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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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sich.
    »Erinnerst du dich an den Brief, König, den ich dir vor vier Jahren schrieb, als der Tod deinen edlen Vater abberief? Auch damals empfingst du schon meinen Glückwunsch, den ich mit großen Erwartungen verband. Ich ahnte, dass du die Welt noch in Erstaunen setzen würdest.«
    »Trotzdem bliebst du der beste Freund des Patricius.«
    »Was sollte ich machen? Die Kirche Gottes ist auf den Schutz durch die weltlichen Mächte angewiesen. Und der größte Teil meiner Kirchenprovinz lag nun einmal auf seinem Gebiet. Außerdem war ich als Oberhirte verpflichtet, mich um ihn zu kümmern. Er bekannte sich ja zum katholischen Glauben …«
    »Was ihm nichts nützte. Euer Christengott hat ihn im Stich gelassen.«
    »Vermutlich, weil sein Glaube nicht aufrichtig war«, sagte Remigius seufzend. »Er liebte die weltlichen Vergnügungen, er las nicht unsere Heilige Schrift, sondern unanständige Literatur, er betete kaum, er hielt geistlichen Rat für überflüssig. Als Protektor der Kirche war er schwach und unzuverlässig, deshalb tut uns der Verlust auch nicht weh. Unsere ganze Hoffnung ruht nun auf dir und den Franken, zu denen wir ja schon seit langem gute Beziehungen pflegen. Auch wenn du unseren Glauben nicht teilst oder, wie ich mit frommer Zuversicht sage, noch nicht teilst, rechne ich fest mit deiner Gunst. Und auch darauf, dass du unseren Rat nicht verschmähst. Die Geistlichen meiner Kirchenprovinz und natürlich ich selbst als ihr Metropolit stehen dir jederzeit zur Verfügung!«
    Remigius beugte sich lächelnd vor, in Erwartung einer gnädigen Antwort.
    Chlodwig ließ ihn eine Weile so stehen, knetete seine große Nase, strich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht, drehte den Siegelring an seinem Finger.
    Schließlich sagte er grob: »Und was soll ich anfangen mit euerm Rat? Womit könnt ihr mir nützlich sein? Was habt ihr zu bieten? Was maßt ihr euch eigentlich an! Wollt ihr mir in meine Angelegenheiten hineinpfuschen?«
    Einen Augenblick verschlug es dem zungengewandten Bischof die Sprache. Er sah sich nach den fünf Zuhörern um, blickte aber nur in teils spöttische, teils mitleidige Mienen.
    »Wir wollen dir helfen«, erwiderte er vorsichtig, »die neue, schwere Bürde zu tragen. Du bist ja jetzt ein mächtiger Herrscher, du gebietest über große Städte, weite Landstriche. Aber das alles will ja nicht nur erobert, sondern erhalten und klug verwaltet sein. Wir haben Kenntnisse, Fertigkeiten und viel Erfahrung, wir …«
    Chlodwig sprang plötzlich auf. Der Bischof fuhr erschrocken zurück und verstummte. Hochragend stand der König vor ihm und blickte zornig auf ihn herab.
    »Was werden das schon für Erfahrungen sein! Was für Kenntnisse könnt ihr haben! Da ihr doch nicht mal an die richtigen Götter glaubt. Es ist sogar einer darunter, den die Römer ans Kreuz geschlagen haben. Was für ein erbärmlicher Gott, der so etwas mit sich machen lässt! Nun, aber das ist eure Sache. Glaubt nur an solche Schwächlinge, betet zu ihnen, ich mache euch keine Vorschriften. Verschont mich aber mit euerm Rat. Ich stamme selber von Göttern ab, gewaltigen Heldengöttern, die irgendwo oben im Norden in ihren Burgen sitzen und wachen und die Geschicke der Menschen lenken. Unter denen sind auch meine Ahnen, ihnen verdanke ich mein Heil und meine Erfolge. Die würden sich wundern, wenn ich mich plötzlich auf Helfer wie euch verließe. Heimzahlen würden sie es mir!«
    Chlodwig ballte die Faust und hielt sie dem Bischof unter die Nase.
    Der heilige Mann wich abermals einen Schritt zurück.
    Der Zorn des Königs war allerdings nur teilweise echt, zum größeren Teil sogar gespielt. Chlodwig wusste genau, dass ihm dieser Remigius und seine Christianer sehr nützlich sein konnten. Ihr Einfluss unter der einheimischen Aristokratie war beträchtlich. Die Bischöfe und viele Priester stammten ja alle aus der entmachteten, aber ihm unentbehrlichen Führungsschicht. Ihre Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Verhältnisse, die er selber noch kaum durchschaute, wurden sogar sehr nötig gebraucht.
    Aber dies einzugestehen, hielt er für unklug. Er glaubte Remigius gut genug zu kennen, um sicher zu sein, dass er sich eine Plage auf den Hals laden würde, wenn er ihn zu seinem ständigen Ratgeber machte.
    Bald würde es an seinem Hofe von Kreuzen und Kutten wimmeln – mit Folgen, die ihm zuwider sein würden. Er hatte sich schon geärgert, als Remigius den Brief erwähnte, den er ihm vor vier Jahren geschrieben hatte.

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