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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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umzusehen.
    Remigius und Bobo, der als Sachkundiger mitgekommen war, gingen suchend umher. Droc beobachtete sie argwöhnisch. »Was bedeutet das, König?«, fragte er.
    »Nichts Besonderes«, war die Antwort. »Es gibt da ein silbernes Gefäß, das an die früheren Besitzer zurückgeht. Hoffentlich ist es noch hier.«
    »Von dem, was du hier siehst, geht nichts mehr zurück. Dazu ist es zu spät.«
    »Zu spät? Was soll das heißen?«
    »Dass du so etwas nicht mehr anordnen kannst. Bevor du deinen Anteil weghattest, ging das noch. Was du zurückgabst, ging auf dein Fünftel. Jetzt geht das aber nicht mehr. Das hier ist Eigentum der Gefolgschaft. Du hast kein Recht, den Leuten etwas zu stehlen.«
    »Zu stehlen? Pass auf, was du sagst!«
    »Ich sage nur, was Recht und Gesetz ist.«
    »Es wird eben eine Ausnahme gemacht.«
    Der Graubärtige schob die Daumen hinter den Gürtel und sah den König von unten herauf scharf an.
    »Keine Ausnahme! Sag denen, sie sollen nicht weitersuchen. Sie bekommen hier nichts!«
    In diesem Augenblick klatschte Remigius freudig in die Hände, und Bobo hob einen über zwei Fuß hohen Krug vom Boden auf und trug ihn herbei.
    »Sieh dir den an«, sagte er halblaut zu Chlodwig. »Ein Prachtstück! Ich verstehe nicht, wieso er noch hier ist und nicht in deiner Schatzkammer. Droc muss ihn vor mir versteckt haben.«
    Chlodwig beugte sich über den Krug und betrachtete ihn. Er war aus Bronze gearbeitet, mit Silber überzogen, durch Gravuren verziert. Ein Meisterwerk der Feinschmiedekunst.
    Es war, wie Gregor von Tours, der Chronist der Franken, berichtet, »ein Krug von wunderbarer Größe und Schönheit«.
    »Ich wäre dir dankbar, König«, sagte der Bischof, »wenn du mir eine Wache mitgeben könntest. Ich möchte den Krug zunächst in das Haus meines Bruders Principius, des hiesigen Bischofs, bringen. Vielleicht sollte man ihn auch verhüllen und …«
    »Der Krug bleibt hier!«, sagte Drog. »Er gehört der Gefolgschaft!«
    Remigius schwieg und sah den König erstaunt an.
    Dessen Wolfsblick traf den alten Gefolgsmann, doch der hielt ihm stand. Chlodwig zögerte kurz, dann machte er zwei Schritte auf die Männer zu, die ringsum auf dem Boden saßen.
    »Euer König, Leute«, sagte er laut, wenn auch sichtlich mit innerem Widerstreben, »wendet sich mit einer Bitte an euch. Ja, mit einer Bitte! Ich weiß, der Krug da gehört nicht zu meinem Anteil. Ich habe kein Recht, ihn zu besitzen oder ihn zu verschenken. Trotzdem muss ich ihn haben, damit ich nicht wortbrüchig werde. Ihr könnt ja auch nicht wollen, dass euer König wortbrüchig wird. Dann stündet ihr selber schlecht da, und das Volk in dieser Stadt würde auf euch herabsehen. Deshalb bitte ich euch: Macht eine Ausnahme. Überlasst mir den Krug!«
    Die Stimme des Zwanzigjährigen zitterte leicht, und er begleitete seine Worte mit fahrigen Gesten. Er empfand es als peinlich und entwürdigend, dass er sich in den Augen des Bischofs herabsetzen musste, indem er vor seinen eigenen Leuten als Bittsteller auftrat. Das musste Zweifel an seiner Machtstellung aufkommen lassen. Und wütend war er auf den Urheber dieser Demütigung.
    Am schlimmsten aber war das Schweigen der Männer. Keine Stimme erhob sich. Es gab weder Zustimmung noch Protest. Sie sahen ihn an und warteten darauf, was er jetzt tun würde.
    War es ihm ernst mit seiner Bitte? Würde er sich das kostbare Beutestück ohne ihre Zustimmung aneignen? Oder würde er es nicht wagen und sich beschämt zurückziehen?
    Zu seinem Glück erfasste Bobo die Lage.
    »Männer!«, rief er. »Wie könnt ihr zulassen, Männer, dass der König euch bittet? Wären wir ohne ihn hier? Verdanken wir die Reichtümer, die wir hier alle empfangen, nicht ihm? Er hat das Heil, und er hat die Macht, und ihm gehört alles! Wenn er sich trotzdem an die alten Gesetze hält, müssen wir ihm auch dafür dankbar sein. Er könnte befehlen und alles an sich reißen. Aber das tut er nicht, er begehrt nur ein einziges Stück von Hunderten, Tausenden! Wer wäre so anmaßend, das zu verweigern? Du? Oder du? Sagt uns, wie ihr darüber denkt! Sagt eure Meinung, sagt sie laut! Wir wollen sie hören!«
    Nun gab es beifälliges Grummeln. Nach und nach erhoben sich Stimmen.
    »Recht hat er!«
    »Der König braucht nicht zu bitten!«
    »Hat er das nötig?«
    »Er hat die Macht. Er kann nehmen, was ihm gefällt!«
    Auf einmal wollte keiner zurückstehen und sich durch Schweigen die Gunst des Herrschers verscherzen.
    »Nimm alles,

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