Die Messermacher (German Edition)
einige Monate her. Das war im Frühjahr, als die Bienen das erste Mal ausgeflogen waren, um ihren Darm nach dem langen Winter zu entleeren und als Reno die Bienenkästen mit einem Mittel behandelt hatte, damit die Varroa-Milbe ihnen nichts anhaben konnte.
Das alles erzählte sie ihrem Begleiter auf dem Weg hinters Haus und hinauf zur Scheune, hinter der zwei Bienenkästen standen.
„Den ersten Honig haben wir bereits geschleudert, also Raps- und Blütenhonig. Bald will Opa die Kästen in den Welzheimer Wald fahren, um noch ein bisschen Waldhonig zu bekommen. Ich mag ja den Waldhonig nicht so gern, weil der immer vom Brot läuft und wenn man ihn länger stehen lässt, kristallisiert er ein und dann mag ich ihn erst recht nicht mehr. Und Sie?“ Nora redete mal wieder ohne Punkt und Komma, doch dem jungen Beamten schien das nichts auszumachen – im Gegenteil – er genoss die frische Art von dieser Nora sehr und zeigte reges Interesse an den Bienen.
„Ich mag eigentlich alles –Hauptsache, es ist süß“, lächelte er und fügte noch in Gedanken hinzu: Und deshalb mag ich auch Sie, liebe Nora, weil Sie so süß sind!
„Ach ja“, sagte Nora nun auch lächelnd, „Sie lieben ja auch Nutella. Das mag ich auch und meinen Kaffee trinke ich auch zuckersüß. Meine Familie lästert immer über mich, weil ich fünf Stück Zucker pro Tasse brauche.“ Warum erzähl ich dem das überhaupt?
„Das erscheint mir jetzt aber doch auch etwas viel“, antwortete Joska und verzog dabei sein Gesicht, was Nora besonders niedlich fand.
„Ich rühre ja nicht um“, erklärte das Mädchen und ihr Gegenüber meinte nur: „Ach so … “
Damit kam ihr Gespräch erst mal zum Erliegen und sie schauten verlegen den fleißigen Bienen zu, bis Nora plötzlich sagte:
„Zum Glück brauchen die Bienen den Opa nicht – sie kommen auch ganz gut alleine klar. Zumindest im Moment. Aber morgen will er ja wieder zu Hause sein.“
Sie sagte das so traurig, dass der junge Mann schon wieder versucht war, sie irgendwie und irgendwo zu berühren, doch er hielt sich zurück. Doch Nora sah ihn plötzlich intensiv an und fragte leise:
„Jetzt, wo die Ermittlungen abgeschlossen sind, könnten wir uns doch duzen. Sie sind doch nicht dienstlich hier, stimmt`s?“
Völlig überrumpelt schaute Joska das hübsche Fräulein an, das sich gerade ihren Zopf aufmachte, den sie während des Kochens und Essens getragen hatte. Mein Gott … welche Haarpracht … welch leuchtendes Rot hier in der Sonne! Der junge Mann war so überwältigt, dass er zunächst etwas sprachlos und über sich selbst erstaunt war. Um Worte verlegen war er doch sonst nie! Er stammelte und war sich dabei bewusst, dass er Nora schon wieder anlügen musste:
„Nein … ich bin privat hier und würde gerne Du sagen. Also … ich bin der Joska.“
„Meinen Namen kennen Sie … äh … kennst du ja und das alberne Küssen und Arme verschränken lassen wir besser weg“, bestimmte Nora und fragte dann geschäftig:
„Was willst du noch über die Imkerei wissen?“
„Äh … also … na, ja … wie man anfängt und was man alles dazu braucht … und welche Bestimmungen es gibt … und … .“
„Halt, halt, halt!“, rief Nora dazwischen. „Normalerweise bin ich es, die ständig mehrere Fragen auf einmal stellt und das, was du da alles wissen willst, muss dir wirklich mein Opa erklären. So genau weiß ich das alles nämlich doch nicht“, erklärte Nora schnell und dachte bei sich:
Ich wollte doch bloß nicht, dass du so schnell wieder verschwindest!
„O.k., dann werde ich wohl auf Herrn Angerer Senior warten müssen. Schade eigentlich, denn von dir hätte ich es mir viel lieber erklären lassen“, meinte Joska und versuchte sein nettestes Frauenherzen-Herumkrieg-Lächeln, doch Nora fragte nur frech:
„Warum?“, obwohl sie es sich durchaus denken konnte.
„Du weißt warum“, gurrte Joska leise und rückte etwas näher an dieses wundervolle Geschöpf heran.
„Wenn es dir wirklich um die Imkerei geht, solltest du froh sein, von einem erfahrenen Imker belehrt zu werden und nicht von einer, die bisher nur ab und zu mal zugeschaut hat. Ich sollte jetzt besser wieder rein gehen und beim Abwasch helfen“, sagte Nora entschlossen, denn sie war immer noch verärgert, dass dieser Joska sie angelogen hatte. Sie wusste, dass er ihren Fall immer noch nicht ganz abgeschlossen hatte und ihren Großvater nochmals ausfragen wollte. Sie
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