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Die Mestizin

Die Mestizin

Titel: Die Mestizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: César Aira
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und rauchten, nachdem sie gebadet hatten. Bei Tagesanbruch war das Wasser wärmer als die Luft; sobald im Osten das erste Licht aufschien, vertrieben sie sich die Zeit mit Schwimmen. Auf der Wiese lag noch der Glanz des Morgentaus, und die Indianer streckten sich darauf aus, ließen sich zwischen den Wellen des Feuers trocknen, die im Rauch der Zigaretten sichtbar wurden. Als sie hinuntergingen, kam gerade eine Gruppe von etwa dreißig Wilden aus dem Wasser, die sich unter Gejohle schüttelten. Bei einem großen Feuer, auf dem Kaffee und Tee gekocht wurde, zündeten sie die ersten Zigaretten an, deren Rauch sie tief und genussvoll einsogen.
    Sie trennten sich, die Freundin gesellte sich zu einer Gruppe von Indianern, und Erna ging zum Bach, um den Kleinen zu waschen; sie setzte sich mit den Füßen im Wasser auf einen Stein, ein wenig abseits von der Stelle, an der die Kinder spielten. Angenehm warm umspülten Wellen ihre Haut. Sie schöpfte ein paar Tropfen mit der Hand und wusch Francisco das Gesicht. Der Junge wand sich. Es herrschte Ruhe und Stille, und sie gab sich Tagträumen hin. Plötzlich tauchte vor ihnen, fast zwischen Ernas Füßen, der Kopf eines Indianers auf, der unter Wasser herangeschwommen war, um sie zu überraschen. Ein Gesicht mit schiefen Zügen, einem riesigen Mund und Schielaugen, wie man sie oft bei den Wilden antraf. Der Kopf tauchte unter und kam wieder hoch, mit vollendetem Geschick, und lachte die ganze Zeit dabei. Ein Clown. War es vielleicht ein abgeschnittener Kopf, der von der teuflischen Kraft des Lachens angetrieben wurde? Doch plötzlich schoss der Indianer lang gestreckt über die Wasseroberfläche, sein prachtvoller Körper glänzte ein paar Sekunden auf, gehüllt in den Wirbel der Wellen, die er teilte, und schwamm davon.
    In der Mitte des stehenden Gewässers fischten sie mit Reusen und angespitzten Stöcken. Vor Sonnenaufgang gingen die Kinder hinaus, um die begehrten Flussmollusken zu suchen, die sich die Vögel erst Stunden später, bei helllichtem Tag, holen konnten. Heute hatten sie die Ufer wohl leer geputzt, denn von den Bäumen hörte man die raue Klage der Ibisreiher und der Eisvögel. Vielleicht hatten sie einen leeren Magen und warteten auf den rechten Moment, etwas zu stibitzen.
    Erna sah sich um. Die Mädchen trugen stets im Nacken ein paar winzig kleine Kämme um den Hals, um ihr schwarzes Haar bei jeder Gelegenheit wieder schön glatt kämmen zu können; sie lieh sich von einem, das in der Nähe vorbeiging, einen aus und kämmte sorgfältig den Jungen. Anschließend ging sie zu einem der Kreise, in denen das Frühstück zubereitet wurde. Einige Indianerinnen und Indianer und zwei oder drei weiße Frauen warteten darauf, dass die Bratspieße mit den großen, symmetrisch wie Schmetterlingsflügel aufgeklappten Fischen resch wurden. Sie boten ihr wilde Melonen an, die groß wie Äpfel waren und sauer schmeckten.
    Neugierig nahm sie ein winziges Ei aus einem Bastkörbchen.
    «Sind das Rebhuhneier?», fragte sie die Indianerin, die neben ihr stand.
    «Nein. Vom Perlhuhn. Nimm dir, so viel du willst.»
    Die amerikanischen Perlhühner sind kleiner als die aus Afrika, fast wie Möwen, und die fingerhutgroßen Eier graugrün, mit einem roten Fleck am Scheitelpunkt. Sie schlug zwei davon in ein Milchglas, das man ihr gereicht hatte, rührte um, bis sich die Flüssigkeit gelblich färbte, und Francisco trank alles fleißig bis zum letzten Tropfen aus. Die Indianer kamen vom Wasser zurück und schüttelten ihr nasses Haar. Erna trank auch ein Glas Milch und zündete sich eine Zigarette an, die erste an diesem Tag.
    Sie atmete tief ein, die Augen geschlossen, und stieß eine ganze Weile später eine große Rauchwolke nach oben aus. Die Sonne war schon aufgegangen. Sie erstrahlte über der Ebene auf der anderen Seite des Baches. Schließlich fingen alle Vögel zu singen an, ungeachtet ihres Elends. Das Glück des Tages nahm wie ein unentrinnbares Schicksal von ihnen Besitz. Sogar die Raben schienen sich fröhlich zu unterhalten. Die Fische waren schon gar. Sie bestreuten sie mit Salz und weißem Pfeffer. Erna aß eine Hälfte und trank ein Gläschen Wildfruchtlikör. Die Frauen zündeten Zigaretten an und führten sie den Männern mit einer charakteristischen Geste zum Mund. Es waren immer mehr Leute gekommen, darunter Soldaten, die ein Bad nahmen oder tranken und beim Feuer saßen und rauchten. Sie hatten tiefe Augenringe und waren leichenblass: Wahrscheinlich hatten sie die

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