DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren
König!«, rief einer mit heiserer Stimme. »Nimm auch meinen Anteil, ich brauche ihn nicht!«
»Wollt ihr dem Sohn der Götter vielleicht etwas abschlagen?«, schrie ein anderer mit gespieltem Zorn. »Das würde euch schlecht bekommen, verlasst euch drauf!«
Plötzlich redeten alle durcheinander. Alle forderten Chlodwig auf, zu nehmen, was ihm gefiel, und zu tun, was ihm beliebte.
Er verzieh ihnen trotzdem nicht ihr anfängliches verstocktes Schweigen und antwortete nicht auf die überschwenglichen Bekundungen. Es fiel ihm nicht ein, sich zu bedanken, er ärgerte sich nur über seine eigene kurzzeitige Unsicherheit.
Jetzt wollte er allen zeigen, dass seine Bitte nur eine Formsache war. Was er sich nehmen wollte, das nahm er sich, und wem er geben wollte, dem gab er. So bückte er sich, um den Krug aufzuheben und ihn dem Bischof zu überreichen.
Da geschah etwas ganz und gar Unerhörtes. Seine Hände hatten den Krug noch nicht berührt, als eine Axt neben ihm aufblitzte. Ein mit großer Wucht geführter Hieb schlug eine Kerbe in die dünne Wand des Gefäßes.
Chlodwigs Hände zuckten zurück. Der König richtete sich auf und starrte in ein wütend verzerrtes Gesicht, in zwei herausfordernd starrende Augen.
Mit einem Ruck wurde die Axt zurückgerissen. Der Krug fiel um und rollte ein Stück beiseite.
»Nun kannst du ihn haben!«, sagte Droc und steckte die Axt wieder hinter den Gürtel.
Kapitel 15
Syagrius rieb seine klammen Hände und gab einem Diener ein Zeichen, er solle das Kohlebecken wieder näher rücken. Der Rauch war lästig, er biss in die Augen, das Atmen wurde zur Qual.
Aber der Patricius wollte sich noch einmal die Hände wärmen, bevor er den entscheidenden Zug machte. Nur nicht mit den steifen Fingern danebengreifen und in dem Schummerlicht den falschen Stein fassen, dachte er, oder vielleicht sogar die ganze Stellung durcheinanderbringen!
Er hielt die Hände einen Augenblick über die Glut. Dann nahm er den roten Stein und zog ihn weit nach rechts in die Flanke der Blauen. Das musste der Sieg sein.
Er bekam einen Hustenanfall und wischte die Tränen ab, die ihm der Rauch aus den Augen trieb. Doch er ließ den glücklichen Blick nicht vom Spielbrett und krächzte: »Nun? Willst du antworten? Ich warte.«
Die Aufforderung, auf den Zug zu antworten, galt Scylla, die auf und ab ging, um sich warm zu halten. Obwohl auf jeder Seite der kleinen Halle mehrere Kohlebecken standen, litt sie stark unter der Kälte und hatte zwei Pelze übereinandergezogen.
Sie kam heran und beugte sich über das Brett. In dem schwachen Licht der einzigen Kerze waren die Steine kaum zu erkennen. Sie seufzte tief, so als sei sie verzweifelt. Der Patricius kicherte zufrieden.
»Was sagst du dazu? Gleich habe ich dich! Flankenangriff der Reiterei aus dem Hinterhalt. Nun versuche mal, etwas dagegen zu machen.«
»Versuchen könnte ich es«, sagte sie. »Aber ich glaube, es ist unmöglich. Nein, ich bin dir wohl nicht gewachsen.«
»Das glaube ich auch. Kommt her!«, rief er hustend. »Seht euch das an!«
Drei Männer, die ebenfalls in dem halbdunklen, hohen, zugigen Raum auf und ab gingen, unterbrachen ihr Gespräch und traten näher.
»Vorzüglich, Patricius«, sagte Leunardus, der weißbärtige ehemalige Palastgraf. »Wahrhaftig, ein Triumph der Strategie!«
»So haben Chlodwig und Baddo uns fertiggemacht«, schnarrte Structus, der frühere Legat. »Flankenangriff der Reiterei aus dem Hinterhalt. Jetzt bist du, Herrin, in derselben Lage wie wir vor ein paar Monaten. Was wirst du tun?«
»Ich werde euch nacheifern«, sagte Scylla. »Ich gebe auf und ziehe mich schleunigst zurück. In mein Bett. Aber vorher will ich noch ein calidum.«
Die Herren lachten und bestellten ebenfalls noch einen Glühwein. Nur Syagrius ärgerte sich, weil Structus so taktlos war, im Augenblick seines Siegs auf dem Spielbrett eine so unangenehme Erinnerung wachzurufen. Seine gehobene Stimmung war dahin.
»Nun, wie steht es, Neffe«, wandte er sich an Gaius Larcius, den Dritten, »noch immer nichts? Es wäre besser, nicht hier die Zeit zu vertun, sondern noch einmal in den Hafen hinunterzugehen. Vielleicht hat sich doch noch etwas ereignet.«
»Was soll sich jetzt noch ereignen?«, sagte der junge Präfekt verdrießlich. »Die Schiffe sind nicht mehr zu erwarten. Und falls die Seine heute Nacht zufriert, kann ich das nicht verhindern.«
»Nein«, sagte der Patricius eigensinnig. »Du hättest es nur voraussehen müssen!«
»Fängst
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