Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
Vom Netzwerk:
Gelegenheit da ist! Dort in der Festung haust ein Gespenst … nur noch der Schatten einer Macht, die es gar nicht mehr gibt. Wo ist denn das Römische Reich? Irgendwo weit hinten im Osten verschwunden. Wozu braucht es hier noch einen Statthalter? Also sage ich mir: Der Kerl da drinnen muss weg! Seinen Kaiser hat er verloren, und seine Götter schützen ihn auch nicht mehr. Oder glaubt ihr, dass ein Gott sich um einen so elenden Wicht kümmert? Deshalb, Männer, ist das die große Gelegenheit! Und nutzen wir sie nicht, tun es andere. Die haben auch längst erkannt, dass dieses Land schwach ist, dass es hier aber viel zu holen gibt. Man darf nur keine Hemmungen haben – weg mit Gesetzen und alten Verträgen! Was kümmern denn uns die Gesetze dieser abgeschlafften, im Wohlstand versunkenen Reichsbürger, die nicht mehr wehrfähig sind und vor Faulheit schon stinken? Als sie uns damals hereinholten, mussten wir sie befolgen … aber das ist lange her. Wir haben unsere eigenen Gesetze, die Gesetze unserer Väter! Die wenden wir an, und die heißen: Nimm dir von denen, was du brauchst, und wenn du stark genug bist, nimm ihnen alles! Sie sagen von uns, wir seien Räuber … das ist wahr! Doch diese Einsicht nützt ihnen nichts. Bestrafen können sie uns schon lange nicht mehr, dazu sind sie zu schwach. Aber wir waren bis jetzt auch nicht stark genug, um ihnen die Hälse umzudrehen. Das, Männer, hat sich nun geändert! Und deshalb frage ich euch – und gebt mir Antwort: Habt ihr nun endlich genug davon, als Arme hinter dem Zaun der Reichen zu leben? Ist es gegen eure Ehre, dass man euch gegen eure Brüder hetzt, die Inselkelten? Dass man euch eine dreckige Arbeit zumutet? Hat jeder von euch das Recht, ein Herr zu sein? Wünscht ihr euch ein Stück Land und Leute, die euch die Arbeit machen, und eine Truhe mit Gold in der Kammer? Bei Wodan und Donar und allen anderen Göttern – ist das euer Wunsch?«
    Chlodwig schrie diese Fragen heraus, und jedes Mal öffneten sich ein paar hundert Münder und brüllten: »Ja! Ja! Ja!«
    »Wenn wir morgen die Schlacht gewinnen«, fuhr er fort, »geht das alles in Erfüllung. Aber wir können sie nur gemeinsam gewinnen. Allein hat keiner von uns die Kraft dazu, auch ich nicht. Und denkt daran: Wenn ihr euch jetzt feige verdrückt, wird das schon bald euer Untergang sein. Denn der Römer da in der Festung wird euch trotzdem als Aufrührer und Verbrecher behandeln. Und er wird schlau genug sein, sich euch einzeln vorzunehmen, erst die aus Cambrai, dann die aus Tongeren …«
    »Da lache ich aber, Vetter, wenn er sich erst einmal die aus Tournai vornimmt!«, rief Chararich dazwischen.
    »Den Spaß verderbe ich dir, Vetter!«, gab Chlodwig mit eisiger Miene zurück. »Denn ehe Syagrius sich gegen uns auf den Weg macht, war ich schon bei euch, und dann gibt es für euch nichts mehr zu lachen! Wer mir diese Gelegenheit verdirbt, ist mein Feind. Wer mich zwingt, wieder abzurücken statt die angebotene Schlacht zu schlagen, verletzt meine Ehre – und das wird teuer! Er wird den ›unbesonnenen jungen Kerl‹ kennenlernen. Dafür bezahlt er mit seinem Blut, das schwöre ich!«
    »Ja, dafür werden sie bezahlen!«, rief Baddo, der einige, die vor ihm standen, beiseiteschob und sich an Chlodwigs Seite stellte. »Doch seid gewiss, das besorgen ihre Leute schon selbst. Darum brauchst du dich nicht zu kümmern. So war das immer bei uns – und so bleibt es. Ein feiger König ist bald ein toter König! Habe ich recht, Männer?«
    Die Tournaier brüllten Zustimmung. Die anderen hielten sich zurück, keiner wollte sich als künftiger Königsmörder offenbaren. Aber es gab Unruhe unter denen aus Cambrai. Einige redeten heftig auf Ragnachar, Richar und Rignomer ein.
    Mittlerweile hatten die Schützen auf der Mauer bemerkt, dass unten im Lager eine Versammlung stattfand. Darauf richteten sie die Skorpione ein, und nun kamen gleich mehrere brennende Pfeile auf den Kreis zugeflogen.
    Alles stob auseinander. Einige wehrten die Pfeile mit ihren Schilden ab. Nur einer der Männer wurde getroffen, seine Kleidung geriet in Brand. Er warf sich zu Boden und wälzte sich stöhnend im Gras.
    »Hurensöhne! Das werdet ihr büßen! Morgen ist euer letzter Tag!« Fäuste, Lanzen und Schwerter wurden gegen die Mauer geschüttelt. König Ragnachar hielt schützend seinen schluchzenden Farro im Arm.
    »Was wird nun? Wollt ihr euch immer noch drücken?«, wandte sich Chlodwig an seine Vettern.
    »Im Gegenteil!«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher