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Die Mestizin

Die Mestizin

Titel: Die Mestizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: César Aira
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hatte und betrunkener war als gewöhnlich, bestand darauf, dass sie auf seinem violetten Stein ein Lagerfeuer machten, und forderte Duval auf, sich zu setzen und mit ihm zu Abend zu essen. Sie lehnten sich an den leicht zusammengerollten Schwanz jener krokodilsähnlichen Form, und die bläuliche Aura des Wassers oder das Wohlbefinden ließen sie etwas weibische Haltungen einnehmen. Die Helfer zogen ein Netz voller Flaschen aus dem Bach, die sie zum Kühlen an einer eiskalten Stelle ins Stauwasser gehängt hatten. Dann brachten sie die Beutetiere, von denen der Leutnant nichts aß. Das Gespräch war recht zusammenhanglos, und düster der mit kleinen spiegelverkehrten Flammen bemalte Blick.
    Sie aßen früh und schnell zu Abend. Sobald die ersten wirklich undurchdringlichen Schatten heraufkrochen, begannen die Wachtposten Stellung zu beziehen, fünfmal so viele wie sonst, denn die Gefahr war hier größer, beängstigend groß, da sie eingeschlossen waren, die Baumvorhänge still, aber voller Gewisper, das sie auch schluckten. Wenn man es recht bedachte, war es der ideale Ort für einen Hinterhalt. Die Indianer würden aus dem Dickicht heraustreten, mit phosphoreszierenden Backenknochen und schwarz angemalten Zähnen. Die Soldaten huschten unbemerkt unter den Sternen davon, um ihre Stellungen einzunehmen. Der Lärm, den die Frösche veranstalteten, wurde plötzlich unerträglich laut. Eine Kröte unterbrach sie manchmal mit einem geisterhaften Lachen, aber dann sangen die Fröschlein weiter. Leutnant Lavalles Laune schlug ins Groteske um, er machte sich über sie lustig und scherzte, bevor er sich seine Gutenachtzigarette anzündete. Er fing an zu schreien, man solle «die Braut vom Ingenieur» herbringen. Die Soldaten, die sich unter dem Steinsaurier betranken, liefen sie holen, wahrscheinlich würden sie sie der Umarmung irgendeines Gefreiten entreißen müssen.
    Letztlich war es eine gute Entschuldigung, um die Gesellschaft des unverschämten Betrunkenen zu fliehen; Duval brachte sie so weit weg wie möglich, ohne den Ring der Wachtposten zu verlassen.
    Die Nacht war vollkommen. Alle unbekannten Sternbilder leuchteten und zogen über das riesige Himmelszelt, und als der Mond aufging, überzog sich die Welt mit diesem dunklen Weiß, das manche aufweckt und die allermeisten einschläfert. Die Frösche verstummten, anschließend machten die Grillen und Schmetterlinge Musik, und schließlich verstummten auch sie; danach vernahm man nur noch das Pfeifen der Sumpfeulen, obwohl alles in Stille getaucht war. Schlafen und Wachen.
    Er erwachte mit dem Licht des Morgengrauens, als der Mond bereits untergegangen war. Die junge Frau stillte das Kind. Es war so früh, dass kein einziger Vogel sang.
    Nicht einmal die Sterne verschwanden, waren zu Wirbeln erstarrt. Sie hatte die Lider gesenkt, die Arme waren rosig. Der Franzose sah sie unverwandt an. Das Kind patschte mit der Hand auf die Brust der Mutter und schlief schließlich ein. Sie legte es auf eine gefaltete Decke und streckte sich wieder auf dem Lager aus. Sie sah nicht auf. Aber einen Augenblick kreuzten sich ihre Blicke. Angesichts ihrer Unerschütterlichkeit fühlte Duval sich voller Ausdruckskraft, fast wie die Pferde.
    Heute war der Weckruf um eine Stunde verschoben worden, so dass sie weiterschlafen oder nachdenken konnten. Die weibliche Neutralität, so sagte sich Duval, ist eine Folge ihrer Hingabe; der Mann hingegen ist expressiv, weil er sich niemals irgendjemandem zur Verfügung stellt. Wie die Indianer wohl sein würden? Vielleicht könnten sie ihm diesbezüglich etwas beibringen…
    Sie legten einen ganzen Ruhetag ein, den sie auf den Anhöhen am Bach oder im Wasser verbrachten. Sie wuschen die Kleider und die Pferde. Mittags war das Gras mit weißen, zum Trocknen ausgelegten Hemden bedeckt, und die Pferde glänzten rosa und grau, das Fell struppig vor lauter Sauberkeit.
    Frühstück und Mittagessen gingen fast ineinander über, da Ersteres so üppig ausfiel und sich so lange hinzog; sie vertrieben sich die Zeit mit Fischfang und der Suche nach Nestern. Das Bachwasser kühlte die Getränke. Während der Siesta fielen sie neben den Frauen in einen tiefen Schlaf, und als sie irgendwann in den Nachmittagsstunden erwachten, gab der Leutnant den Befehl zum Aufbruch, denn er wollte nicht noch einmal an einem so gefährlichen Ort übernachten. Er ritt neben Duval, der ihn mit kindlicher Neugierde über den Zielort ausfragte. Lavalle gab sich weniger zynisch als

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