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Die Messerknigin

Titel: Die Messerknigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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drei Wochen lang gut. Mein erster Kundentermin war ziemlich aufregend: ich musste den Stecker der Nachttischleuchte am Bett eines englischen Filmstars wechseln, der mit seiner Darstellung wortkarger Cockney-Casanovas berühmt geworden war. Als ich dort ankam, lag er mit zwei wunderschönen Mädchen im Bett. Ich wechselte den Stecker aus und verschwand. Alles ging hoch anständig zu. Ich bekam nicht mal den winzigsten Zipfel Brustwarze zu sehen, geschweige denn eine Einladung, mich dem Trio anzuschließen.
    Drei Wochen später wurde ich gefeuert und verlor meine Unschuld am selben Tag. Es war ein nobles Haus in Hampstead. Niemand war daheim bis auf das Hausmädchen, eine kleine, dunkelhaarige Frau, die ein paar Jahre älter war als ich. Ich ging runter auf die Knie, um den Stecker auszutauschen, und sie stieg neben mir auf einen Stuhl, um die Oberkante der Tür abzustauben. Ich sah auf: sie trug Strümpfe und Strumpfhalter unter dem Rock und – Gott helfe mir – nichts sonst. So entdeckte ich, was es mit den Partien auf sich hatte, die die Bilder nicht zeigten.
    Ich verlor also meine Jungfräulichkeit unter einem Esstisch in Hampstead. Heutzutage sieht man keine Hausmädchen mehr. Sie sind einfach aus der Welt verschwunden wie der Kabinenroller und die Dinosaurier.
    Anschließend verlor ich meinen Job. Nicht einmal mein Boss, so felsenfest er auch von meiner kompletten Unfähigkeit überzeugt war, ließ sich weismachen, dass ich drei Stunden gebraucht hatte, um einen Stecker zu wechseln – und ich konnte ihm schlecht erklären, dass ich mich zwei dieser drei Stunden lang unter einem Esstisch hatte verstecken müssen, weil der Herr und die Dame des Hauses früher als erwartet heimgekommen waren, oder?
    Danach folgte eine Reihe kurzlebiger Anstellungen, erst als Drucker, dann als Setzer, bis ich schließlich bei einer kleinen Werbeagentur über einem Sandwichladen auf der Old Compton Street landete.
    Ich kaufte auch weiterhin das Penthouse . Alle sahen aus wie Statisten in Mit Schirm, Charme und Melone , aber im wirklichen Leben sahen die Leute genauso aus. Artikel über Woody Allen und Sapphos Insel, Batman und Vietnam, Peitschen schwingende Stripperinnen in Aktion, Mode und Prosa und Sex.
    Die Anzüge bekamen Samtkragen und die Mädchen verunstalteten sich die Haare. Fetisch war Mode. London swingte, die Titelseiten der Zeitschriften wurden psychedelisch und selbst wenn kein Acid im Leitungswasser war, benahmen wir uns doch zumindest so, als wäre es der Fall.
    1969 sah ich Charlotte wieder. Ich hatte die Hoffnung längst aufgegeben und dachte, ich hätte vergessen, wie sie aussah. Dann kam eines Tages der Geschäftsführer der Agentur und legte ein Penthouse vor mir auf den Tisch. Wir hatten eine Zigarettenwerbung darin platziert, die ihm ausnehmend gut gefiel. Ich war dreiundzwanzig und mächtig im Aufwind, leitete die künstlerische Abteilung, so als wisse ich, was ich tat, und manchmal war das sogar der Fall.
    Ich kann mich an die Ausgabe kaum erinnern. Nur an Charlotte. Die Haare wild und sandfarben wie eine Löwenmähne, die Augen provokativ und sie lächelte, als kenne sie alle Geheimnisse des Lebens, wolle sie aber in ihrer unbekleideten Brust verschlossen halten. Sie hieß nicht mehr Charlotte, sondern Melanie oder so. Im Text stand, sie sei neunzehn.
    Ich lebte zu der Zeit mit einer Tänzerin namens Rachel zusammen in einer Wohnung in Camden Town. Rachel war die hübscheste, wunderbarste Frau, die ich je gekannt habe. Und ich ging an diesem Tag früher als sonst nach Hause, die Bilder von Charlotte in meinem Aktenkoffer, schloss mich im Bad ein und wichste, bis mir die Sinne schwanden.
    Kurz darauf trennten wir uns, ich und Rachel.
    Die Werbeagentur boomte – alles boomte in den Sechzigern – und 1971 bekam ich den Auftrag, »Das Gesicht« für eine Modefirma zu finden. Sie wollten eine Frau, die alles Sexuelle verkörperte, die ihre Produkte trug, als wolle sie im nächsten Moment die Arme heben und sie sich vom Leibe reißen – wenn ihr nicht irgendein Mann zuvorkam. Und ich wusste die perfekte Lösung: Charlotte.
    Ich rief bei Penthouse an. Niemand dort verstand, wovon ich sprach, aber schließlich verwiesen sie mich unwillig an die beiden Fotografen, die die Aufnahmen von ihr gemacht hatten. Die Leute vom Penthouse schienen mir nicht so recht zu glauben, als ich sagte, es sei beide Male dasselbe Mädchen gewesen.
    Ich wandte mich an die Fotografen in der Hoffnung, den Namen ihrer Agentur zu

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