Die Messermacher (German Edition)
an seinen Mund. Bevor er einen Kuss auf ihren Handrücken hauchen konnte, flüsterte er:
„Ich liebe dich, Nora.“
Nora konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie wusste nur, dass sie diesen süßen, gutaussehenden, lieben, netten jungen Kerl auf der Stelle küssen musste, sonst würde sie noch durchdrehen! Sie brauchte jemanden, an dem sie sich festhalten konnte und sie brauchte ihn! Genau diesen Typen, der ihr in den letzten Stunden zur Seite gestanden, der sie gerettet hatte und der ihr auch weiterhin helfen konnte.
„Was geht denn hier ab?“, fragte plötzlich eine krächzende Stimme und Nora riss sich erschrocken von Joska los.
„Felix!“, schimpfte sie. „Hast du denn überhaupt keine Manieren?“ Doch sie lächelte dabei, sprang aus dem kleinen Mini und umarmte ihren verdutzten Bruder stürmisch. Der wusste nicht, wie ihm geschah, ließ es aber heldenhaft über sich ergehen. Irgendwie schien er zu spüren, dass seine Schwester das gerade brauchte. Er konnte nur nicht sagen, warum. Es war einfach nur so ein Gefühl.
Auch Joska war ausgestiegen und lächelte Felix zaghaft an. Felix grinste zurück und schob seine Schwester dann vorsichtig von sich.
„Was ist los, Nora? Du benimmst dich echt ein bisschen komisch“, meinte er dann doch und schaute auch Joska fragend an.
„Das ist eine sehr lange Geschichte und die möchten wir nicht zwei mal erzählen. Wo ist der Rest der Familie?“, fragte Nora und hakte sich bei ihrem Bruder und Joska unter. Während sie aufs Haus zugingen, klärte Felix die beiden auf.
„Also Opa ist leider immer noch nicht zurückgekommen. Marianne ist glaub ich immer noch bei einem Kunden in München, Papa und Mama sind im Haus und Onkel Tobias ist hinten bei den Bienen. Irgendjemand muss sich ja um den Honig kümmern, wenn Opa nicht da ist. Aber der arme Tobias flucht die ganze Zeit, weil er ständig trotz Schleier gestochen wird und weil die Zargen so schwer sind. Aber wenn er den Honig jetzt nicht runter nimmt, zuckert der ein und man kriegt ihn gar nicht mehr rausgeschleudert. Ich hab ihm den ganzen Tag schon geholfen und bin jetzt echt vollkommen erledigt. Wie Opa das bisher immer allein geschafft hat, weiß ich auch nicht.“
Bei der Erwähnung ihres Großvaters traten Nora schon wieder die Tränen in die Augen und sie wischte sie verstohlen weg. Sie wollte jetzt nicht schon wieder weinen, wo die anderen doch noch gar nicht wussten, was alles passiert war.
„Kannst du Tobias holen. Wir müssen euch dringend alles erzählen“, bat Nora ihren Bruder und ging mit Joska schon mal ins Haus.
„Nora! Endlich bist du zurück! Wie war es beim Klassentreffen?“, freute sich Delfina und nahm ihre Tochter in die Arme. Erst dann warf sie einen Blick auf deren Begleiter und stutzte.
„Was machen Sie denn hier?“, fragte sie etwas unfreundlich, obwohl sie den jungen Polizisten eigentlich ganz gut leiden konnte.
„Das ist eine sehr lange und traurige Geschichte, Mama. Wo ist Papa?“, fragte Nora und zog ihre Mutter ins Wohnzimmer, wo sich dann auch Felix und Tobias gespannt niederließen.
„Hier bin ich, Schatz!“, rief Jakob und umarmte seine Tochter. „Schön, dass du wieder da bist. Aber was ist los? Du siehst so traurig aus. Erzähl!“
„Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll“, klagte Nora wahrheitsgemäß, doch Joska nahm ihre Hand ganz fest in seine und ermunterte sie so, einfach mal anzufangen. Dankbar drückte auch sie seine starke Hand und fing an:
„Also … als erstes sollte ich euch vielleicht sagen, dass Opa tot ist.“
„Was?!?“, riefen natürlich alle durcheinander und es dauerte eine Weile, bis sich die Familie wieder beruhigt und diese Tatsache einigermaßen verdaut hatte.
„Wie es passiert ist, wissen wir noch nicht genau, aber es sieht so aus, als wäre es ein Unfall in Rüdiger Haupts Haus gewesen. Ihr kennt doch den Messermacher aus Thüringen? Also der Rüdiger ist schon sehr lange ein richtig guter Freund von Opa, nur haben wir das nicht mitbekommen. Nach Omas Tod war er so durcheinander, dass er zu ihm gefahren ist. Nach dem tödlichen Unfall wusste sich Rüdiger nicht anders zu helfen, als Opa in seinem Garten zu vergraben.“
„Aber woher weißt du das alles, Nora!“, fragte Delfina, deren scharfer Verstand bereits auf Hochtouren arbeitete.
„Ich hab euch angelogen, als ich behauptete, ich würde mich mit alten Klassenkameraden treffen. Jetzt kommen wir
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