Die Messerknigin
Abend durchgefaxt. Also, bis gleich.«
Es regnete nicht mehr. Der Sonnenschein war warm und hell: anständiges Hollywood-Licht. Ich ging zum Hauptgebäude hinüber, lief auf einem Teppich zerdrückter Eukalyptusblätter – das Hustensaftaroma von gestern Abend.
Man gab mir einen Umschlag mit einem Fax darin: mein Terminplan für die nächsten Tage, mit Ermunterungen und handschriftlichen Optimismusbotschaften am Rand wie etwa: › Das wird ein Blockbuster! ‹ oder › Wir machen Filmgeschichte oder was denken Sie! ‹ Das Fax war von Jacob Klein unterschrieben, offenbar die Stimme am Telefon. Ich hatte nie zuvor mit Jacob Klein zu tun gehabt.
Ein roter Sportwagen hielt vor dem Hotel. Der Fahrer stieg aus und winkte. Ich trat zu ihm. Er hatte einen kurzen Pfeffer-und-Salz-Bart, ein Lächeln, das er bei jeder Bank hätte verpfänden können, und ein Goldkettchen um den Hals. In der Hand hielt er mein Buch: Menschensöhne .
Er war Jacob. Wir gaben uns die Hand.
»Ist David auch hier? David Gambol?«
David Gambol war der Mann, mit dem ich telefoniert, die Reise und dieses Treffen hier arrangiert hatte. Er war nicht der Produzent. Ich war nicht ganz sicher, was genau er war. Er selbst hatte sich als »mit dem Projekt betraut« bezeichnet.
»David arbeitet nicht mehr für das Studio. Ich bin jetzt mehr oder weniger zuständig für das Projekt und ich will, dass Sie wissen, dass ich echt total hin und weg bin, hey-hey.«
»Ist das gut?«
Wir stiegen in den Wagen. »Wo ist die Besprechung?«, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Es ist keine Besprechung«, sagte er. »Ein Frühstück.« Ich war verwirrt. Er erbarmte sich und erklärte: »Eine Art Vorbesprechung vor der Besprechung.«
Nach etwa einer halben Stunde Fahrt kamen wir zu einem Einkaufszentrum und unterwegs erzählte Jacob mir, wie gut mein Buch ihm gefallen habe und wie glücklich er sei, mit dem Projekt zu tun zu haben. Es sei seine Idee gewesen, mich in dem Hotel unterzubringen. »Da kann man die Art von Hollywood-Erfahrung machen, die man im Four Seasons oder im Ma Maison nie kriegen würde, stimmt’s?« Dann wollte er wissen, ob ich das Chalet bewohnte, in dem John Belushi gestorben war. Ich sagte, ich wisse es nicht, habe aber meine Zweifel.
»Sie wissen natürlich, wer bei ihm war, als er starb? Die Studios haben alles vertuscht.«
»Nein. Wer denn?«
»Meryl und Dustin.«
»Sie meinen Meryl Streep und Dustin Hoffman?«
»Klar.«
»Woher wissen Sie das?«
»Die Leute quatschen. Das hier ist Hollywood, versteh’n Sie.«
Ich nickte, aber in Wirklichkeit verstand ich nicht besonders viel.
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Manche Leute behaupten, es gäbe Bücher, die sich selbst schreiben, aber das ist eine Lüge. Kein Buch schreibt sich von allein. Es braucht Denkarbeit und Recherche und Kreuzschmerzen und Notizen und mehr Zeit und Arbeit, als ihr euch vorstellen könnt.
Außer Menschensöhne , denn das hatte sich mehr oder weniger von selbst geschrieben.
Die nervtötende Frage, die man uns stellt – damit meine ich uns Schriftsteller – ist: »Woher bekommen Sie Ihre Ideen?«
Und die Antwort lautet: Konfluenz. Die Dinge laufen zusammen. Die richtigen Zutaten und plötzlich: Abrakadabra!
Es begann mit einem Dokumentarfilm über Charles Manson, den ich eigentlich nur zufällig sah (er war als Drittes auf einer Videokassette, die ich mir von einem Freund geborgt hatte, folgte den beiden Aufnahmen, die ich eigentlich hatte sehen wollen): In epischer Breite wurde die ganze Story aufgerollt. Mansons Verhaftung, die Anfangsphase, als alle dachten, er sei unschuldig, und die Regierung wolle nur einen Schlag gegen die Hippies führen. Und da auf dem Bildschirm war Manson – ein charismatischer, gut aussehender, messianischer Redner. Einer, für den man barfuß in die Hölle gegangen wäre. Einer, für den man töten konnte.
Der Prozess begann und nach ein paar Wochen war der charismatische Redner verschwunden. Statt seiner saß ein stammelndes, affenartiges Wrack auf der Anklagebank, ein Kreuz in die Stirn geritzt. Was immer ihm Genie eingehaucht hatte, war nicht mehr vorhanden. Verschwunden. Aber es war da gewesen.
Der Dokumentarfilm ging weiter: Ein Exsträfling mit stechendem Blick, der mit Manson zusammen gesessen hatte, erklärte: »Charlie Manson? Hör mal, Charlie war ein Witz. Ein Nichts. Wir haben uns über ihn lustig gemacht. Verstehst du? Er war eine absolute Null!«
Und ich nickte. Es hatte also eine Zeit gegeben, bevor Manson der
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