Die Messerknigin
amüsiert.
»Dieser ganze Körper gehört mir, Doktor. Da bin ich mir absolut sicher.«
Simon Powers (90/00666.L, ledig, männlich) grinste, als gehöre ihm obendrein auch die ganze Welt.
Der Doktor sah ihm nach, als er das Besprechungszimmer verließ. Er wirkte kräftiger, nicht mehr so zerbrechlich.
Jeremy Benhams nächster Patient war, so sagte der Terminkalender, ein zwanzigjähriger Junge, der HIV-positiv war. Benham musste ihm die Nachricht beibringen. Ich hasse diesen Job , dachte er. Ich bin urlaubsreif.
Er ging den Korridor entlang, um den Jungen hereinzurufen, und kam an Simon Powers vorbei, der sich angeregt mit der hübschen australischen Schwester unterhielt. »Es muss ein wunderbarer Ort sein«, sagte er gerade. »Ich will unbedingt hin. Ich will überall hin. Ich will alles und jeden kennen lernen.« Seine Hand lag auf ihrem Arm und sie machte keine Anstalten, ihn abzuschütteln.
Dr. Benham hielt bei ihnen an und tippte Simon auf die Schulter. »Sie haben hier hinten nichts verloren, junger Mann.«
Simon Powers grinste. »Sie werden mich hier überhaupt nicht wiedersehen, Doktor«, sagte er. »Jedenfalls nicht so. Ich hab meinen Job gekündigt. Ich will durch die Welt reisen.«
Sie schüttelten sich die Hand. Powers’ Hand war warm und angenehm und trocken.
Benham ging weiter, hörte Powers aber immer noch mit der Schwester reden.
»Es wird sagenhaft«, sagte er. Benham fragte sich, ob er von Sex oder seiner Weltreise redete oder vielleicht von beidem.
»Ich werde so viel Spaß haben«, sagte Simon. »Ich bin jetzt schon ganz verrückt danach.«
Sestine eines Vampirs
Ich warte hier am Übergang zum Traum,
umhüllt von Schatten. Dunkel schmeckt die Nacht,
so kalt und klar, ich harre meiner Liebe.
Der Mondschein bleicht die Farbe aus dem Stein.
Sie kommt, dann pirschen wir uns an die Welt,
belebt von Finsternis und Gier nach Blut.
Ein Solitär ist diese Jagd nach Blut.
Doch hat nicht jeder Recht auf einen Traum?
Ich gäbe ihn nicht auf, nicht für die Welt.
Der Mondschein saugt das Dunkel aus der Nacht.
Ich steh im Schatten, blick auf ihren Stein:
Untot, mein Liebster … Untot, meine Liebe?
Ich träumte heut im Schlaf von dir und Liebe
war kostbarer als Leben, selbst als Blut.
Die Sonne sucht nach mir tief unterm Stein.
Ein Toter bin ich und lag doch im Traum,
bis ich erwacht als Schwaden in der Nacht
und Abend zwang hinaus mich in die Welt.
Jahrhunderte ging ich um in der Welt,
schenkte etwas, das ähnlich war wie Liebe:
gestohl’ner Kuss, zurück dann in die Nacht,
gesättigt von dem Leben und dem Blut.
Morgens war ich dann nichts als nur ein Traum,
mein kalter Leib lag tief unter dem Stein.
Ich tu dir nichts, sagt ich. Bin ich aus Stein?
Dass ich der Zeit dich preisgab und der Welt?
Ich bot dir Wahrheit jenseits deines Traums,
doch du hingegen botest nichts als Liebe.
»Sei nur ganz unbesorgt«, sagt ich, »denn Blut
schmeckt süßer noch im Flug und in der Nacht.«
Manche der Liebsten stehen auf des Nachts,
andere liegen ewig unterm Stein,
erfahren nie die Lust von Bett und Blut,
vom Wandeln durch die Schatten dieser Welt,
sind nichts als Würmerfraß. O, meine Liebe,
es schien, du seist erwacht, in meinem Traum.
Ich wart an deinem Stein die halbe Nacht,
doch du ziehst vor den Traum der Jagd nach Blut.
Leb wohl, Geliebte. Ich bot dir die Welt.
Maus
Es gab Konstruktionen, die eine Maus ganz schnell töteten, bei anderen dauerte es länger. Ein Dutzend Varianten der traditionellen Mausefalle, die Regan in Gedanken die Tom-und-Jerry-Falle nannte: ein mit einer Feder gespannter Metallbügel, der bei der leichtesten Berührung herunterschnellte und der Maus das Rückgrat brach. Es gab auch noch ganz andere Fallen in diesem Regal: In manchen wurde die Maus erstickt, in anderen ersäuft oder gar durch einen Stromschlag getötet. Alle waren sicher in bunten Pappschachteln verpackt.
»Das ist alles nicht so recht das, was ich suche«, sagte Regan.
»Tja, das sind alle Fallen, die wir haben«, erwiderte die Frau. Auf ihrem großen Plastiknamensschild stand, sie heiße B ecky und sei erfreut in M ercia ’ s Z oohandlung FÜR SIE zu arbeiten. »Höchstens hier drüben …«
Sie wies auf einen freistehenden Ständer, der kleine Päckchen mit der Aufschrift R odent -K ill Mä usegift enthielt. Eine kleine Gummimaus lag oben auf dem Ständer, die Beinchen in die Luft gereckt.
Ungebeten durchzuckte Regan eine plötzliche Erinnerung: Gwen, die eine
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