Die Messermacher (German Edition)
fand diesen Typen zwar äußerst anziehend, sogar richtig sexy, aber dennoch hatte er sie angelogen und das konnte sie ihm so schnell nicht verzeihen. Da musste er sich schon noch ein bisschen mehr anstrengen, der Gute!
„Du glaubst mir nicht, dass ich wegen der Imkerei gekommen bin?“, fragte Joska dann auch, obwohl er nicht bereit war, die Wahrheit zu sagen.
„Nein“, antwortete Nora nur und ließ ihn mit einem knappen „Auf Wiedersehen!“, einfach stehen. Na toll, jetzt hatte er es wohl vermasselt. Aber bevor er mit diesem Reno nicht nochmals gesprochen hatte, brauchte er Nora nicht mehr unter die Augen zu treten. Das spürte er genau und deshalb rief er ihr nur hinterher:
„Danke für die Informationen! Ich rufe dann am Montag in der Werkstatt an und frage deinen Opa, ob er mal Zeit für mich hat!“
Nora gab ihm darauf jedoch keine Antwort und verschwand, ohne sich nochmals umzudrehen, im Haus.
Niedergeschlagen verließ Joska Kiss den Hof, ohne einen Blick für die tolle Aussicht zu haben oder das erst vor kurzem renovierte Fachwerkhaus oder das neu errichtete Holzhaus zu bewundern. Hier hatten sich die Angerers wirklich einen lange gehegten Traum verwirklicht und sich eine Oase der Ruhe im schönen Ottenbacher Tal geschaffen. Doch darüber machte sich der junge Kriminaler keinerlei Gedanken, denn immer noch ging ihm diese eigentümliche Szene bei der Beerdigung von Adele Angerer nicht aus dem Kopf, als er beobachtet hatte, wie Marianne ihren Vater von diesem langhaarigen Typen fast schon panisch weggezogen hatte. Wenn das ein säumiger Zahler gewesen sein sollte, war diese Reaktion doch sehr übertrieben gewesen und er wollte Reno Angerer unbedingt dazu befragen. Das ließ ihm einfach keine Ruhe und er fieberte dem Montag schon heute entgegen. Ganz in Gedanken fuhr er zurück in den Ort und merkte gar nicht, wie er automatisch das Anwesen der Angerers angesteuert hatte. Er parkte ganz in der Nähe hinter einem größeren Busch, kurbelte das Fenster seines kleinen Minis herunter, stellte den Fahrersitz etwas schräg und schloss die Augen. Er hatte heute nichts mehr vor und er wollte einfach ein bisschen hier sitzen und nachdenken. Manchmal half ihm das, die Dinge klarer zu sehen, doch heute war es aus einem anderen Grund von außerordentlicher Tragweite, dass er genau hier saß.
Als Nora ins Haus kam, hörte sie ihre Tante gerade beschwörend auf die anderen einreden:
„ … jetzt wo Adele tot ist, müssen wir Papa dazu bringen, dass er uns endlich die Firma überschreibt! Wir warten darauf einfach schon zu lange und die Werkstatt braucht eine moderne Führung, das muss Papa doch einsehen!“
„Nun beruhige dich doch, Marianne!“, beschwichtigte Jakob seine aufgebrachte Schwester. „Mama ist kaum unter der Erde und du willst schon alles an dich reißen!“
„Ja, Schwesterherz! Lass Reno doch noch ein paar Tage Zeit. Wirst sehen – nach dem Segeln hat er sich beruhigt und wird uns ganz von selbst die Firma übergeben“, meinte auch Tobias und Nora wurde es fast schlecht bei diesen Worten. Darauf waren also alle aus – sie wollten endlich die Firma ganz für sich alleine haben! Armer Opa … obwohl … wenn sie genauer darüber nachdachte, war es für ihren Opa doch sicher besser, wenn er sich nicht mehr mit all diesen geschäftlichen Dingen auseinandersetzen musste und er sich einteilen konnte, wann und wie viel er arbeiten wollte. Dass er weiterhin mitarbeiten würde, stand sicher nicht außer Frage. Es gab immer noch viele Tätigkeiten, die man auch mit einer etwas zittriger werdenden Hand und schlechten Augen (wozu gab es Brillen und Lupen?) ausführen konnte. Nora ging hinauf in ihr Zimmer und wollte den Dingen einfach ihren Lauf lassen. Ihr war es letztendlich egal, wer die Firma führte. Solange sie pünktlich ihr Gehalt bekam und weiterhin die Arbeiten machen durfte, die ihr lagen und die ihr Spaß machten, war alles in Ordnung. Nur eine Sorge hatte sie: Hoffentlich wurde ihr Opa bald wieder der Alte und sie musste sich um ihn keine Sorgen mehr machen. Dass Letzteres allzu bald eintreffen würde, konnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen!
20
Aber Nora wäre nicht Nora gewesen, wenn sie wirklich untätig herumgesessen wäre. Selbst ihr neuestes Buch konnte sie nicht wirklich von ihren Grübeleien ablenken. Es war zwar äußerst spannend und man konnte sehr viel über die forensische Arbeit und Kriminalistik lernen, doch immer wieder
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