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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Sie lebte irgendwie unter den vielen anderen Frauen, half als Hebamme bei Geburten, arbeitete im Webhaus mit, war auch eine geschickte Schneiderin.
    Wichtig war ihm nur, sie in seiner Nähe zu wissen und jederzeit finden zu können. Er behandelte sie wie einen nützlichen und vertrauten Gegenstand, von dem er sich selten und ungern trennte, höchstens mal für kürzere Zeit, während eines Jagdausflugs oder Beutezugs. Und für die Liebe, sobald er ihrer bedürftig war, blieb sie weiterhin nur allein zuständig. Noch nie hatte er eine andere begehrt.
    An diesem Abend – es war Ende August – hatte Chlodwig sehr spät noch, als fast alle schon schliefen, den Sackvorhang aufgehoben und sich neben Sunna und seinem Sohn ausgestreckt.
    Nur flüchtig berührte er sie und sagte, sie solle weiterschlafen. Er zog sich nicht einmal aus, behielt die Hose und sogar die Schuhe an.
    Sie wusste, er kam nicht, um sich mit ihr zu vergnügen. Das tat er hier niemals. Es käme ihm nicht in den Sinn, wie seine Verwandten irgendwann in der Nacht karnickelgleich plötzlich loszurammeln.
    Sunna versuchte zu schlafen, doch wurde es nur ein leichter Schlummer. Immer wieder erwachte sie und horchte auf seine Atemzüge. Manchmal regte sich der kleine Theuderich neben ihr, und sie beruhigte ihn.
    Endlich, schon gegen Morgen, war sie selber hellwach. Sie richtete sich neben Chlodwig auf und versuchte, in der Dunkelheit sein Gesicht zu erkennen. Er lag, die Hände unter dem Kopf verschränkt, auf dem Rücken. Seine Augen waren weit offen.
    »Was hast du?«, flüsterte sie. »Kannst du noch immer nicht schlafen?«
    »Lass mich. Ich denke nach.«
    »Aber du musst dich doch ausruhen.«
    »Das tue ich ja.«
    »Woran denkst du denn?«
    Er antwortete nicht. Durch die winzigen Luken unter dem Dach sickerte das erste graue Morgenlicht.
    »Chlodwig …«
    »Nun schlaf doch.«
    »Lass mich mitgehen. Ich hätte sonst Angst.«
    »Was soll dir denn hier passieren?«
    »Nicht um mich hab ich Angst, sondern um den Kleinen.«
    »Ich lasse euch Wachen zurück.«
    »Wenn dir etwas zustößt, wird man auch ihn nicht am Leben lassen.«
    »Mir wird nichts passieren.«
    »Aber warum hast du so viele Männer zusammengeholt? So viele waren es noch nie.«
    »Es werden noch mehr. Wenn Ragnachar und dein Onkel mit ihren Leuten dazustoßen.«
    »Kommen die alle hierher?«
    »Nein. Sie marschieren gleich zum Treffpunkt. Nach Bavai.«
    »Aber warum müssen es denn so viele sein? Ist wirklich kein Krieg?«
    »Nein. Es ist, wie ich sagte. Es geht gegen die in der Aremorica. Dieses Keltengesindel, das von der Insel herüberkommt, aus Britannien. Wir werden einige hundert von ihnen einfangen und gute Beute machen.«
    »Aber warum marschiert ihr dann nicht nach Norden, zur Küste? Sondern nach Süden, auf Soissons zu?«
    Chlodwig seufzte.
    »Schlaf weiter. Wenigstens bis die Sonne aufgeht.«
    »Sag es mir doch.«
    »Warum wir …? Das ist der Marschbefehl. Der Tribun hat ihn so übermittelt. Vielleicht will der Patricius uns entgegenkommen und die Führung übernehmen. Vielleicht bringt er noch mehr Truppen mit. Wenn dann das Heer beisammen ist, geht es zur Küste.«
    »Sagst du die Wahrheit?«
    »Warum sollte ich dich anlügen?«
    »Lass mich mitziehen, Chlodwig! Ich könnte beim Kochen und Holzsammeln helfen. Und Verwundete versorgen.«
    »Das fehlte noch. Du als Königin.«
    »Ach, ich bin keine Königin. Ich bin nur deine Frau. Ich will bei dir sein.« Sie legte den Kopf auf seine Brust. »Lass mich mitziehen. Mich und das Kind.«
    »Es wird hell«, sagte er und schob sie weg.
    Er küsste sie auf die Stirn, stand auf, schnallte den Gürtel um, nahm die Franziska auf, die die Nacht über griffbereit neben ihm gelegen hatte. Nochmals bückte er sich und strich dem schlafenden Theuderich über das seidige hellblonde Haar, das schon nach Merowingerart lang war.
    Er hob den Sackvorhang auf und trat auf die Galerie hinaus. Links und rechts von der Tür saßen die beiden Wächter auf Hockern, stützten sich auf ihre Lanzen und dösten.
    Chlodwig gab einem der Hocker einen Tritt. Der Wächter stürzte mit Gepolter zu Boden.
    »Wachen!«, murmelte der König. »Verweichlicht, zuchtlos! Vielleicht hat Sunna recht. Es ist besser, ich nehme sie mit.«

Kapitel 13
    Anfang September gab der Patricius ein Fest. Es waren wieder Emigranten gekommen. Inzwischen gab es kaum noch ein Haus in Soissons, das nicht aristokratische Familien aufnehmen musste, die vor der Zwangsherrschaft der

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