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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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die beiden von früher kennen und fast gleichaltrig sind. Das kann und das wird nichts Gutes bedeuten! Baddo wird alles daransetzen, mich zu schädigen. Ich muss die Wachen in meinen Landvillen verstärken. Am besten mit ein paar Hundertschaften zusätzlich. Ich werde gleich …«
    Er stand auf und ging zu dem Wandschrank. Dort lagen in einem der offenen Fächer mehrere kleine Lärminstrumente – eine Klapper, eine Handtrommel, Rasseln, Becken –, mit denen der Patricius verschiedenen Untergebenen anzeigte, dass sie vor ihm erscheinen sollten. Er griff nach der Trommel, um den diensthabenden Kommandanten seiner Leibwache zu rufen.
    »Warte doch!«, sagte Scylla. »Du solltest mir erst einmal zuhören, ehe du Lärm schlägst. Dann wirst du verstehen, wie alles zusammenhängt. Und feststellen, dass es eventuell etwas Gutes bedeutet.«
    »Wie?«, rief Syagrius überrascht. »Du weißt etwas von der Sache?«
    »Jedenfalls mehr als der Bischof Remigius.«
    »Du wusstest, dass Baddo entkommen ist?«
    »Ja.«
    »Und dass er zu Chlodwig geflohen ist?«
    »Das wusste ich zwar nicht genau, doch ich war sicher, dass er es tun würde. Jetzt haben wir die Gewissheit.«
    »Du scheinst dich darüber zu freuen!«
    »Ich hoffte darauf.«
    »Du hofftest darauf? Und wie … wie kam das? Was hattest du noch mit ihm zu schaffen?«, fragte der Patricius scharf.
    Die Griechin warf den Kopf zurück und lachte eine ganze Kaskade. »Das klingt ja wie Eifersucht. Ist aber wirklich unangebracht. Eigentlich wollte ich dich nicht einweihen. Aber nun muss ich es wohl, sonst verdirbst du noch alles. Ich selber hab ihm zur Flucht verholfen.«
    »Du selber …? Du selber hast ihm …? Dann hast du ihn also doch …?«
    »Nein, nicht geliebt. Wie könnte ich denn! Einen einäugigen Barbaren! Aber ich wollte, dass er freikam.«
    »Das war gegen unsere Abrede!«
    »Ist aber in deinem Interesse.«
    »Das erkläre mir!«
    Der Patricius hatte noch immer die kleine Trommel in der Hand. Scylla ging zu ihm, nahm sie und legte sie in den Schrank zurück. Sie schmiegte sich einen Augenblick an ihn und schnurrte: »Wenn ich es dir erkläre … wirst du dann auch mit mir die Bootsfahrt machen?«
    Sie erließ ihm die Antwort, führte ihn zu dem Tisch, an dem sie zuvor gespielt hatten, und setzte sich ihm gegenüber.
    Der Diener, der von Zeit zu Zeit die Erfrischungen brachte, stellte dort gerade zwei hohe Glasbecher mit eisgekühlten Getränken hin. Scylla nahm einen, nippte daran und wartete, bis der Diener gegangen war.
    »Du weißt nicht viel über diesen Baddo«, sagte sie. »Er interessierte dich ja auch nicht. Und auch ich war nicht sehr an ihm interessiert und hörte nur mit halbem Ohr zu, als er bei einem unserer Ausritte aus seinem Leben erzählte. Doch einiges blieb mir im Gedächtnis, und das bekam auf einmal Bedeutung.«
    »Da bin ich nun wirklich sehr gespannt«, sagte der Patricius und knetete seine beringten Finger.
    »Willst du nicht das Mulsum probieren? Es ist köstlich.«
    »Überfordere nicht meine Geduld!«
    »Nun … Sein Vater – ich glaube, er hieß Badegisel – war ein Gefolgsmann des alten Childerich, eures geschätzten Föderaten, des Vaters von Chlodwig. Du kanntest Childerich ja noch gut … Er war, gelinde gesagt, ein Scheusal. Er stellte den Frauen und Töchtern seiner Gefolgsleute nach – je jünger sie waren, desto besser. Und einige brachte er sogar um, damit sie nicht darüber reden konnten. Manche verschwanden spurlos, von anderen fand man die Leichen. Richtig nachweisen konnte man ihm nichts, die Mädchen schwiegen aus Angst, und er war sehr vorsichtig. Doch irgendwann taten sich ein paar argwöhnische Väter zusammen, schlichen ihm nach und ertappten ihn. Und nur weil er ein Langhaariger und König war und diese abergläubischen Franken Unheil für alle befürchteten, wenn sie einen Merowinger totschlugen, behielt er sein Leben. Sie jagten ihn aber davon, und er floh über den Rhein zu den Thüringern. Und die Franken kamen zu deinem Vater …«
    »Jaja, das ist mir natürlich alles bekannt«, sagte Syagrius ungeduldig. »Ich war zu der Zeit Mitte zwanzig. Mein Vater Aegidius war magister militum für Gallien, überwarf sich aber mit dem Reichsregenten Ricimer und regierte schon damals völlig unabhängig von Rom, so wie ich später auch. Die Franken von Tournai machten ihn zu ihrem König, aber nur vorübergehend. Bis er ihnen zu streng wurde und römisches Recht einführen wollte. Da riefen sie den Childerich,

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