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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Verantwortung wahrnimmst! Jage die fränkischen Hunde zum Teufel! Treibe sie in den Rhein! Oder schicke diese Wilden zurück auf die andere Seite, in ihre germanischen Urwälder, zu den Bären und Wölfen!«
    Jede dieser ehernen Forderungen bekräftigte Frau Titia, indem sie heftig den Stock auf den Boden stieß, was wiederum jedes Mal ein Zucken im Gesicht des Angeschrienen verursachte.
    Die erzürnte Gemahlin des Patricius versäumte auch nicht, bei der mehrfachen Erwähnung seiner Vergnügungssucht giftige Seitenblicke auf seine Geliebte zu werfen.
    Die schöne Scylla nahm es unbeeindruckt.
    Beunruhigung lösten allerdings die von Frau Titia genannten Tatsachen bei Leunardus und Structus aus, die gleich nach Einzelheiten fragten. Damit ging das Wort an Remigius über. Der Bischof hatte aus gutem Grund den dramatischen Auftritt der Gemahlin des Patricius überlassen. Er hatte sie gleich aufgesucht, nachdem er in Soissons eingetroffen war.
    Hier wie zu Hause in Reims und anderswo besaß er unter den älteren Damen der gallorömischen Aristokratie die eifrigsten Parteigänger.
    Die längst verstorbene Mutter des Syagrius hatte ihn schon als jungen Bischof gefördert und den Ruf seiner Heiligkeit verbreitet. Frau Titia stand ihrer Schwiegermutter in dieser Hinsicht kaum nach, und so ging er gewöhnlich zuerst zu ihr, vor allem, wenn er ein wichtiges oder schwieriges Anliegen hatte. Dann benutzte er, wie er schon mal im vertrauten Gespräch unter Amtsbrüdern zugab, die alte Vettel mit ihrem Krückstock und ihrer Posaunenstimme als »Rammbock«, um den hartleibigen Syagrius, der ihm nicht immer wohlgesinnt war, seinen Wünschen zu öffnen. So war es auch diesmal.
    Nachdem Frau Titia den nötigen Schrecken ausgelöst und ihm damit Aufmerksamkeit gesichert hatte, schlug Remigius, der den Patricius und die anderen nun endlich auch in würdiger Weise grüßte, moderatere Töne an.
    Er habe, erklärte er mit verbindlichem Lächeln, zwar Verständnis für den Wunsch der hohen Dame, die Barbaren radikal und rücksichtslos zu behandeln, doch müsse er einer christlichen Lösung den Vorzug geben. Dies gelte besonders für die Franken. Da inzwischen vier Fünftel Galliens von Barbaren besetzt und beherrscht seien, komme es gerade jetzt darauf an, den Tatendrang möglichst vieler dieser Völker und Stämme in eine nützliche, gottgefällige Richtung zu lenken. Dazu eine Empfehlung zu geben, sei er gekommen.
    Es sei leider wahr, fuhr er fort, dass die Übergriffe der Franken auf das »Imperium« (so nannte er das Rumpfgebilde von früheren römischen Provinzen aus Höflichkeit gegen den Patricius) in letzter Zeit zunähmen. Die benannten Greuel seien vorgefallen. Er berichtete alles, was er teilweise selber in Tournai erlebt, teilweise erst erfahren hatte, als er von seiner Missionsreise durch die Frankengebiete heimgekehrt war.
    Der junge Potitius, der sich in halbtotem Zustand nach Reims gerettet habe, sei vor ihm als beredter Ankläger aufgetreten. Der Diakon Chundo befinde sich immer noch in kritischem Zustand.
    Und es sei leider auch wahr, dass einer für alles verantwortlich sei: Chlodwig, der junge König der Franken von Tournai.
    »Dennoch gebe ich die Hoffnung nicht auf«, fuhr der Bischof fort, »ihn für uns zu gewinnen, das heißt für das Imperium und die Kirche. Es muss uns gelingen, das einstige nützliche Föderatenverhältnis wiederherzustellen. Zweifellos ist er zu früh zur Herrschaft gekommen – mit sechzehn Jahren, bedenkt das bitte! Er weiß noch immer nicht mit ihr umzugehen. Man muss ihm deshalb den rechten Weg weisen. Ich habe, Patricius, lange und gründlich darüber nachgedacht. Deshalb mein Rat: Du solltest ihm eine Aufgabe stellen! Eine Aufgabe, meine ich, die ihn fordert, die seiner jugendlichen Kraft und seinem überschäumenden Temperament gemäß ist. Worauf es ankommt, ist doch, den Tatendrang dieses Raufbolds und seiner Horden zu nutzen und auf ein uns genehmes Ziel auszurichten. Damit es ein Ende hat mit den schändlichen Übergriffen! Ich rate dir deshalb, schicke ihn in einen Feldzug für die Sache Gottes und des Imperiums. Schicke ihn und seine übermütige Bande dorthin, wo sie sich gottgefällig austoben können … wo sie nicht das Imperium und seine besten und edelsten Männer schädigen, sondern ihresgleichen – Barbaren und Ungläubige. Und wenn du mich fragst, welche ungläubigen Banden ich meine, dann sage ich: die aus Britannien! Täglich landen noch immer Scharen dieser Wilden an

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