Die Messermacher (German Edition)
Telefon und mein Handy hatte ich neben mir, falls Reno anrufen sollte und ansonsten starrte ich nur immer auf den gleichen Punkt – auf das Tor, durch das mein geliebter Reno (hoffentlich bald) kommen würde. Inzwischen zweifelte ich nicht mehr daran, dass er kommen würde – ich wusste es einfach – bald würde ich ihn wieder in den Armen halten und alles andere war vergessen.
Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn das Geräusch, das Räder auf dem Kies verursachen, weckte mich und ich schreckte hoch.
Reno!
Ich konnte es zunächst kaum glauben, aber da bog wirklich gerade sein roter Flitzer um die Ecke und parkte mit rasantem Schwung neben meinem Wagen. Ein weißhaariger Mann stieg aus und ich glaubte wirklich, meinen Reno vor mir zu haben. Doch sicher konnte ich noch nicht sein und so beobachtete ich ihn, wie er auf mein Haus zulief, dabei zu mir nach oben schaute, aber nicht lächelte, sondern nur mit forschen Schritten auf meine Türe zu marschierte. Ich hatte Mühe, mich zu erheben und nach unten zu gehen. Denn er klopfte wie ein Wahnsinniger an die Türe, obwohl er doch wusste, dass ich ihn gesehen hatte! Kein gutes Zeichen! Er war wohl wütend, das war wirklich gar nicht gut. Meine Nachricht musste ihn so in Rage versetzt haben, was ja auch zu verstehen war, aber ich wollte doch nur, dass er zu mir kommt. Ich hätte ihn doch niemals verraten! Doch bevor ich über die große Treppe nach unten kam, war er schon drin. Er hatte wohl den im Blumentopf hinterlegten Schlüssel genommen und selbst aufgeschlossen. War das ein Zeichen, dass es der „echte“ Reno war? Oder hatte der Betrüger uns womöglich schon lange ausspioniert und wusste von diesem Schlüsselversteck?
Ich blieb wie angewurzelt oben an der Empore stehen und Reno kam wütend wie ein Stier über die Stufen zu mir nach oben. Ich war sehr erstaunt, wie flink dieser alte Mann hier die Treppen heraufgehastet kam. Kaum war er bei mir, packte er mich am Kragen und schrie mich an:
„Wie kannst du es wagen, mich so zu erpressen!“
Er war wie von Sinnen und ich wehrte mich, so gut ich konnte. Ich packte seine Hände, zerrte sie mir mit aller Kraft vom Leib und verpasste ihm einen Schubs, um etwas Abstand zwischen uns zu bringen. Der Stoß fiel allerdings etwas zu stark aus und Reno fiel rücklings über die Treppen zurück nach unten. Ich schaute ihm bewegungslos und völlig versteinert zu, wie er unkontrolliert hinunterpurzelte und dann regungslos liegen blieb.
Oh nein! Mein Gott – was hatte ich getan! Reno!
Endlich kam Leben in meine Beine und sie gehorchten mir in so weit, dass ich die Treppen hinunterstolpern und mich neben ihn werfen konnte. Er hatte die Augen geschlossen, doch er atmete noch ganz schwach.
„Reno!“, schrie ich ihn an. „Reno – sieh mich an! Ich bin`s, dein Rüdiger. Wach doch auf! Du darfst jetzt nicht sterben!“ Ich schüttelte ihn, gab ihm ein paar Ohrfeigen und heulte und schluchzte, bis er endlich die Augen öffnete.
„Endlich … Reno … Liebster … was machst du nur für Sachen?“, stotterte ich, obwohl ich es ja war, der ihn in diese missliche Lage gebracht hatte.
„Warum lässt du mich … nicht … gehen?“, krächzte mein geliebter Reno, denn ich war mir jetzt sicher, dass es der echte Reno war, der hier vor mir lag und ich wusste nicht, ob er schlimme Verletzungen hatte oder ob es ihm soweit gut ging. Dennoch musste ich wissen, was es mit diesem anderen Reno auf sich hatte.
„Warum hast du mir einen Doppelgänger auf den Hals gehetzt?“, fragte ich deshalb laut und Reno zuckte merklich zusammen.
„Doppelgänger?“, fragte er leise und schaute mich dabei so unschuldig an, dass ich es ihm fast abgekauft hätte. Doch so leicht kam er mir nicht davon.
„Ja, dieser Doppelgänger war hier und wollte mit mir Schluss machen – einfach so! Er hatte sogar dein Smartphone, denn dein Sohn hatte versucht, dich darauf anzurufen! Warum bist du nicht selbst gekommen und hast mir gesagt, dass du mich nicht mehr liebst?“
„Ich war das nicht … zumindest kann … ich … mich nicht mehr … daran erinnern. Da war so ein Typ … in unserer Stammkneipe in … München … der hat mir das … irgendwie eingeredet … glaub ich … ach, ich weiß es auch nicht …“, röchelte Reno jetzt nur noch und ich geriet in Panik. Er konnte doch jetzt nicht auch noch sterben! Ich zog seinen Kopf auf meinen Schoß und flüsterte ihm zu:
„Dieser Doppelgänger liegt tot
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