Die Messermacher (German Edition)
schmiegte sich in die Arme ihrer Mutter.
„Wie meinst du das? Seit Oma tot ist, oder was meinst du?“, wollte Delfina mitfühlend wissen, denn dass ihr Schwiegervater einfach nicht zum Essen kommen wollte, konnte auch sie nicht verstehen.
„Ja. Bin ich anders, seit Oma nicht mehr lebt?“, fragte Nora nochmals mit Nachdruck, denn es schien ihr wirklich wichtig zu sein.
„Nun ja – nicht wirklich anders. Vielleicht manchmal ein bisschen trauriger und noch mehr um Opa bemüht, aber sonst bist du wie immer, mein kleiner Sonnenschein“, versuchte Delfina ihre Tochter zu trösten.
„Opa will alleine sein und ist segeln gefahren“, knurrte das Mädchen und man hörte ihr an, dass sie darüber sehr enttäuscht war. Opa war das Segeln also wichtiger als mit ihnen zusammen zu sein, das war schon schlimm – das war sogar richtig gemein! Wurde man in der Trauer manchmal so?
Doch plötzlich riss sich Nora förmlich aus der Umarmung ihrer Mutter und verkündete:
„Wenn der Opa nicht will, dann essen wir eben alleine! Dass Marianne zu spät kommt, war mir ja klar. Ich hab jedenfalls einen Mordshunger! Ihr nicht?“, fragte sie ihre Eltern, die zustimmend nickten.
„Wo ist Felix?“, wollte sie dann noch wissen, doch ihre Eltern verdrehten nur die Augen. Das konnte nur bedeuten, dass er, wie meistens, an seinem Computer saß.
„Felix!!!“, rief Nora deshalb in ihrer höchsten Lautstärke, dass ihren Eltern beinahe das Trommelfell platzte.
„Wenn du Spaghetti willst, musst du deinen Arsch endlich hierher bewegen!“, setzte Nora noch hinzu und erntete ein zweistimmiges: „NORA!“
„Ob Opa den Moritz wohl mitgenommen hat?“, fragte Felix mit aus dem Mundwinkel hängenden Nudeln.
„Das will ich doch hoffen, der hat den armen Kerl doch ganz sicher nicht einfach alleine gelassen, ohne uns zu informieren!“, entrüstete sich Marianne, die inzwischen auch gekommen war und verfügte, dass jemand nach dem Essen sofort in die Werkstatt fahren sollte, um nachzusehen, ob der arme Hund womöglich dort alleine war. Aber so recht vorstellen konnte sich das niemand, denn trotz der großen Trauer und der anstrengenden letzten Tage würde Reno niemals ein weiteres Mal seinen Hund vergessen. Das bestätigte sich dann auch, als Felix mit der Nachricht zurückkam, dass Moritz nicht in der Werkstatt war. Wahrscheinlich segelten die beiden gerade über den Chiemsee und genossen die Sonne und den Wind. Doch Nora konnte sich das nicht so richtig vorstellen, denn sie wusste, dass Moritz Wasser hasste und dass es ihm beim Autofahren schon übel wurde. Wie sollte das erst auf dem Wasser sein? Wie kam ihr Opa nur dazu, den armen Hund auf eine so lange Autofahrt mitzunehmen und ihn dann auch noch aufs Wasser zu zwingen? Reno musste wirklich total übergeschnappt sein! Die immer noch sehr verärgerte junge Dame war wirklich neugierig, was ihr Großvater am Sonntagabend über seine überstürzte Spritztour berichten würde. Sie stellte sich den armen Moritz mit blasser Nasenspitze und einer Spucktüte um den Hals vor und musste grinsen – wenn alles nicht so traurig wäre, hätte man wirklich darüber lachen können.
Keiner dachte darüber nach, dass der alte Moritz ja auch, wie beim letzten Mal, als ihr Opa Hals über Kopf abgehauen war, einen Ausflug zu seinen Freundinnen hätte unternehmen können. Irgendwie gingen alle diesmal davon aus, dass Reno seinen Hund mitgenommen hatte.
Die Familie war gerade noch bei der Nachspeise (es gab Panna Cotta), da klopfte es an ihrer Haustüre, wo ein altmodischer Türklopfer die fehlende Klingel ersetzte. Nora sprang sofort hoch, als wäre sie von etwas gestochen worden und schrie im Hinausstürmen:
„Das ist Opa!“
Doch wie enttäuscht war sie, als vor ihr ein wesentlich jüngerer Mann stand und sie freudestrahlend anlächelte.
„Guten Tag, Herr Kiss“, brachte Nora mühsam heraus, sie konnte ihre Enttäuschung einfach nicht verbergen. Was ihr zwar irgendwie leid tat, denn dieser nette Polizist konnte ja nichts dafür, dass er nicht ihr Opa war, aber dennoch schmerzte es sehr, nicht Reno vor sich zu haben.
„Hallo, Fräulein Angerer! Ich hoffe, ich störe nicht beim Mittagessen?“, fragte Joska etwas zerknirscht, denn er hatte gar nicht auf die Uhr geschaut.
„Nein, wir sind gerade fertig. Mögen Sie noch etwas Panna Cotta?“, fragte die junge Dame nun doch etwas freundlicher und bat ihren Gast ins Haus.
„Nein danke,
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