nach jüngsten Nachrichten, führte er aus, hätten die Ostgoten im Dienste des Kaisers Zeno einen Aufstand der Byzantiner niedergeschlagen, der einen Gegenkaiser an die Macht bringen sollte. Ihrem jungen König Theoderich sei die Ehre eines Triumphs zuteilgeworden. Sogar eine Reiterstatue von ihm, die man in Konstantinopel aufstellen wolle, sei in Auftrag gegeben.
    »Ein Schlaukopf, dieser Zeno«, brummte Syagrius, ohne den starren Blick vom Spielbrett zu wenden. »Er beschäftigt seine Barbaren. So kommen sie nicht auf dumme Gedanken. Zum Beispiel nach Westen zu wandern und sich mit den Goten bei uns in Gallien zusammenzutun. Weiter. Italien!«
    Leider sei dort die Lage unverändert, referierte der Comes. Sie tendiere sogar zur Verschlechterung. Der angemaßte Barbarenkönig Odoaker festige zügig seine Stellung. Von einer Rückkehr des vor zehn Jahren vertriebenen Kaisers Romulus Augustulus könne nicht mehr die Rede sein. Odoaker baue seine neue Residenz in Ravenna. Im Augenblick sei keine Kraft erkennbar, die seine Herrschaft erschüttern könne. Es heiße aber, dass ihn der Ostkaiser Zeno nicht anerkenne.
    Der Patricius brütete über dem Spielbrett.
    »Ein Dummkopf, dieser Zeno!«, fand er. »Wäre er schlau, würde er etwas unternehmen. Wenn er weiter so untätig zusieht, werden ihn die Blauen … ich meine, werden ihn die Barbaren …«
    Er entschloss sich, seinerseits, nicht mehr untätig zuzusehen und einen Zug zu machen. So griff er nach einem der roten Spielsteine. Doch gleich zuckte die Hand zurück, als könnte sie sich verbrennen.
    Die Dame am Fenster drehte sich um und schürzte die Lippen zu einem mokanten Lächeln.
    »Weiter, weiter! Die Lage bei uns in Gallien. Die Burgunder!«
    Keine Veränderung, konstatierte der Comes Leunardus. Die beiden rivalisierenden Brüder in Genf und Lyon. Gundobad, der in Lyon, offensichtlich der Oberkönig, der jüngere Bruder Godegisel untergeordnet. Der Bischof Avitus von Vienne weiter

Weitere Kostenlose Bücher