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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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würde, sie seien nicht vorzugsweise seinetwegen gekommen. Nicht sicher sein konnten sie, ob er sie dann nicht doch noch bestrafen würde. Im Bad hatten sie auch nichts erfahren. Sie waren nur mit Frauen zusammen gewesen, die ihnen zu Diensten sein mussten, deren Sprache sie kaum verstanden und die die fränkischen Herren noch wenig kannten. Später hatten sie in dem Gemach, das ihnen zugewiesen war, ein bisschen geschlafen und waren dann von Sunna geweckt worden. Aber die Schwägerin hatte sie nur flüchtig begrüßt, und dann waren zum Ankleiden und Frisieren wieder nur Dienerinnen um sie gewesen. Schließlich kam Chlodwig und holte sie ab. Während sie in die Halle einzogen, winkten und lächelten, suchten sie mit den Augen die Reihen ab. Und tauschten verstohlene Blicke, die fragten: Ist er da? Hast du ihn schon entdeckt? Jedes Mal war die Antwort: Nein! Dann kamen Bobo, Baddo, Ursio und die anderen, die sie gut kannten, begrüßten sie, scherzten, gingen wieder oder nahmen in ihrer Nähe Platz. Er war nicht dabei …
    Nun aber die große Überraschung.
    Durch das weit geöffnete Eingangsportal erschien eine kleine Prozession. Zehn, zwölf Männer, alle mit Krügen und Kannen bewehrt. Der an der Spitze trug mit beiden Händen eine silberne Amphora, feierlich führte er seine Schar durch die Halle. Den Schwestern stockte der Atem. Er war es – Ansoald!
    »Mein scancio«, sagte Chlodwig und grinste. Und als sie verständnislos schwiegen, übersetzte er ins Fränkische: »Mundschenk!«
    Ansoald hatte sich entschlossen, sein Amt, in dem er an diesem Tag zum ersten Mal vor der ganzen Gefolgschaft auftrat, mit Würde, aber auch mit etwas ironischem Abstand auszuüben. Er wollte den Männern zu verstehen geben: Ich mache das hier, ihr wisst schon, warum … Diese Haltung wollte er sogar noch betonen, weil Chlodwigs Schwestern anwesend waren. Er befahl den Dienern, die hinter ihm kamen, zu warten, trat an den Tisch des Königs, verbeugte sich knapp, mit ernster Miene und goss aus der Amphora Wein in seinen Becher. Aber während er sich dabei nach vorn neigte, verzog er sein hübsches Gesicht und blinzelte mit seinen blauen Verführeraugen erst Audofleda, dann Lanthild zu, die nebeneinander links vom König saßen. Chlodwig bemerkte es nicht, weil er die beiden, in seinem Sessel zurückgelehnt, aus den Augenwinkeln belauerte. Sie ließen sich aber nichts anmerken, sondern beobachteten das neue Ritual mit gleichmütigem Lächeln.
    Auf ein Zeichen des Königs trat Ansoald ein paar Schritte zurück und gab den Dienern seine Anweisungen. Daraufhin schwärmten sie aus. Zuerst wurden die Gäste am Königstisch, dann alle anderen bedient. Der Mundschenk des Königs stand mit lässig verschränkten Armen und dem vorher geübten, ein wenig spöttischen Lächeln in der Mitte des freien Raums, den die Tische bildeten, pfiff leise vor sich hin und tat so, als lenke und beobachte er alles. Schließlich befahl er dem ältesten Diener, noch einmal die Krüge füllen zu lassen, und nahm ganz außen am Königstisch Platz.
    »Meint ihr nicht auch, dass er seine Sache gut macht?«, sagte Chlodwig zu seinen Schwestern. »Habt ihr ihn überhaupt wiedererkannt?«
    »Natürlich haben wir das«, sagte Audofleda, immer noch scheinbar gleichmütig. »Aber was hat er denn bei den Sklaven zu schaffen? Und warum muss er dich bedienen?«
    »Das ist jetzt eine Ehre«, erwiderte Chlodwig. »Ein hohes Amt. Wir sitzen schließlich nicht mehr in Tournai auf dem Festungsturm und zählen die Wolken. Er gehört auch zu meinen Ratgebern, hilft beim Regieren.«
    »Indem er Wein schenkt?«, fragte Lanthild zweifelnd.
    »Ihm untersteht nun die ganze Weinwirtschaft! Handel, eigener Anbau … na, eben alles. Auch die Bierbrauerei. Eine wichtige Sache. Die Gefolgschaft würde aufsässig werden, wenn ich ihr nichts zu trinken gäbe. Ich schenke ihm ein paar Güter, da kann er Gerste und Wein anbauen. Die Besitzer sind mit Syagrius geflohen, einer hat in der Hast sogar seine Frau vergessen. Dabei ist die nicht übel. Zwar ziemlich fett und nicht mehr ganz jung, trägt auch einen Schnurrbart, obwohl sie nicht Fränkin, sondern Romanin ist … aber alles in allem eine stattliche Frau. Sie war neulich hier, war unter den Bittstellern. Hat mich angefleht, ihr einen neuen Mann zu verschaffen, der auch etwas vom Weinbau versteht. Na, das würde doch passen! Noch versteht er zwar nichts davon, er versteht überhaupt nur eine einzige Sache … aber die wird ihm schon

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