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Die Merowinger - Zorn der Götter

Die Merowinger - Zorn der Götter

Titel: Die Merowinger - Zorn der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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vor ihm stehen. Die Mädchen verstanden nicht, was gesprochen wurde, ahnten aber sehr wohl, warum der König so wütend war.
    »Wer war es?«
    Chlodwig hatte Sunna nicht losgelassen und presste ihren Arm so heftig, dass sie einen Schmerzenslaut ausstieß. »Den Namen! Oder soll ich dich erst …«
    Sie brach in Tränen aus, die aus den dunkel geränderten Augen über ihr blasses, von vielen Fältchen durchzogenes Gesicht rannen.
    Er griff in ihr graues Haar und riss daran. Sie schrie auf.
    »Willst du antworten, Hure? Bin ich aus Berny hergekommen, um dich flennen zu sehen? Wer war es, der dein Balg gezeugt hat?«
    »Warum willst du das wissen?«, flüsterte sie unter Schluchzen. »Warum denn? Das Kind ist ja tot.«
    »Es ist gestorben?«
    »Heute Nacht.«
    »So strafen dich die Götter! Und ich sollte dich ebenfalls strafen. Ich werfe dich in den Brunnen!« Er packte sie wieder und stieß ihr die Faust in die Seite.
    »Tu es doch!«, stöhnte sie unter Schluchzen. »Stoß mich hinein! Was liegt mir daran, noch weiterzuleben?«
    »Aber erst wirst du mir den Namen sagen! Ich will wissen, welcher Schurke mich so zu beleidigen wagt! Den Namen! Soll ich ihn aus dir herausprügeln? Antworte! Sag mir den Namen!« Er versetzte ihr mehrere Faustschläge, und sie stürzte zu Boden.
    »Er bringt sie um!«, flüsterten die Mägde im Webhaus, die entsetzt zusahen.
    Aber er ließ von ihr ab, rannte einige Male hin und her und kniete plötzlich neben ihr nieder. Gekrümmt lag sie im Gras und schlug die Hände vor das Gesicht, um es zu schützen.
    Er starrte sie einen Augenblick an und sagte dann leise: »Schon gut. Ich frage nichts mehr. Ich werde Ursio herschicken. Der versteht es, auf Fragen auch Antworten zu bekommen. Keine Sorge, dir wird er nichts tun. Aber er wird sich jeden vornehmen, der mit dir zu schaffen hat und etwas wissen könnte. Willst du das, Sunna? Willst du, dass er aus diesen Mädchen dort blutige Bündel macht?«
    »Ich darf nichts sagen«, wimmerte sie. »Wenn ich es tue, tötet er dich!«
    Chlodwig starrte sie an, und seine Augen bekamen den Wolfsblick. Sein zerklüftetes Gesicht verzog sich zu einem düsteren Lächeln.
    »Das wollte ich hören«, sagte er langsam. »Ich ahnte es. Und nun weiß ich es!«
    Er half ihr auf und ging mit ihr in eines der Häuser des früheren Cambraier Königspalastes.
    Als sie die Treppen hinaufstiegen in die Kammer, die sie bewohnte, stützte er sie. Zwei Frauen, die dort Flachs spannen, schickte er hinaus, nachdem sie auf seinen Befehl noch Wein, Wasser und Honig gebracht hatten. Er mischte selber eine Art Mulsum und gab es Sunna zu trinken.
    »Du musst mir verzeihen«, sagte er. »Es war ein zu harter Schlag, der mich traf, als meine Schwester es mir berichtete. Du glaubtest vielleicht, mir nichts mehr schuldig zu sein, weil ich dich hier zurückließ und einschloss. Darüber werde ich mich nicht rechtfertigen. Du bliebst trotz allem meine Frau, und es war dir nicht erlaubt …«
    »Ich wollte es nicht! Er drohte, dich umzubringen, wenn ich mich weigerte. Und jetzt wird er es tun, weil du ihm zeigen wirst, dass du es weißt. Auch mich wird er töten.«
    »Darüber mach dir keine Gedanken. Erzähle mir, wie es geschehen ist. Erzähle alles!«
    Er saß neben ihr auf einem alten, zerschlissenen Speisesofa, das als Sitzbank diente, und legte den Arm um ihre Schultern. Bei der Berührung zuckte sie vor Schmerz zusammen und rückte von ihm weg. Lange blickte sie auf ihre im Schoß verschränkten Hände.
    »In der Nacht, als du zu mir kamst, zum letzten Mal«, begann sie dann stockend, »war er heimlich nach dir heraufgestiegen und hatte hinter der Tür gelauscht, als wir … als wir beisammen waren. Am nächsten Tag – du warst morgens fortgeritten – kam er zu mir und sagte: ›Ich hatte schon meinen Dolch in der Faust, und es wäre mir ein Leichtes gewesen, zu euch in die Kammer zu treten und ihn zu töten. Denn das hatte ich lange vor, und dies war eine gute Gelegenheit. Außerdem würde es vielen das Leben retten, die ich in seinem Auftrag umbringen soll. Seine ganze Familie will er ausrotten.‹ Ich fragte erschrocken: ›Wolltest du ihn deshalb ermorden?‹ ›Nein‹, sagte er, ›nicht deshalb. Um diese elenden Merowinger ist es nicht schade. Ich werde sie sogar mit Vergnügen erledigen, denn je mehr von ihnen umkommen, desto besser! Desto vollkommener ist die Rache für ein Verbrechen, das einer von ihnen begangen hat!‹ Ich wollte wissen, was er damit meinte. Und

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