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Die Mestizin

Die Mestizin

Titel: Die Mestizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: César Aira
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Nacht beim Spiel zugebracht und schauten jetzt für eine kleine Zwischenmahlzeit vorbei, bevor sie sich schlafen legten oder wieder zum Dienst antraten.
    Plötzlich tauchten zwei Reiter auf, die alle Blicke auf sich zogen: zwei Indianer, mit Sicherheit zwei Anführer, die auf kleinen grauen Stuten ritten, deren Grau so fahl war, damit es umso besser die Bemalung ihrer Herren zur Geltung brachte; und die waren von Kopf bis Fuß bemalt. Ohne abzusitzen, näherten sie sich einigen Badenden, mit denen sie sich eine Weile unterhielten, und lachten mit rauen Stimmen. Alle taten so, als würden sie sich nur die Zeit vertreiben, aber sie waren aufmerksam.
    «Wer sind sie?», fragte Erna einen Indianer, der neben ihr saß und zum Zeichen seiner Wohlerzogenheit den Fremden keinen einzigen Blick zugeworfen hatte.
    «Zwei Neffen von Caful; ich weiß nicht, wie sie heißen, auch wenn ich wetten würde, dass ihre Eltern, die dem Schwager Honig ums Maul schmieren, ihnen irgendeinen lächerlichen Namen wie Baúl oder Raúl oder etwas in der Art gegeben haben», und er lachte aus vollem Halse.
    «Kommen die etwa aus dem Fort?»
    «Die haben wahrscheinlich die Nacht durchgezockt und kommen jetzt zum Schlafen zu den Zelten des Onkels zurück.»
    Cafuls Siedlung lag einige Meilen entfernt. Die Politik der guten Nachbarschaft war eigenartig und kompliziert, und der schlaue Kazike stellte die Regeln auf, wodurch sie mit jedem Tag nur verzwickter wurde. Wer weiß, welch merkwürdigem doppelbödigen diplomatischen Schachzug der Besuch der beiden Prinzen gehorchte. Sie waren wirklich ein prachtvoller Anblick, dachte Erna, klein und schön, der Körper über und über mit Bemalungen bedeckt, das schwarze Haar lang und geölt. Am Sattel befestigt, trugen sie moderne Gewehre bei sich.
    Eine ganze Weile später machte sie sich auf den Heimweg ins Dorf, ganz allein. Sie hatte den Jungen bei ein paar Indianermädchen gelassen, die den ganzen Tag lang Gefangene spielten. Den Proviant trug sie in einer Tasche: Eier, Pilze, Milch und eine Dose Tee.
    In der Hütte war alles noch so, wie sie es verlassen hatte, waren die Blenden zugezogen und der Wandschirm aufgestellt. Sie ging lautlos hinein. Gombo schlief, und sie weckte ihn nicht. Aber jetzt hatte er einen leichteren Schlaf, war bereit fürs Wachsein, so dass sie sich daranmachte, ihm ein spätes Frühstück zu bereiten. Sie knetete Brot mit Pilzen und scharfen Gewürzen und nahm Fische aus, um sie, aufgeklappt und mit Cognac getränkt, zu braten. Als alles fertig war, setzte sie sich neben den Kopf des Schläfers, der sich kurz vor dem Aufwachen regte. Er war ein Gaucho von etwa fünfunddreißig Jahren, hatte für sein Alter sehr tiefe Falten, langes Haar und einen bereits ergrauten Vollbart. Er träumte etwas.
    Gemächlich rollte Erna eine große Zigarre, aus einem Blatt, das sie mehrfach zusammen- und wieder auseinander rollte, und einer Kräutermischung, die sie einer kleinen Kiste entnahm. Sie nahm die Zigarre in den Mund, zündete sie an und blies ein paar Mal den Rauch aus, bis sie und der Schläfer in eine kleine Wolke gehüllt waren; der Geruch weckte ihn schließlich, er schlug die Augen auf und sah sie ausdruckslos an. Erna nahm seinen Kopf mit einer Hand und zog ihn etwas höher, indem sie ihn gegen den Schenkel lehnte. Sie steckte ihm die Zigarre in den Mund und nahm sie einen Augenblick später wieder weg, ohne zu warten, dass er einen Zug nahm; sie wiederholte den Vorgang ein ums andere Mal, während allmählich wieder Leben in ihn kam, bis es die Atmung mit der riesigen Krauttüte aufnehmen konnte. Schließlich begannen die dichten und stechenden Rauchwolken, die so groß wie die der Atmosphäre waren, in seine Lungen einzudringen und sich über das Blut Richtung Gehirn zu verflüchtigen.
    Der Zustand seiner Augen sprach Bände über die Ausschweifungen der allzu wild durchzechten Nacht.
    «Bist du wach?», fragte sie ihn.
    Er sagte ein unverständliches Wort und hustete. Sie führte eine Tasse Milch an seine Lippen und gab ihm zu trinken. Er litt an Appetitlosigkeit, und mit aller Wahrscheinlichkeit würde er in den zwei Tagen, die er in der Kaserne Wache schieben würde, nichts weiter zu sich nehmen. Im Allgemeinen hielten sich die Soldaten mit Zigarrenrauchen und Trinken auf den Beinen. An den Bauch der Ehefrau gelehnt, spürte er plötzlich eine glucksende Bewegung und schreckte hoch.
    «Wie spät ist es?», fragte er.
    «Es ist noch Zeit», antwortete sie. Sie legte die Fische

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