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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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wo er den Verkehr regelte und ihnen zugeblinzelt oder zugelächelt
hatte, oder irgendwo an eine Mauer gelehnt, im Gespräch mit ein oder zwei
Freunden. Jetzt lag der Wachtmeister auf dem Boden, und sie verstanden nicht,
warum.
    Die Mórrígan aber war noch
nicht am Ende, mochte auch der Stein verloren sein. Noch gab es Olc-Glas und
sein Gift, und wenigstens das wollte sie haben, wenn schon sonst nichts. Sie
würde Pidge und Brigit bis ans Ende der Welt folgen, um es zu bekommen.
    Wieder rief sie ein Wort über
den See, um ihn gefrieren zu lassen; aber die große, unsichtbare Hand des Dagda
hob es hoch und schleuderte es in den Himmel, wo es in der Sonnenhitze
verzischte. Sie hatte ihre Hand gegen die Kinder erhoben. Nun konnte der Dagda
seine Hand gegen sie erheben. Schlag um Schlag.
    Da erhob sich das Wasser des
Sees murrend gegen sie. In wütenden Wellen lief es zum Strand und bildete
kleine Wirbel, die leise der Erde zuflüsterten.
    «Hört zu», sagte es. «Wie
lauteten die Worte des alten Weisen? Wie sprach er? Das Fleisch des Menschen
gehört der Erde, sein Blut dem Meer, sein Gesicht der Sonne, seine Gedanken den
Wolken, sein Atem dem Wind, seine Knochen den Steinen, seine Seele dem Geist.
Sprach er nicht so?»
    «Ja», stimmte die Erde zu.
    «Ist er nicht mein Kind, dein
Kind, das Kind des Windes und des Feuers? Wird er nicht aus uns geboren, von
uns genährt, wie alles Lebendige auf diesem lichten Erdenball? Er ist von allen
unser lichtestes Kind. Gib mir deine Kraft — in der Hoffnung, daß er eines
Tages unserer gedenkt und uns wirklich liebt, wie er es einstmals tat. Ich habe
dich getränkt und erfrischt, wenn du verdorrt warst, gib du mir nun von der
Kraft, die die Bäume wachsen läßt, gib mir von der Kraft, die die Bäume stark
macht.»
    Und die Erde sandte eine
Botschaft ins feurige Herz der Welt, die lautete:
    «O Feuer! Gib uns von der
Kraft, die Felsen sprengt und Berge bersten läßt, auf daß wir uns gegen sie
erheben mögen.»
    Und das Feuer und die Erde gaben
ihm ihre Kraft Das Wasser erhob sich zu einer glänzenden Wand und stand vor ihr
wie ein Berg aus Licht Es stand zwischen der Mórrígan und dem kleinen Boot,
undurchdringlich für sie, denn seine Klarheit und Reinheit hätten ihr großen
Schmerz bereitet.
    Pidge und Brigit betrachteten
staunend den glänzenden Wall. Sie hatten die Frau in ihrer Abscheulichkeit
gesehen; aber weibliche Häßlichkeit berührte Pidge noch nicht, weil er noch
kein Mann war. Jetzt war alles still. Die Wellenringe an der Stelle, an der der
Stein ins Wasser gefallen war, hatten sich geglättet, und alles war ruhig. Das
einzige Geräusch war das leise Klatschen kleiner Wellen gegen die Flanken des
Bootes.
    «Sie hat ihn nicht bekommen»,
sagte Brigit schließlich.
    «Nein. Aber wir haben’s auch nicht
geschafft», antwortete Pidge erschöpft.
    Trotz aller Hilfe und trotz
allem, was wir durchgestanden haben, ist der Stein verloren. Und Olc-Glas lebt
irgendwo, dabei hätten wir ihn doch vernichten sollen. Es war alles umsonst,
dachte er traurig.
    Er blickte kummervoll auf das
Wasser.
    Er sah im Geiste noch einmal
alle ihre Abenteuer vor sich, und wieder gelangte er zu der Einsicht, daß sie
gescheitert waren.
    Brigit stieß stumme
Verwünschungen aus.
    Dann wurde ihre Aufmerksamkeit
von einem kleinen Punkt angezogen, der an der Oberfläche des Wassers erschien
und um den sich kleine Wellenringe bildeten. Etwas Stumpfes tauchte aus dem
Wasser, und dann war es ein kleines Gesicht, und eine vertraute Stimme sagte:
    «Wer hat mir das auf’n Schädel
plumpsen lassen? Ich möcht’ doch schön bitten!»
    Der Frosch, Puddeneen Whelan,
kam auf das Boot zugeschwommen, den Kieselstein an die Brust gepreßt.
    Da keimten auf einmal wieder
Hoffnung und Freude auf.
    «O Puddeneen, du bist es!» rief
Brigit.
    «Ja, ich. Aber jetzt erzähl’
mir bloß nichts von irgend ‘ner Hochzeit, und ‘ner Braut ganz in weißer
Spitze!»
    «Ich dachte, der See hätte hier
gar keinen Grund!» rief Pidge abwesend und schaute in das tiefe,
durchscheinende Wasser hinab.
    «Keinen Grund? Ach du liebe Zeit»,
sagte Puddeneen verächtlich. «Wenn’s keinen Grund hätt’, das Wasser, dann tät’s
ja auf der andern Seite der Welt rausfallen!»
    Pidge streckte den Arm aus und
nahm den Kieselstein.
    «Übrigens, ich sing keine
Liebeslieder mehr», sagte Puddeneen. «Hört ihr’s?»
    Und er schwamm schweigend
davon.
    Ein kleiner Hügel im Wasser,
bewegte er sich dahin. Als er sich einmal zur

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