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Die Messerknigin

Titel: Die Messerknigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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alles ein bisschen eigenartig.

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    Ben Lassiter erwachte frierend am Hang eines Hügels mit hämmerndem Schädel und einem ekligen Geschmack im Mund. Sein Kopf ruhte auf seinem Rucksack. Felsige Heidelandschaft umgab ihn auf allen Seiten und er entdeckte keinerlei Anzeichen einer Straße oder eines Dorfes, weder malerisch noch charmant oder reizend, nicht einmal pittoresk.
    Er taumelte und hinkte fast eine Meile zur nächsten Straße, der er folgte, bis er eine Tankstelle erreichte.
    Man sagte ihm, es gebe hier in der Gegend nirgendwo ein Dorf namens Innsmouth. Kein Dorf mit einem Pub, der The Book of Dead Names heiße. Ben berichtete von zwei Männern, Wilf und Seth, und einem Freund von ihnen, der irgendwo unter dem Meer schlief, wenn er nicht tot war. Die Leute von der Tankstelle erklärten ihm, sie hielten keine großen Stücke auf amerikanische Hippies, die hier durch die Gegend streiften und Drogen nahmen, und dass er sich nach einer schönen Tasse Tee und einem Gurken-Thunfisch-Sandwich bestimmt besser fühlen würde, doch für den Fall, dass er darauf bestehe, durch die Gegend zu streifen und Drogen zu nehmen, würde der junge Ernie, der die Nachmittagsschicht hatte, ihm sicher nur zu gern ein Beutelchen mit seinem selbst gezüchteten Cannabis verkaufen, wenn er nach der Mittagspause noch mal wiederkommen könnte.
    Ben zog seine Wanderung entlang der britischen Küsten aus der Tasche und versuchte, Innsmouth darin zu finden, um ihnen zu beweisen, dass er es nicht geträumt hatte, aber er konnte die Seite nicht finden. Falls es sie je gegeben hatte. Doch etwa in der Mitte des Buches war eine Seite großteils herausgerissen worden.
    Und dann rief Ben sich ein Taxi, das ihn zum Bahnhof in Bootle brachte. Von dort nahm er den Zug nach Manchester, von dort einen Flieger nach Chicago, wo er umstieg nach Dallas, von wo aus er weiter nach Norden flog und schließlich fuhr er mit einem Mietwagen heim.
    Er fand die Gewissheit, sechshundert Meilen vom Meer entfernt zu leben, äußerst beruhigend, obwohl er später nach Nebraska zog, um die Entfernung zum Meer zu vergrößern. Es gab Dinge, die er gesehen hatte oder glaubte gesehen zu haben in jener Nacht unter dem alten Pier, die er einfach nicht mehr aus seinem Kopf bekam. Es gab Dinge, die unter grauen Regenmänteln lauerten, die besser kein Mensch wissen sollte. Squamös. Er brauchte es nicht nachzuschlagen. Er wusste es. Sie waren squamös .
    Ein paar Wochen nach seiner Heimkehr schickte Ben sein mit Randbemerkungen versehenes Exemplar von Eine Wanderung entlang der britischen Küsten über den Verlag an die Autorin. Er fügte einen ausführlichen Brief mit einer Vielzahl hilfreicher Verbesserungsvorschläge für zukünftige Auflagen bei. Außerdem bat er die Autorin um eine Kopie der Seite, die aus seinem Buch herausgerissen worden war, weil er hoffte, das werde seine Ängste zerstreuen. Doch insgeheim war er erleichtert, als die Tage zu Monaten wurden, Monate zu Jahren und Jahre zu Jahrzehnten, und sie niemals antwortete.

Virus

    Es gab ein Computerspiel, ich bekam es geschenkt,
    ein Freund gab es mir, er spielte es,
    er sagte, es ist super, das musst du spielen,
    und das tat ich und das war es.
    Ich kopierte es von der Diskette, die er mir gab,
    für alle, ich wollte, dass jeder es spielte.
    Jeder sollte so viel Spaß haben.
    Ich schickte es übers Netz an Bulletin Boards,
    doch vor allem schickte ich es all meinen Freunden.
    (Persönlicher Kontakt. Auf diesem Weg wurde es mir gegeben.)
    Meine Freunde waren wie ich: manche fürchteten Viren,
    man bekommt eine Diskette und nächste Woche oder am Freitag dem 13.
    formatiert sie deine Festplatte oder infiziert deinen Speicher.
    Aber bei der hier passierte das nicht. Die war todsicher.
    Selbst die Freunde, die keine Computer mochten, fingen an zu spielen.
    Je besser man wurde, umso schwieriger wurde das Spiel,
    vielleicht gewinnt man nie, aber man kann ziemlich gut werden.
    Ich bin ziemlich gut.
    Natürlich muss ich viel Zeit in das Spiel investieren.
    Das tun auch meine Freunde. Und deren Freunde.
    Und auch die Leute, die man trifft, man sieht sie
    die alten Autobahnen entlanggehen
    oder irgendwo Schlange stehen, fort von ihren Computern
    oder den Spielsalons, die über Nacht wie Pilze aus dem Boden schossen,
    doch sie spielen es in ihren Köpfen weiter,
    kombinieren Formen,
    rätseln über Konturen, ordnen Farbe zu Farbe,
    verschieben Signale in neue Bildschirmabschnitte,
    lauschen der Musik.
    Ja, die Menschen

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